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Skandal im Friseurhandwerk: Mängel und Verstöße aufgedeckt

Großrazzia im Friseurhandwerk: Über 90% der Betriebe mit Mängeln erwischt, mehrere Strafverfahren und Schließungen. Dringender Reformbedarf erkannt.

Strähnchen beim Frisör
(Foto: shutterstock)

Im Schulterschluss gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung haben das Arbeitsministerium, das Wirtschaftsministerium und die Generalzolldirektion in NRW landesweite Aktionstage im Friseurhandwerk durchgeführt. Knapp 1000 Einsatzkräfte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls, der Arbeitsschutzverwaltung, der Kommunen sowie anderer Behörden wie Polizei Ausländerbehörden und Gesundheitsbehörden waren fünf Tage lang im Einsatz. Insgesamt wurden 414 Betriebe mit über 880 Beschäftigten überprüft.
 
Die Arbeitsschutzverwaltung prüfte insbesondere, ob in den Betrieben die Bestimmungen des Arbeitsschutzes umgesetzt werden. Hierzu gehören unter anderem die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sowie die Durchführung der arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge. Außerdem wurden der Reinigungszustand des Betriebes und die Sicherheit der Arbeitsmittel überprüft. Darüber hinaus wurde auch kontrolliert, ob die Arbeitszeiten eingehalten wurden.

Mängel, Mängel, Mängel

In über 90 Prozent der überprüften Betriebe wurden Verbesserungspotenziale entdeckt. Dies betraf sowohl Betriebe mit Meisterbrief als auch solche ohne. Viele der kontrollierten Betriebe konnten noch keine umfassende Gefährdungsbeurteilung vorweisen. Häufig fehlten die Kennzeichnung von Flucht- und Rettungswegen, die regelmäßige elektrische Überprüfung von Geräten wie Haartrocknern, die Aktualisierung von Feuerlöschern und die korrekte Lagerung von Gefahrstoffen. In einem speziellen Fall haben die Aufsichtsbeamtinnen und -beamten der Arbeitsschutzverwaltung empfohlen, einen Lagerraum aufgrund von Schimmelbefall vorübergehend nicht zu betreten.
 
„Es darf nicht sein, dass in so vielen Betrieben Mängel herrschen. Alle Beschäftigten haben gute Arbeitsbedingungen verdient. Mit den gemeinsamen Kontrollen möchten wir Betriebe, die gesetzeskonform handeln und für gute Arbeit stehen, schützen und uns für eine gerechte, transparente und gesunde Arbeitswelt einsetzen. Die erschreckenden Ergebnisse der gemeinsamen Kontrollen zeigen, dass es wichtig und richtig ist, dass wir bei den Aktionstagen jährlich gemeinsam und ganzheitlich Branchen unter die Lupe nehmen“, so NRWs Arbeitsminister Karl Josef Laumann.

Sogar Strafverfahren eingeleitet

Die Bediensteten der FKS prüften unter anderem, ob Arbeitgeber ihre Beschäftigten ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet haben, Sozialleistungen zu Unrecht bezogen werden oder wurden, Ausländer die für die Aufnahme einer Beschäftigung erforderlichen Arbeitsgenehmigungen beziehungsweise Aufenthaltstitel besitzen und auch, ob die Mindestarbeitsbedingungen eingehalten werden.
In insgesamt 18 Fällen wurden dabei Strafverfahren eingeleitet, unter anderem wegen des Verdachts der Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen oder des illegalen Aufenthalts bzw. der Beihilfe hierzu. Zudem erfolgte in insgesamt 26 Fällen die Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren. Letztere wurden dabei unter anderem wegen des Verdachts der unerlaubten Ausländerbeschäftigung sowie Melde- und Aufzeichnungspflichtverstößen eingeleitet.
 
Neben den bereits eingeleiteten Ermittlungsverfahren ergaben sich während der Prüfungen insgesamt 301 Sachverhalte, die weitere Prüfungen durch die FKS erfordern. So bedarf es in 112 Fällen genaueren Prüfung, ob der gesetzliche Mindestlohn gezahlt wurde und in 60 Fällen, ob Unternehmen die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge korrekt abgeführt haben. Darüber hinaus befinden sich 81 Fälle hinsichtlich eines möglichen Sozialleistungsmissbrauchs und fünf Fälle mit mutmaßlichen aufenthaltsrechtlichen Verstößen in Klärung. Zudem wurden weitere 43 Fälle mit Anhaltspunkten für weitere Rechtsverstöße, wie etwa Zuwiderhandlungen gegen sozialversicherungsrechtliche Meldevorschriften oder Ausweismitführungspflichten, festgestellt.

Auch Betriebsschließungen

Für die Ausübung des Friseurhandwerks bedarf es eines Meistertitels oder einen angestellten Betriebsleiter, der dem Betrieb im gleichen Umfang zur Verfügung steht, wie ein Handwerksmeister als Inhaber seines Betriebes. In mehr als 50 weiteren Fällen besteht aufgrund der durchgeführten Kontrollen der Verdacht auf eine Scheinselbstständigkeit der Betriebsleitung. Diese werden einer Nachkontrolle unterzogen.
In vier besonders schweren Fällen wurde die sofortige Betriebsschließung angeordnet, in einem weiteren Betrieb erfolgte eine Türversiegelung.
 
 

Fazit

Die landesweiten Aktionstage im Friseurhandwerk in NRW heben mehrere kritische Themen hervor, die in der Branche weit verbreitet sind. Die hohe Anzahl an Betrieben mit festgestellten Mängeln – über 90 Prozent – zeigt deutlich, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt, um die Arbeitsbedingungen in dieser Branche zu verbessern. Besonders alarmierend ist, dass viele grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften missachtet werden.

Es ist positiv zu bewerten, dass die Behörden ein umfassendes Kontrollnetzwerk geschaffen haben, um Schwarzarbeit und illegale Beschäftigungspraktiken zu bekämpfen. Diese Maßnahmen schützen nicht nur Arbeitnehmer, sondern fördern auch fairen Wettbewerb unter den Betrieben. Dennoch werfen die Ergebnisse der Aktionstage Fragen hinsichtlich der Nachhaltigkeit und Effektivität der bisherigen Kontrollen auf. Die zahlreichen Mängel und Rechtsverstöße deuten darauf hin, dass regelmäßige und intensivere Kontrollen notwendig sind, um präventiv zu wirken und langfristige Verbesserungen zu erzielen.

Zukünftige Maßnahmen sollten nicht nur weiterhin die Mängel und Verstöße identifizieren, sondern auch verstärkt auf die Unterstützung und Schulung der Betriebe abzielen, um nachhaltige Lösungen zu etablieren.

 

bwk

 

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