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Personal > Interview

Start-up-Strategie: „Kultur vor Kompetenzen“

Flache Hierarchien, hippe Leute, hohe Kreativität: Start-ups gelten als agil und dynamisch. Ob an diesen Klischees etwas dran ist und was sich Mittelständler abgucken können, erläutert Thomas Fischer, Gründer und Geschäftsführer der Allfoye Managementberatung.

Wie hierarchiegetrieben ist der deutsche Mittelstand?

Hierarchie und Struktur spielen auch bei kleinen und mittleren Unternehmen eine große Rolle. Im produzierenden Mittelstand gibt es typischerweise einen oder mehrere Geschäftsführer, darunter Prokuristen und Bereichsleiter, darunter Abteilungsleiter, unter denen wiederum Teamleiter und zu guter Letzt oft auch noch Schichtleiter. 

Behindern so viele Hierarchieebenen das Unternehmen?

Nein, grundsätzlich stellt das kein Problem dar. Problematisch wird es, wenn Hierarchie zu Silodenken führt und die übergreifende Zusammenarbeit behindert. Ziel muss es sein, dass alle Mitarbeiter produktiv miteinander agieren können. Hinderlich werden zu viele Führungsebenen, wenn sie neue Entwicklungen in Unternehmen verlangsamen und Prozessorientierung verhindern. Dann muss gegengesteuert werden.

 

Ein Erfolgsrezept von Start-ups sollen ihre flacheren Strukturen sein. Stimmt das?

Wenn ich an die Start-ups denke, in die ich bislang Einblick hatte, kann ich dem nicht zustimmen. Zum einen ist die Hierarchielosigkeit oft keine bewusste Managemententscheidung, sondern einfach der Unternehmensgröße geschuldet. Bei zehn Mitarbeitern braucht es keine drei Führungsebenen. Zum anderen geht es bei etwas größeren Start-ups häufig generalstabsmäßig zu.

In welcher Hinsicht sind Start-ups denn moderner?

Sie verstehen etwas von Kundenfokus und Sinnvermittlung. Die Gründer sind in der Lage, ihre Vision vom Unternehmen und ihre Geschäftsidee mit den Mitarbeitern zu teilen und sie für sich zu gewinnen. Sie stellen Menschen ein, die unterschiedliche Stärken mitbringen, und denken nicht in eindimensionalen Stellenbeschreibungen. Start-ups sind kompromisslos: Der Kultur-Fit steht über dem Qualitäts-Fit. Zugleich beherrschen sie die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und denken vor allem vom Kunden aus, auch wenn sie auf der ersten Ebene oft funktional organisiert sind.

Inwiefern zwingt der Generationenwechsel nun auch Mittelständler zu einem Umdenken ihrer Unternehmenskultur?

Wir leben in Zeiten des Fachkräftemangels. Junge Menschen können sich ihren Job aussuchen, viel mehr als noch die Generation vor ihnen. Sie haben andere Bedürfnislagen – zum Beispiel wollen sie Arbeit und Familie stärker miteinander vereinen können, da sich die Rollenkonzepte geändert haben. Eine Führungskraft sollte daher die Rolle eines Coaches einnehmen und sich der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter widmen.

Was können Mittelständler tun, um moderner organisiert zu sein, ohne gleich die Hierarchieebenen aufzubrechen?

Wir empfehlen, eine Art „zweites Betriebssystem“ einzubauen: Initiativen oder Projekte werden in die Organisation gegeben, auf die sich Freiwillige aus unterschiedlichsten Abteilungen melden können. Es besteht zwar ein Regelwerk mit Rahmenbedingungen, die Gruppe arbeitet aber eigenständig und losgelöst. So brechen Unternehmer festgefahrene Führungsgrenzen auf und können dabei ihre Grundstrukturen beibehalten.

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