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Personal > Unternehmensnachfolge

Tipps für die Nachfolgegeneration in Familienunternehmen

Auch bei Unternehmern mit Kindern ist die Nachfolge nicht immer klar. Der Nachwuchs hat mitunter andere Pläne als den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Wie lässt sich in Familienunternehmen die Nachfolgegeneration für eine aktive Übernahme motivieren? Eine Handreichung.

Bei zahlreichen inhabergeführten Mittelständlern steht in nächster Zeit ein Generationswechsel an. Was zunächst wie eine einfache Weitergabe der Unternehmensführung an die Kinder aussieht, kann für beide Seiten – die übergebende wie auch die übernehmende Generation – zu einer schwierigen und psychologisch belastenden Situation werden. Eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltig erfolgreiche Übergabe ist, dass die Nachfolgegeneration die Herausforderung mit viel Dynamik, Eigeninitiative und der damit verbundenen psychologischen Reife annimmt und angeht. Viele Firmeninhaber wissen aber nicht, woran sie diese psychologische Reife erkennen können und wie es ihnen gelingt, die Nachfolgegeneration besser zu aktivieren und zu motivieren.

Ein zentraler Indikator für die psychologische Reife ist der Grad der Identifikation mit der Herausforderung des Neuen. Das heißt: Wie bereit sind die Nachfolger, sich den notwendigen Veränderungen und der neuen Herausforderung zu stellen und dabei stets kontrolliert zu handeln? Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Jungen in der Lage sind, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen, die sie für die Bewältigung der Herausforderungen benötigen, selbst richtig einzuschätzen. Denn allein das Fachwissen und die Fachkompetenzen für die Führung eines Unternehmens zu haben reicht nicht aus. Auch die psychologischen Eignungen müssen im selben Maße ausgeprägt und trainiert sein. Letztendlich ist erfolgreiches Wirtschaften zu 90 Prozent Psychologie.

 

Dabei ist es besonders hilfreich, die Einstellung und Motivation der jungen Generation in einem offenen Gespräch zu diskutieren. Bei einer psychologischen Reife ist der Nachfolger in der Lage, aus der notwendigen Distanz zwischen Leistungsanforderungen und Herausforderungen sowie seiner mentalen und fachlichen Kompetenz zu differenzieren und abzuwägen. Fällt dies schwer, bedarf es eines intensiven Coachings. Dieses Coaching sollte sich vor allem auf Verhaltens- und Einstellungsinhalte konzentrieren. Gerade der Umgang mit sozialen Konstrukten bei unterschiedlichen Generationen fällt vielen jungen Führungskräften schwer.

Eigeninitiative und Engagement

Damit der Nachfolger den Unternehmensanforderungen von Anfang an gerecht wird, sollten bei der Vorbereitung der Übergabe einige praktische Tipps beachtet werden:

 

  • Motivation bedeutet für die heutige Nachfolgegeneration vor allem die Selbstverwirklichung und Umsetzung ihrer eigenen Werte. Es ist daher sinnvoll, einen regelmäßigen Wertedialog zu führen und für Wertetransparenz zu sorgen.
  • Eigeninitiative entsteht vor allem dann, wenn die Aufgaben und Herausforderungen zu den eigenen Denkstrukturen (analytisch, kreativ, planerisch oder zukunftsorientiert) passen. Eine Analyse der Denk- und Entscheidungsmuster gemeinsam mit dem Nachfolger ist daher hilfreich.
  • Veränderungswünsche auch in die Tat umzusetzen ist ein wesentlicher Faktor für die Motivation der Nachfolgegeneration. Die Gleichung lautet: f(x) = Wollen × Können × Müssen. In der Übergabephase sollten das „Wollen“ betont und die anderen zwei Variablen eher vernachlässigt werden.
  • Die zielbezogene Aufmerksamkeit ist für Engagement und Durchhaltevermögen ein zentraler Treiber. Es sollten daher konkrete und ehrliche Ziele vereinbart und dafür gesorgt werden, dass die Ziele beim Nachfolger einen persönlichen Sinn erzeugen.

Zum Weiterhören

 

In seinem Podcast „Verhalten gestalten“ spricht Winfried Neun über wirtschaftspsychologische und verhaltensökonomische Themen. Das Spektrum reicht von der „Psychologie der Veränderung“ über „Karriereblockaden im Gehirn“ bis hin zu „Übergabe in Familienunternehmen“. Alle Podcasts finden sich auf www.verhaltengestalten.de.

Souveränität statt Kontrolle

Für den Aufbau von Begeisterung und die Stärkung der Eigeninitiative ist das sogenannte proaktive Coping wichtig. Dieser Begriff aus der Psychologie beschreibt die Fähigkeit, sich situationsabhängig in eine Stimmungslage zu versetzen, die notwendige Ressourcen zum Handeln freisetzt. Auf die Nachfolgesituation übertragen heißt das: Der bisherige Firmeninhaber kann den Prozess der Regulation gezielt unterstützen, indem er gelassen und souverän mit dem Nachfolger umgeht und jede Form der Bevormundung, Kontrolle, Unterstellung oder der überzogenen Einmischung vermeidet.

Ein letzter wesentlicher Aspekt für die psychologische Reife der Nachfolgegeneration ist die Fähigkeit zur Selbstregulation – sich also schnell beruhigen zu können oder auch zu motivieren. Veränderungsbereitschaft ist notwendig, damit die Nachfolgegeneration mit ihren eigenen Wertevorstellungen, wie zum Beispiel Work-Life-Balance oder New Work, Wege für sich und das Unternehmen finden und bestreiten kann. Diese fünf Ansätze können dafür hilfreich sein:

 

  • Gespräche mit dem Nachfolger sollten in einem angstfreien Raum geführt werden. Dabei sollte der bisherige Firmenchef mehr zuhören und weniger selbst reden.
  • Der bisherige Firmeninhaber sollte in Fachdiskussionen stets für den notwendigen Überblick sorgen und nicht mit seiner übergreifenden Erfahrung geizen.
  • Es ist wichtig, stets für eine ausgewogene Nähe und Distanz zum Nachfolger zu sorgen.
  • Berufliches und privates Leben müssen strikt voneinander getrennt werden, denn der Nachfolger wird auch immer ein Familienmitglied bleiben.
  • Gemeinsam definierte konkrete und realistische Ziele sorgen für eine hohe Identifikation mit dem Sinn der Tätigkeit.

Die Motivation der Nachfolgegeneration, die Übernahme des Unternehmens engagiert und dynamisch zu meistern, hängt entscheidend von der Persönlichkeitsstruktur ab. Ein offener, ehrlicher Dialog über Werte und Ziele (für das Unternehmen, aber auch persönlicher Natur) ist dabei unerlässlich – sowohl um die psychologische Reife des Nachfolgers einzuschätzen, als auch um einen geschmeidigen Transfer der Unternehmensführung auf die nachfolgende Generation zu gewährleisten.

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