Rekordtief bei Arbeitsunfällen: Wie Deutschlands Zeitarbeiter zur Spitze der Sicherheit wurden
Die Zahl der Arbeitsunfälle sinkt kontinuierlich. Doch für Unternehmer bleiben Prävention und rechtliche Verpflichtungen zentrale Herausforderungen. Lesen Sie auch unsere Tipps und Hinweise für mittelständische Unternehmen.

Die drei Säulen der Prävention von Arbeitsunfällen
Die drei Säulen der Prävention von Arbeitsunfällen
- Gefährdungsbeurteilung: Regelmäßige Evaluierung der Arbeitsumgebung und Prozesse, um potenzielle Gefährdungen zu identifizieren.
- Sicherheitsmaßnahmen: Implementierung von Sicherheitsprotokollen und Bereitstellung der notwendigen Schutzausrüstung.
- Schulung und Training: Regelmäßige Schulungen zu sicherheitsrelevanten Themen und korrektes Verhalten im Notfall.
Mit nur 21,1 gemeldeten Arbeitsunfällen je 1.000 Vollarbeiter erreichte die deutsche Wirtschaft 2022 einen historischen Tiefstand. Besonders bemerkenswert: Bei Zeitarbeitern halbierte sich die Unfallquote seit 2008 von 34 auf 17 Fälle je 1.000 Beschäftigte.
Diese Entwicklung zeigt die Erfolge systematischer Präventionsarbeit, die weit über das bloße Einhalten von Vorschriften hinausgehen. „Wenn Führungskräfte Maßnahmen entsprechend den DGUV Regeln ergreifen, können sie davon ausgehen, den Anforderungen der Unfallverhütungsvorschriften zu genügen“, betont Marcus Hussing von der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) gegenüber "topeins.de".
Im Zentrum steht die regelmäßige Gefährdungsbeurteilung als Fundament aller Präventionsmaßnahmen. Dabei analysieren Fachkräfte für Arbeitssicherheit systematisch sämtliche Arbeitsprozesse auf potenzielle Risiken. Besonders bemerkenswert ist dabei die Entwicklung hin zu einem ganzheitlichen Ansatz: Neben klassischen Gefährdungen durch Maschinen oder gefährliche Stoffe rücken zunehmend auch ergonomische Aspekte und psychische Belastungen in den Fokus.
Zeitarbeit als Vorreiter moderner Präventionskonzepte - Logistikbranche Vorreiter
Die Entwicklung in der Zeitarbeitsbranche verdient besondere Aufmerksamkeit. Der drastische Rückgang der Unfallzahlen ist mehr als eine statistische Größe - er markiert einen Paradigmenwechsel im Arbeitsschutz. Bemerkenswert ist dieser Erfolg vor allem deshalb, weil Zeitarbeiter traditionell als besonders gefährdet galten. Die häufig wechselnden Arbeitsumgebungen, unterschiedliche Sicherheitsstandards in den Einsatzbetrieben und oft kurze Einarbeitungszeiten stellten lange Zeit scheinbar unüberwindbare Hürden dar.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem durchdachten Mehrebenenkonzept: Zeitarbeitsunternehmen investieren massiv in Grundschulungen ihrer Mitarbeiter, während Einsatzbetriebe für die spezifische Sicherheitseinweisung vor Ort sorgen. Dieser doppelte Boden hat sich als außerordentlich effektiv erwiesen. Besonders in der Logistikbranche, die mittlerweile einen Schwerpunkt der Zeitarbeit bildet, zeigen sich die positiven Effekte dieser systematischen Herangehensweise.
Gefährliche Branchen
Die Unfallstatistiken offenbaren ein differenziertes Bild der Arbeitssicherheit in Deutschland:
Während das Baugewerbe mit 45,5 Unfällen je 1.000 Beschäftigte nach wie vor die höchsten Quoten aufweist, zeigt sich auch hier ein deutlicher Trend zur Verbesserung. Die besonderen Herausforderungen dieser Branche - von wechselnden Baustellen über Witterungseinflüsse bis hin zur komplexen Koordination verschiedener Gewerke - erfordern maßgeschneiderte Lösungen.
Besonders auffällig ist die geschlechtsspezifische Verteilung bei schweren Unfällen: 91,7% der tödlichen Arbeitsunfälle betreffen Männer. Diese drastische Ungleichverteilung erklärt sich hauptsächlich durch die nach wie vor starke Präsenz von Männern in gefährlichen Branchen wie dem Bergbau, wo mit 4 tödlichen Unfällen pro 100.000 Erwerbstätige die höchsten Risiken bestehen.
Digitalisierung fördert den Arbeitsschutz
Die digitale Transformation eröffnet völlig neue Perspektiven in der Unfallprävention. Virtual-Reality-Schulungen ermöglichen es beispielsweise, gefährliche Situationen ohne reales Risiko zu trainieren. Sensorbasierte Überwachungssysteme warnen frühzeitig vor Gefahren, während intelligente Algorithmen Unfallmuster erkennen und präventive Maßnahmen vorschlagen. Diese technologischen Innovationen tragen maßgeblich zur kontinuierlichen Verbesserung der Unfallstatistiken bei.
PP
Hinweis und Tipps
Die drei Säulen der Prävention von Arbeitsunfällen
- Gefährdungsbeurteilung: Regelmäßige Evaluierung der Arbeitsumgebung und Prozesse, um potenzielle Gefährdungen zu identifizieren. Die häufigsten Gefahren am Arbeitsplatz sind: Hitze, Feinstaub, Brände, Krankheit
- Sicherheitsmaßnahmen: Implementierung von Sicherheitsprotokollen und Bereitstellung der notwendigen Schutzausrüstung.
- Schulung und Training: Regelmäßige Schulungen zu sicherheitsrelevanten Themen und korrektes Verhalten im Notfall.
Rechtliche Vorgaben
- Meldepflicht: Arbeitsunfälle, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führen, müssen der zuständigen Berufsgenossenschaft oder Unfallversicherung gemeldet werden.
- Dokumentation: Führen eines Unfallberichts zur Dokumentation von Vorfällen und Maßnahmen, die nach dem Unfall ergriffen wurden.
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Erforderliche Experten in Unternehmen: Arbeitssicherheitsbeauftragter (Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern), Arbeitsschutzausschuss ( Ebenfalls bei mehr als 20 Angestellten) und Fachkraft für Arbeitssicherheit (alle Unternehmen müssen schriftlich mindestens eine Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) benennen) mehr.
Die wichtigsten Erste Hilfe und Notfallmaßnahmen
- Erste-Hilfe-Kasten: Sicherstellen, dass Erste-Hilfe-Ausrüstung leicht zugänglich ist und regelmäßig überprüft wird.
- Ausbildung von Ersthelfern: Ausreichend geschulte Ersthelfer im Unternehmen bereitstellen.
- Defibrillator: Obwohl Defibillatoren eine effektive Maßnahme der Wiederbelebung sind, gibt es bisher keine Vorschrift, die Unternehmen dazu verpflichtet, diese Geräte anzuschaffen. Dennoch kann es natürlich sinnvoll sein, einen AED (Automatisierter Externer Defibrillator) im Betrieb zu haben.
Arbeitsrechtliche und soziale Aspekte
- Versicherungsschutz: Stellen Sie sicher, dass alle Arbeitnehmer über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert sind.
- Rehabilitation und Wiedereingliederung: Unterstützen Sie Arbeitnehmer nach einer Krankheit bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz durch geeignete Rehabilitationsmaßnahmen.
- Unterstützung Betroffener: stellen Sie Beratung und Unterstützung für Mitarbeiter bereit, die unter den psychischen Folgen eines Arbeitsunfalls leiden.