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Management > Krimis enthüllen Stereotypen

Unternehmertum im Krimi: Firmenchefs als Täter und Opfer in ARD und ZDF

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hat sich beschwert: In den Krimis von ARD und ZDF seien die Unternehmer oft die Bösewichte. Das Bild der Wirtschaft sei verzerrt, dem Ansehen würde schadet. Wir haben das überprüft.

Firmenchef will man nicht sein. Zumindest nicht in Krimis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Chancen stehen zu hoch, ermordet zu werden oder selbst zu morden. Als Unternehmer ist man entweder gerade dabei, die eigene Firma an Spekulanten zu verkaufen, umstrittene Bauprojekte auf Nordseeinseln zu erzwingen oder Golfplätze zu planen, wo jetzt noch Biobauernhöfe stehen.

Zwei Wochen lang, vom 26. August bis zum 9. September 2024, habe ich die Krimis von ARD und ZDF geschaut und dabei vor allem auf die Rolle von Unternehmern geachtet. Und jetzt weiß ich, wenn ich ihnen begegnen sollte, ist höchste Vorsicht geboten. In den dreizehn Krimis, die einen klaren Bezug zu Unternehmern hatten, war der (Mit-)Täter in zwölf Fällen selbst Unternehmer.

Wirtschaft aufgebracht

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft kritisiert die zunehmende negative Darstellung von Managern in der beliebten ARD-Sonntagskrimireihe. Arbeitgeber-Präsident warnt: Unternehmer werden pauschal verurteilt, die Wertschätzung nimmt ab, teilweise schlägt es sogar in Ablehnung um. Gewinne werden moralisch hinterfragt.

Was für eine Quote!

Es stimmt also längst nicht mehr, dass der Mörder immer der Gärtner ist. Außer, der Gärtner ist zugleich Chef eines Gartenhauses, dann vermutlich schon.

Mord ist zwar die ultimative Skrupellosigkeit von Menschen mit Unternehmerhintergrund, aber das Sündenregister geht noch viel weiter. Sie verführen auf praktisch jeder Firmenfeier ihre Mitarbeiterinnen, was dann erstaunlich oft von irgendwem aufgenommen wird, der kurz darauf tot ist. Sie haben grundsätzlich toxische Familien, in denen man sich generationenübergreifend hasst und nur darauf wartet, bis geerbt werden kann – wobei die Kinder sehr häufig dabei nachhelfen, die Wartezeit zu verkürzen. Nicht zuletzt halten Unternehmer auch Gesetze für wichtig, nur nicht für sich selbst. Im Grunde sitzt ihnen nicht ein böses Teufelchen und ein gutes Engelchen auf den Schultern, die um Einfluss kämpfen, sondern ein böses Teufelchen und Donald Trump.

Und was treiben Unternehmer so in den Krimis von ARD und ZDF?

  • Am 27. August ermittelte die Soko Köln (ZDF) im Umfeld eines Familienunternehmens. Die Tochter wickelt es nach dem Tod ihres Vaters gerade ab. Gleichzeitig wurden ihre Hunde entführt. Lange ist ein Mitarbeiter der Firma im Verdacht, die Erbin so vom Verkauf abhalten zu wollen. Am Ende war es aber ihr Ex-Freund. Es stellt sich heraus, dass die Erbin eigentlich ganz nett ist. Die Firma lässt sie trotzdem abwickeln.
  • Am 28. August verschlägt es Wilsberg (ZDF) an die Nordsee. Ein Immobilien-Tycoon ist gestorben, der die Insel Norderney keinen „skrupellosen Investoren“ überlassen wollte. Er war demnach ein guter Mensch, obwohl er Unternehmer war. War das sein Todesurteil? Eindeutig, ja. Der Sohn hatte ihn getötet, bevor noch was mit dem Erbe sowie dem Verkauf an skrupellose Investoren schiefgeht. Auch seine Schwester steckt mit drin. Guter (toter) Unternehmer, böse Brut.
  • Am 29. August ging es dann bei Hubert ohne Staller (ARD) um eine korrupte Landtagsabgeordnete, die das Krankenhaus unbedingt privatisieren will. Hinter jeder korrupten Politikerin steckt immer auch ein skrupelloser Investor. So auch hier. Am Ende verhindern die Dorfpolizisten kurzerhand die Privatisierung, indem sie der Frau mit der Veröffentlichung rufschädigender Informationen drohen. Die Polizei, dein Freund und Erpresser. Wenn es gegen Privatisierungen geht, ist auch das möglich.
  • Am 31. August dann folgte mit Die Bestatterin (ARD) der vielleicht dramatischste „Unternehmerkrimi“. Die Felder mehrerer Bauern sollen weichen, um Platz für ein Golfareal zu schaffen. Doch ein letzter Bauer will nicht verkaufen. Praktisch, dass er daraufhin ermordet wird. Außerdem wird ein Mitglied des Gemeinderats mit einem Foto seines Sohnes erpresst, dem eine Pistole an den Kopf gehalten wird. Am Ende helfen aber alle bösen Taten nichts. Der Golfplatz wird verweigert und der unternehmerische Erzbösewicht stellt bei der Verhaftung fest: „Das wärʼ die Chance für euer Kaff geworden, das kann ich euch nur sagen.“

In den vergangenen Jahren waren Manager im ARD-Tatort am häufigsten die Mörder. Ich kann Ihnen versichern, dass es in der wahren Welt so nicht ist.

Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger

Sturz vom Glockenturm

Einen typischen Krimi-Unternehmer präsentierte auch die Soko Hamburg (ZDF) am 2. September. Mit Hosenträgern, schlechten Manieren und Spaß am Regelbruch. Der Krimi drehte sich um eine Pharmafirma, deren Chef gerade gestorben ist – nach dem Sturz aus einem Glockenturm. Sein Nachfolger verkauft noch während des Gesprächs mit der Polizei Aktien über sein Smartphone und stellt ohnehin fest: „Wenn Sie glauben, dass ich mir von Leuten der Besoldungsklasse A11 ans Bein pissen lasse, dann haben sie ganz schnell meine Anwälte auf dem Hals.“ Am Ende hatte er seinen Vorgänger zwar nicht ermordet, hatte aber großen Anteil daran.

Ja, soweit also ein Einblick in die öffentlich-rechtliche Vorstellung vom Unternehmertum im Lande.

Offenbar macht nichts Ermittler im gebührenfinanzierten Fernsehen so misstrauisch wie das Leiten einer Firma. Und kann man es ihnen verdenken, wenn sich in ihrer Drehbuchwelt regelmäßig der Unternehmer als Täter herauskristallisiert?

Aber immerhin gibt es für eine Art von Unternehmern gute Nachrichten, nämlich für die mit Migrationshintergrund. Wer Journalisten bedroht, Gammelfleisch verkauft und Krankenhäuser schließt, ist bei ARD und ZDF beinahe immer ein weißer Mann. Gut für alle Pharmaunternehmer, Investoren und Immobilienhändler mit etwas dunklerer Hautfarbe. Und mit diesem kleinen Happy End gehen meine zwei Krimiwochen zu Ende.

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