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Unternehmensnachfolge per Search-Fund-Modell: So geht's

Hinter Search Funds stehen Investoren, die Übernahmegründern den Einstieg in Unternehmen ermöglichen. Besonders Firmen aus wachstumsstarken Branchen und mit einer hohen Profitabilität können auf diese Weise einen Nachfolger finden.

150, 40, 3 – das sind die Eckzahlen einer Suche. Der junge Betriebswirt Alexander Kirn entschied sich 2008 dafür, eine Firma zu übernehmen und danach zu leiten. In den USA lernte der damals 29-Jährige an einer Businessschool in Harvard ein Übernahmemodell für die Unternehmensnachfolge kennen, das ihm vielversprechend erschien: Search Funds.

Dafür verbündet sich ein ambitionierter Entrepreneur mit Investoren, mit deren Geld er in eine Firma einsteigt oder sie idealerweise komplett übernimmt. „Das ist ein Mittelweg zwischen der Gründung eines eigenen Unternehmens und einer klassischen Karriere als angestellte Führungskraft“, erklärt Alexander Kirn. In Deutschland ist auch der Begriff Übernahmegründung geläufig. Der heute 36-Jährige ist nach eigener Aussage der erste, der das US-Konzept nach Deutschland brachte.

Zurück in seiner Heimat wollte Kirn in eine Softwareschmiede einsteigen und identifizierte dafür insgesamt 150 Unternehmen. Neben der Branche waren die weiteren Auswahlkriterien, dass die Firma zwischen 5 und 15 Millionen Euro im Jahr umsetzt und sehr profitabel ist. „Eine überdurchschnittliche Marge gibt eine gewisse Sicherheit, dass man nicht gleich Pleite geht, wenn Schwierigkeiten auftreten sollten“, meint Kirn. Durch das erste Raster fielen mehr als zwei Drittel der Unternehmen, die 40, die übrig blieben, kontaktierte der angehende Jungmanager.

Weil sich Kirn nicht auf Unternehmen fokussierte, die ein Nachfolgeproblem haben, kassierte er in den meisten Fällen Absagen. Nur drei Unternehmen blieben am Ende im Kröpfchen. „Die größte Herausforderung ist, dass die Kriterien die Suche nicht zu sehr einengen, aber gleichzeitig darf man auch nicht zu viele Kompromisse eingehen, wenn man seine Ansprüche absenkt.“ Das Technologieunternehmen Invers aus Netphen bei Siegen, war bereits 2012 Weltmarktführer und Exportweltmeister im Bereich Carsharing-Software und schaffte es unter die letzten drei.

30 Prozent Wachstum pro Jahr

Während der damalige Invers-Eigentümer, Uwe Latsch, bereit war, zu verkaufen, zerschlugen sich die Pläne für die Übernahme eines der anderen beiden Übernahmekandidaten. Bei einem Unternehmen gab es rechtliche Probleme. Bei dem anderen zogen die Inhaber ihre Verkaufszusage zurück. Bei Invers kam Kirn schließlich zum Zug. Sein damaliges Investitionsvehikel Atrion Partners (heute: Fleet Technology), das aus 13 Privatpersonen aus Deutschland, einer aus den USA und Alexander Kirn als Investoren bestand, erwarb 100 Prozent der Anteile an Invers. Zu Beginn erwarb Alexander Kirn 53 Prozent der Anteile, einige Jahre später übernahm von einem ausscheidenden Investor weitere Anteile, so dass er aktuell 60 Prozent kontrolliert.

In den vergangenen sieben Jahren entwickelte sich das Softwarehaus gut: 2012 beschäftigte es rund 40 Mitarbeiter, heute sind es 140 bei einem zweistelligen Millionenumsatz. Laut dem Bundesanzeiger betrug der Jahresüberschuss im Geschäftsjahr 2017 1,4 Millionen Euro. „Invers hat mit Carsharing-Software begonnen, heute bieten wir auch Lösungen für ausleihbare elektrische Tretroller und Scooter an“, sagt Geschäftsführer Kirn. Das Unternehmen wächst mit rund 30 Prozent im Jahr. Mit einem weltweiten Marktanteil von 40 Prozent ist Invers heute nach eigenen Angaben Weltmarktführer im Bereich Mobility Technologie.

Lange Suche nach dem richtigen Unternehmen

Zusätzlich zu Invers erwarb Kirn auch noch das Unternehmen Lap ID, das ebenfalls von Uwe Latsch gegründet wurde. Das Unternehmen hat eine App entwickelt, mit dem der Führerschein von Dienstwagen und Poolfahrzeugen elektronisch erfasst und überprüft werden kann. Damit stellt das Unternehmen als Fahrzeughalter automatisiert sicher, dass seine Compliancevorschriften eingehalten werden. Auch dieses Unternehmen ist auf einem guten Weg – jedes zweite Carsharing-Auto in Deutschland ist bereits mit der IT-Lösung ausgestattet.

Search Funds sind in den USA und Spanien deutlich weiter verbreitet, als hierzulande. In Deutschland gibt aktuell nur fünf dieser Vehikel, ein sechstes hat sich vor kurzem in Berlin formiert. Etwa eine Hand voll Unternehmen dürfte entsprechend Search Funds gehören. „In Deutschland sind Search Funds deshalb selten, weil es hier vergleichsweise wenige MBA Businessschools gibt. Diese Schulen vermitteln nicht nur das Knowhow, sondern man wird auch unterstützt Investoren zu finden“, erklärt Kirn.

In seinem Fall waren die Geldgeber auch hilfsbereit, als es darum ging eine Buchprüfung (Due Dilligence) bei Invers und Lap ID durchzuführen. „Von ihrer Erfahrung und ihrem Wissen habe ich sehr profitiert“, sagt Alexander Kirn. Nichtsdestotrotz ging die Suche nach einem Unternehmen alles andere als schnell. Auch dafür hat er eine Zahl parat: 2,5 Jahre.

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