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Personal > Unternehmensnachfolge

Wie ein neuer Geschäftsführer einen Mittelständler sanierte

Als die Inhaberfamilie des Automobilzulieferers Horst Hähl Kunststoffspritzguß und Werkzeugbau die Firma verkaufte, war der Betrieb pleite. Mit einem dreistufigen Sanierungskonzept brachte der neue Eigentümer den Mittelständler wieder auf Kurs.

Die Bilder von entlassenen Investmentbankern, die ihre Habseligkeiten in Umzugskartons aus ihrem New Yorker Büro tragen, gingen 2008 um die Welt, als die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers in Folge der Finanzkrise in die Insolvenz rutschte. Kein Jahr später traf die Krise auch den schwäbischen Automobilzulieferer Horst Hähl Kunststoffspritzguß und Werkzeugbau mit voller Wucht. Die Auftragseingänge gingen um 50 Prozent zurück, das Unternehmen war zahlungsunfähig. Doch anders als die Investmentbank überlebte der Mittelständler die Krise. Einen großen Anteil daran hat Jürgen Mangold. Der gelernte Maschinenbauingenieur und Unternehmensberater kaufte der Inhaberfamilie damals den Betrieb ab und übernahm die Unternehmensnachfolge.

„Ich habe damals auf ein dreistufiges Sanierungskonzept gesetzt“, sagt Mangold, der die Verhältnisse im Unternehmen, das einen Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro erwirtschaftet, durch eine frühere Beratungstätigkeit kannte. Zunächst tauschte er weite Teile der Führungskräfte aus, etwa den technischen Leiter. „Mit der alten Führungsmannschaft war kein Neuanfang möglich“, meint Mangold. „Zudem war es ein Signal an unsere Kunden, dass sich jetzt was bei uns ändert.“ Für Mangold war es dennoch kein leichter Schritt. Horst Hähl sitzt in Dußlingen bei Tübingen. Die Gemeinde hat nur etwa 5.000 Einwohner, hier kennt man sich untereinander. Die Umstrukturierung kam nicht bei allen gut an. „Natürlich gab es manchmal böse Blicke, wenn ich durch den Ort gegangen bin, aber da muss man dann durch“, erzählt Mangold.

Mehr feste Strukturen

Mit den neuen Mitarbeitern kamen auch neue Abteilungen. Der Geschäftsführer baute zum Beispiel ein strukturiertes Projektmanagement auf, um die eintreffenden Aufträge schneller und effizienter abwickeln zu können. „Bis dahin war das Unternehmen sehr hemdsärmelig organisiert, es gab kaum Absprachen.“ Dies zu ändern, war der zweite Schritt von Mangolds Sanierungskonzept. Das Controlling des Unternehmens wurde professionalisiert, um frühzeitig negative Entwicklungen zu erkennen. Arbeitsschritte, die bis dahin nur mündlich besprochen wurden, hält der Mittelständler mittlerweile schriftlich fest und überprüft dessen Ausführung.

 

Die dritte und vielleicht wichtigste Stufe des Konzepts war die Umstellung der Produktion. Bis 2009 machte das Unternehmen einen Großteil seines Umsatzes mit nur zwei Kunden. Um diese Abhängigkeit zu verringern, wechselte der Automobilzulieferer von Großserien auf Klein- und Mittelserien. Dadurch konnte der Mittelständler mehrere verschiedene Aufträge gleichzeitig annehmen. „Wir sind verstärkt in die Nischen gegangenen, die sich für größere Wettbewerber aufgrund der geringen Stückzahlen nicht lohnen.“

Die Strategie Mangolds ging auf. Das Unternehmen ist heute wieder profitabel und beschäftigt mit circa 100 Mitarbeitern fast doppelte so viele Menschen wie noch vor der Finanzkrise. Doch nicht alles lief nach Plan. Den Alltag eines mittelständischen Geschäftsführers stellte sich Mangold weniger arbeitsintensiv vor. „Es ist doch ein ganz anderes Gefühl, wenn man auf einmal Verantwortung für so viele Mitarbeiter trägt." Bereut hat er den Schritt dennoch nicht. „Die Gestaltungsmöglichkeiten eines Geschäftsführers sind enorm, ich genieße diese Freiheiten.“

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