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Personal > Urteil der Woche

Googeln von Bewerbern – bei konkretem Anlass erlaubt, wenn darüber informiert wird

Inwieweit Betriebe Bewerber im Rahmen einer Stellenbesetzung googeln dürfen, ist rechtlich umstritten. Das LAG Düsseldorf hat nun einem gegoogelten Bewerber Schadensersatz wegen Verletzung der Informationspflicht zugesprochen.

(Foto: Shutterstock, Thaspol Sangsee)

Der Fall

Eine Universität hatte eine befristete Stelle für einen Volljuristen ausgeschrieben. Einem Mitarbeiter der Universität kam der Name eines Bewerbers bekannt vor, weshalb er den Namen bei Google eingab. Und siehe da: Die Suche ergab tatsächlich, dass der Bewerber – nicht rechtskräftig – wegen versuchten Betrugs in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Ihm wurde dabei vor allem vorgeworfen, sich nur beworben zu haben, um Entschädigungszahlungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von den potenziellen Arbeitgebern einzufordern.

Die Universität berücksichtigte diese Information im Auswahlverfahren und entschied sich im Anschluss an die Vorstellungsgespräche für eine andere Bewerberin.

Der gegoogelte und unterlegene Bewerber verlangte mit Hinweis auf eine mögliche Diskriminierung im Bewerbungsverfahren Akteneinsicht. Dadurch erfuhr er, dass die Universität Informationen aus der Google-Suche berücksichtigt hatte. Dies hielt er für unrechtmäßig und forderte Schadenersatz.
 

 

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschied: Die Verarbeitung der Daten aus der Google-Suche war auch ohne die Zustimmung des Bewerbers rechtmäßig. Sowohl die Verarbeitung der Daten als auch die Google-Suche selbst hielten die Richter für notwendig, um die Eignung des Bewerbers für die Position zu prüfen. Dies insbesondere auch deshalb, weil dem Sachbearbeiter der Name des Bewerbers im Zusammenhang mit AGG-Klagen bekannt vorkam und die Stellenbeschreibung die Betreuung der AGG-Beschwerdestelle umfasste.

Ob auch ein anlassloses Googeln zulässig ist, ließ das LAG offen.

Das Gericht stellte allerdings auch fest, dass der Arbeitgeber den Kandidaten über die Google-Recherche und die damit zusammenhängende Datenverarbeitung hätte informieren müssen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sieht bei einer Google-Recherche eine Information des Bewerbers vor, die so präzise und spezifisch gefasst sein müsse, dass die betroffene Person die Risiken abschätzen kann, die mit der Verarbeitung der erhobenen Daten verbunden sein können.

Da diese Information unterblieben war, sprach das Gericht dem abgelehnten Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 1.000 Euro zu.
 

 

Das sagt der Experte

„Die Datenschutzbehörden gehen grundsätzlich davon aus, dass die herkömmlichen Methoden im Bewerbungsverfahren, zum Beispiel Bewerbungsgespräche, Assessment-Center, Qualifikationen oder Arbeitszeugnisse ausreichen, um einen guten Eindruck von dem Bewerber zu erhalten“, sagt Datenschutzjurist Philip Uecker von der Kanzlei McDermott Will & Emery.

„Das LAG Düsseldorf stellt in seinem Urteil nun fest, dass auch eine Online-Recherche ein normaler Teil des Bewerbungsverfahrens sein kann.“ Ein Freifahrtschein für jede Art der Online-Datenbeschaffung im Bewerbungsprozess sei dies jedoch keinesfalls. „Entscheidend ist, dass die Recherche erforderlich ist, es also wie im aktuellen Fall einen konkreten Anlass dafür gibt“, so Uecker, „und dass die Daten nur in dem für den jeweiligen Auswahlprozess notwendigen Umfang verarbeitet werden.“

Wichtig sei auch eine Unterscheidung zwischen beruflichen und privaten Netzwerken. „Background-Checks in privaten Netzwerken dürften regelmäßig unzulässig sein.“

„Unternehmen sollten das Urteil zum Anlass nehmen, um ihre Datenschutz-Compliance bei Bewerbungsverfahren zu überprüfen“, erklärt Rechtsanwalt Philip Uecker. „Hierzu zählt etwa die Frage danach, ob den Bewerbern Datenschutzinformationen zur Verfügung gestellt werden und zu welchem Zeitpunkt? Und sollten Online-Hintergrundrecherchen durchgeführt werden ist zu klären, ob diese im zulässigen Rahmen stattfinden.“
 
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2024, Az.: 12 Sa 1007/23
 

 

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