
Alles wird immer schneller. Es wird immer mehr von Mitarbeitern, Führungskräften und auch von Unternehmern gefordert. Wir müssen uns immer schneller auf neue Situationen und (technische) Herausforderungen einstellen – und mehr Leistung in weniger Zeit liefern.
Nur die Begriffe in der Arbeitswelt scheinen nahezu unverrückbar. Da hätten wir etwa die Floskel von der Work-Life-Balance. Sie gaukelt vor, es gäbe zwei Pole – „Arbeit“ (Work) und „Leben“ (Life) –, zwischen denen es zu balancieren gelte. Das ist eine völlig unzulässige Verkürzung unserer Wirklichkeit.
Wir haben nur ein Leben
Denn: Wir haben nur ein Leben und innerhalb dessen müssen wir unterschiedliche Hüte tragen – als Elternteil, Mitarbeiter, Pate, Vereinsmitglied und als Projektleiter. Das Schlagwort der „Work-Life-Balance“ ist ein tendenziöser Begriff, der denjenigen in die Karten spielt, die Arbeiten als grundsätzlich „böse“ diskreditieren wollen. Wie wäre es, wenn wir schon im Englischen sind, mit „Life-Balance“?
Noch ein Beispiel gefällig? Nehmen wir „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ – die Gewerkschaften sprechen auch gern von „Beschäftigten“. Die „Auszubildenden“ könnte man hier ebenfalls ergänzen. Was haben all diese Begriffe gemein? Sie drücken Passivität aus. Arbeitnehmer nehmen Arbeit von einem Arbeitgeber, der diese großherzig verteilt. Beschäftigte sind mit irgendetwas beschäftigt, was ihnen aufgetragen wurde, und Auszubildende werden ausgebildet. Lauter Objekte, allesamt passiv.
Prof. Dr. Guido Quelle ist Geschäftsführender Gesellschafter der Mandat Managementberatung, die sich auf die Entwicklung und Umsetzung von Wachstumsstrategien spezialisiert hat. Für „Markt und Mittelstand“ schrieb er zwischen Oktober 2017 und Juli 2018 die Kolumne „Aus sicherer Quelle“.
Hier finden Sie alle erschienenen Folgen der Kolumne:
- Profitables Wachstum als Unternehmerpflicht
- Der Vertrieb: Motor oder Bremse?
- Die Nachfolge regeln: lieber zu früh als zu spät
- Alltag: Der natürliche Feind der Strategie
- Erst Verzicht schafft Freiraum für Neues
- Von Meetings, bei denen jeder alles sagt
- Personaler, aufgepasst: Lernt gestalten!
- Mit Kreativität gegen das Peter-Prinzip
- Vom Miteinander in der Arbeitswelt
Die Welt sieht aber anders aus. Ein Mittelständler sagte mir einmal: „Herr Quelle, wir haben hier keine Beschäftigten, wir haben hier Mitarbeiter. Hier zieht jeder den Karren mit.“ Genau das brauchen wir auch: Wir brauchen ein Bild des aktiven Miteinanders in der Arbeitswelt. Die schwarz-weiße Idee vom „Geben“ und „Nehmen“ hat ausgedient, und das nicht nur in Zeiten von (regionaler) Voll-beschäftigung. Es gibt keinen Arbeitgeber außer unserem Kunden, der, wenn alles gut läuft, die Produkte und Leistungen super findet und seine Rechnung pünktlich bezahlt.
Gerechter gegenüber allen Beteiligten
Das Denken prägt unsere Sprache. Und umgekehrt. Wenn wir also künftig von Unternehmen statt von Arbeitgebern und von Mitarbeitern statt von Arbeitnehmern sprechen, mag das manchem Gewerkschaftler nicht gefallen, weil er mit den neuen Diktion nicht mehr klassenkämpferisch polarisieren kann. Aber die Verwendung dieser Begriffe könnte unser Denken verändern – es näher an die Realität rücken und gerechter gegenüber allen Beteiligten machen.
Als Unternehmer müssen wir darauf achten, dass in unseren Unternehmen die richtigen Worte gewählt und eine Kultur des Miteinanders geprägt werden. An den passenden Vokabeln mangelt es der deutschen Sprache nicht.
PS: Mit dieser Episode endet meine Kolumne „Aus sicherer Quelle“. Ich freue mich, wenn ich damit ein wenig zum Nachdenken – und idealerweise: zum Handeln – anregen konnte. Auf ein gesundes Wachstum!

Dieser Text gehört zu einem Thema aus der Markt-und-Mittelstand-Ausgabe 07-08/2018. Hier können Sie das Heft bestellen und „Markt und Mittelstand“ abonnieren.