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Personal > Betriebliche Altersversorgung weltweit

Von Malaysia nach Venezuela: bAV-Modelle im Vergleich

Hitzige Diskussionen laufen hierzulande: Wird die betriebliche Altersversorgung (bAV) zur Pflicht? Ein Blick auf die Welt zeigt, wie unterschiedlich die Altersversorgung gehandhabt wird. Eine Reise von Deutschland über Malaysia bis Neuseeland.

Bei den Möglichkeiten einer soliden Altersversorgung spielen weltweit Unternehmen eine wichtige Rolle. Seit Januar 2002 sind in Deutschland Arbeitergeber verpflichtet, ihren Arbeitnehmern eine betriebliche Altersversorgung (bAV) über die Entgeltumwandlung anzubieten. Demnach müssen Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter einen bestimmten Betrag des Bruttoeinkommens in eine bAV investieren. Umstritten ist allerdings, ob Arbeitgeber auch verpflichtet sind, ihre Mitarbeiter auf diese Option hinzuweisen.

Während hierzulande Experten, Politik und Unternehmen noch über eine bAV-Pflicht diskutieren, zeigt Malaysia wie das aussehen kann.

Malaysia: erster nationaler Fonds

Sie waren die Vorreiter: In Malaysia sind alle Arbeitnehmer zur Zahlung von Beiträgen an den Versorgungsfonds Employees Provident Fund verpflichtet. Es war der erste nationale Fonds dieser Art weltweit (entspricht der deutschen Pension).

Der Beitrag liegt bei 23 Prozent des monatlichen Einkommens, aufgeteilt in einen Arbeitgeberanteil von 12 Prozent und einen Arbeitnehmeranteil von 11 Prozent. Derzeit gilt jedoch eine Ausnahme: Als Entlastung für die gestiegenen Lebenshaltungskosten gewährt die Regierung Arbeitnehmern für März 2016 bis Dezember 2017 die Option, ihren Anteil zur Altersrenten- und Krankenversicherung von 11 auf 8 Prozent zu reduzieren, darauf verweist die Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing Germany Trade & Invest auf ihrer Website.

Nach dem Renteneintritt mit 60 Jahren wird die Versicherungssumme einkommenssteuerfrei ausgezahlt, doch weil das so früh geschieht, besteht bei den geringen Einkommen die Gefahr, dass das Geld sehr schnell aufgebraucht ist. Entsprechend viele sind trotz der Pflicht von Altersarmut betroffen. Diese Regel trifft aber nur auf Malaysier zu. Sobald Expatriates das Land verlassen, wird die gesamte Versicherungssumme ausgezahlt.

Neuseeland und GB: Wer keine bAV will, muss raus

Das Konzept zur Pflicht kennt man auch in Neuseeland und Großbritannien, doch die bieten den Mitarbeitern eine Austrittsoption. In Neuseeland schließt sich jeder Arbeitnehmer mit Beschäftigungsbeginn der Betriebsrente an, kann aber innerhalb gewisser Fristen austreten (Opting-out).

Ähnlich verhält es sich in Großbritannien: Hier wird den Mitarbeitern mit dem Arbeitsvertrag auch ein Angebot zur betrieblichen Altersversorgung gemacht. Will der Arbeitnehmer nicht davon Gebrauch machen, muss er dem Vertrag aktiv widersprechen, da das Angebot sonst gilt. Damit hat jeder, der es möchte, Zugang zur Betriebsrente. Anders ist es in Ecuador und Indonesien.

Ecuador und Indonesien: bAV-Chaos

In Ecuador gibt es eine "Jubilación Patronal", die unter bestimmten Bedingungen Pflicht ist. Die Höhe der "Jubilación Patronal" hängt von der Beschäftigungsdauer und von den Branchen ab. Die Unternehmen müssen ihrerseits entsprechende Rückstellungen bilden. Noch im Jahr 2015 sollte in einem neuen Arbeitsgesetz alles neu definiert und geordnet werden. Doch noch ist nichts wirksam umgesetzt.

Auch Indonesien hatte lange kein einheitliches und verpflichtendes Pensionssystem. Jede Firma folgte vielmehr dem eigenen System. Es gab zwar eine Regierungsbehörde (DPLK), die sich in der Vergangenheit damit befasst hat und Firmen haben sich vereinzelt diesem System angeschlossen. Eine Verpflichtung dazu bestand allerdings nie. Das hat sich nun geändert: Seit letztem Jahr ist auch das staatliche Rentensystem „BPJS Ketenagakerjaan“ eingeführt worden. Wir wirksam das ist, wird sich noch zeigen, aber immerhin sind in beiden Staaten Bemühungen im Gange, eine Lösung zu finden anders als in Indien und Venezuela, wo aus unterschiedlichen Gründen die Betriebsrente brach liegt.

Venezuela: Wenn bAV nichts wert ist

Venezuela ist im Moment im Ausnahmezustand: Die Wirtschaft ist kollabiert, es kommt immer wieder zu Ausschreitungen, die Menschen leiden unter Lebensmittelknappheit und einer extremen Inflation, die schon lange andauert.

Nicht verwunderlich also, dass es hier zwar gesetzliche Beiträge zur Altersversorgung gibt, die durch freiwillige Beiträge sowohl durch den Mitarbeiter als auch durch den Arbeitgeber aufgestockt werden können, doch diese Option wird kaum genutzt. Aufgrund der hohen Inflation in dem Land werden die Beiträge von den Mitarbeitern so früh wie möglich aus den Verträgen entnommen und konsumiert oder getauscht. Damit stehen sie nicht mehr für die Altersversorgung zur Verfügung.

Indien: Betriebsrente Familie

Das indische Rentensystem ist komplex, und die wenigsten Inder sind durch Staatspensionen oder Betriebsrenten abgesichert. In bestimmten Branchen der indischen Privatwirtschaft besteht eine Pflichtmitgliedschaft im Rentensystem. Gleichzeitig können Arbeitgeber aus diesem System aussteigen, wenn sie eine alternative Betriebsrente in Form eines Pensionsfonds anbieten. Die Mehrheit der Bevölkerung hat keinen Anspruch auf eine Altersrente und ist abhängig von der Versorgung durch die Familie.

In der Regel leben die Eltern bei der Familie des ältesten Sohns, der sie finanziert und dessen Frau die Pflege übernimmt. Doch dieses Versorgungssystem funktioniert immer weniger, weil gerade die junge Landbevölkerung in die Städte zieht und sich das Verständnis von Familie in dieser Generation verändert.

Quellen: Traute Meyer, University of Southampton; Tobias Wiß, Johannes Kepler Universität Linz; Maike Zacharias, AHK Malaysia; Stephan Blocks, AHK Indonesien; Mark Heinzel, DIHK; Allianz; Michael Ehlers, Longial, GTAI