Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Personal > Unternehmensnachfolge

Warum sich viele Mittelständler gegen eine Stiftung entscheiden

Bosch, Lidl, Fielmann – viele Konzerne gehören einer Stiftung und damit quasi sich selbst. Warum diese Nachfolgelösung im Mittelstand eher selten Anwendung findet und welche Alternative es gibt, erklärt die Stiftungsexpertin Nadine Kammerlander im Interview.

Frau Kammerlander, weshalb gründen Mittelständler eine Stiftung?

Manche möchten den Verkauf ihrer Firma verhindern oder sich ein Denkmal setzen. Am häufigsten kommt eine Stiftungslösung aber in Frage, wenn es entweder keine familieninternen Nachfolger für das Unternehmen gibt oder aber der Unternehmer diese nicht für geeignet hält. Dann spricht man davon, dass man das Unternehmen vor den Kindern schützen möchte. Das heißt, die Kinder verfügen nicht über die erforderlichen Kompetenzen oder haben eine falsche Einstellung, die dem weiteren Erfolg des Unternehmens entgegensteht.

Gilt das nicht auch andersherum, dass die Kinder vor dem Unternehmen geschützt werden müssen?
Natürlich gibt es auch diese Sichtweise. Unternehmer wissen selbst am besten, was man in einer solchen Funktion für eine hohe Verantwortung trägt. Viele wollen ihren Kindern diesen Druck nicht zumuten oder ihnen ermöglichen, beruflich das zu tun, was sie wollen.


Warum entscheiden sich vergleichsweise wenige KMU für das Stiftungsmodell?
Der Aufwand, eine Stiftung zu gründen, ist erheblich. Man braucht zunächst eine Stiftungssatzung. Diese muss präzise den Stiftungszweck beschreiben, der weder zu breit noch zu eng gefasst sein darf. Außerdem müssen die Stiftungsorgane bestellt und deren zukünftige Auswahl und Besetzung geregelt werden. Da diese Entscheidungen oft für die Ewigkeit getroffen werden, verlangt das viel Weitsicht und große Sorgfalt. Vor allem die Klärung der juristischen und steuerrechtlichen Fragen ist sehr langwierig, das kann schon ein bis zwei Jahre dauern.


Ab wann lohnt sich dieser Aufwand?
Einem Unternehmen, das im Jahr weniger als 30 Millionen Euro umsetzt, würde ich eher davon abraten.

Welche Alternativen zur Stiftung gibt es, wenn ein Unternehmer die Ausrichtung seiner Firma auch nach seinem Tod sicherstellen will?

Um die weitere Zukunft seines Unternehmens zu beeinflussen, kann der Inhaber sein Unternehmen zum Beispiel auch in Form eines Family-Offices mit Holdingstruktur an die Nachkommen übergeben. In diesem Fall können die Spielregeln für die Zukunft durch einen Family-Governance-Kodex oder eine Family-Charta festgelegt werden. Allerdings ist damit auch immer ein Risiko verbunden. 

Welches?
Noch nie hat sich die Wirtschaft schneller und unvorhersehbarer verändert als jetzt. Das kann der Unternehmer gar nicht alles korrekt vorhersehen und berücksichtigen. Um dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, flexibel auf neue Herausforderungen oder Marktveränderungen zu reagieren, ist es unbedingt notwendig, dass die nachkommenden Generationen einen gewissen Spielraum bei ihren Entscheidungen haben.

Könnten nachfolgende Generationen die Stiftung auch wieder auflösen?

Das hängt ganz vom Stifterwillen und der Stiftungssatzung ab. Darin kann die Auflösbarkeit bzw. Umkehrbarkeit vorgesehen sein – oder auch nicht. Auf jeden Fall ist zu bedenken, dass die Auflösung einer Stiftung im Normalfall massive steuerliche Konsequenzen nach sich zieht.

Nadine Kammerlander hat eine Professur für Familienunternehmen an der privaten WHU – Otto Beisheim School of Management inne und forscht unter anderem über unternehmensnahe Stiftungen.

Ähnliche Artikel