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Whistleblower erhalten mehr Schutz: Unternehmen müssen Meldekanäle für Hinweisgeber einrichten

Kleine und mittelständische Unternehmen werden spätestens 2023 die neuen Vorgaben der Europäischen Union zum Schutz von Hinweisgebern umsetzen müssen. In fünf Schritten richten Mittelständler ein rechtssicheres Meldesystem für Whistleblower ein.

Unerkenntliches Bild eines Mitarbeiters
Mit der EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 verpflichtet die EU Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu, interne Meldekanäle für Whistleblower zur Verfügung zu stellen.

Immer wieder tragen Insider dazu bei, dass Missstände aufgedeckt und abgestellt werden – seien es Korruptionsaffären, schwarze Kassen, manipulierte Abgaswerte oder betrügerische Corona-Testzentren. Nicht selten werden Hinweisgeber von Arbeitgebern aber mit drakonischen Maßnahmen bis hin zur Kündigung bestraft.

Mit der EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 verpflichtet die Europäische Union Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern dazu, interne Meldekanäle für Whistleblower zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig dürfen Hinweisgeber für Ihre Meldungen nicht mehr bestraft werden, wie etwa durch Kündigungen, Abmahnungen oder Mobbing. In Deutschland konnte sich im vergangenen Jahr die große Koalition auf keinen gemeinsamen Entwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes verständigen. Die Ampelkoalition will daher noch in diesem Halbjahr einen neuen Entwurf vorlegen, der die EU-Richtlinie in ein nationales Gesetz übersetzt.

 

Interne Meldekanäle werden Ressourcen in Anspruch nehmen

Die Richtlinie sieht vor, dass interne Meldekanäle sicher konzipiert sein müssen. Dabei kann es sich um spezielle Mailadressen oder Briefkästen handeln. Zum Inhalt der Meldungen dürften jedoch nur geschulte Personen Zugriff haben und die Meldungen müssen vertraulich behandelt werden. Anders als Unternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitern, die schon dieses Jahr reagieren müssen, trifft Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern diese Pflicht erst im kommenden Jahre. Die meisten Mittelständler haben jedoch nicht die notwendigen Kapazitäten, eine weitere Stelle einzurichten. Viele Unternehmen greifen dann auf die digitalen Angebote von Servicedienstleistern zurück. Sie übernehmen für geringe monatliche Kosten die Entgegennahme und Bewertung der eingehenden Meldungen.

Einführung von Hinweisgebersystemen kann Wettbewerbsvorteile bringen

Kleine und mittlere Unternehmen sollten mit der Umsetzung der Hinweisgeberrichtlinie nicht bis zum Schluss abwarten. Es ist ratsam, schon vorzeitig eine Compliance-Kompetenz aufzubauen. Gerade bei der Vergabe öffentlicher Aufträge haben Mittelständler mit einem starken Bewusstsein für Compliance und soziale Verantwortung einen Vorteil. Der erste Schritt wäre die Umsetzung des Hinweisgeberschutzes. Dabei sind fünf Punkte wichtig:

Punkt 1: Angebote für Hinweisgeberplattformen vergleichen
Auf dem Markt gibt es bereits eine Vielzahl von Angeboten für digitale Hinweisgebersysteme. Ein Vergleich der Preise und Leistungen sollte von jedem KMU durchgeführt werden.

Punkt 2: Den zuständigen Mitarbeiter schulen
Stellt der Anbieter lediglich die Plattform zur Verfügung, muss ein Mitarbeiter im Unternehmen für die Bearbeitung der eingehenden Meldungen bestimmt und geschult werden. Regelmäßige Schulungen zu rechtlichen Fragen und zum korrekten Umgang mit Hinweisen sind ratsam.

Punkt 3: Die Meldeplattform für Mitarbeiter und Externe zugänglich machen
Nach der Einrichtung muss das System zugänglich gemacht werden. Dies kann durch einen Link im Intranet oder im Internet erfolgen, beispielsweise auf einer Compliance-Unterseite.

Punkt 4: Mitarbeiter auf das Thema Compliance aufmerksam machen

Als nächstes muss die sogenannte Awareness gestärkt werden – also die Sensibilität für das Thema Compliance bei den Mitarbeitern. Das kann in einer Rundmail mit Hinweis auf die Meldeplattform an die Belegschaft erfolgen, sollte aber regelmäßig wiederholt werden.

Punkt 5: interne Richtlinien formulieren
Abschließend sind interne Richtlinien aufzustellen, wonach bestimmt wird, wie mit eingehenden Meldungen umgegangen wird. Welche Personen werden in eine interne Untersuchung einbezogen? Wann ist eine Abgabe an die Strafverfolgungsbehörden geboten? Die Richtlinie kann mithilfe von Experten, wie Rechtsanwälten, formuliert werden.

Über den Autor:

Johannes von Rüden, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei VON RUEDEN berät KMU bei der Implementierung von Hinweisgebersystemen. Er wurde von mehreren Unternehmen als Ombudsmann bestellt.

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