Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Politik > BDI-Wirtschaftsprognose

BDI Präsident Peter Leibinger warnt: Deutsche Wirtschaft steuert auf drittes Rezessionsjahr zu

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): Rückgang des BIP wohl auch 2025. Fünf Hauptgründe für die Industriekrise laut BDI.

BDI-Präsident Peter Leibinger präsentiert in Berlin die Wirtschaftsprognose des Industrieverbands für 2025. (Foto: picture alliance/dpa)

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet für das laufende Jahr mit einem erneuten Rückgang der Wirtschaftsleistung. Laut der am Dienstag vorgestellten Prognose wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2025 voraussichtlich um 0,1 Prozent schrumpfen. Damit wäre es das dritte Rezessionsjahr in Folge für die deutsche Wirtschaft. "Die Stimmung ist miserabel", konstatierte der neue BDI-Präsident Peter Leibinger bei der Präsentation des Jahreswirtschaftsberichts in Berlin.

Strukturelle Probleme belasten Industriestandort

Die Gründe für die anhaltende Schwäche der deutschen Wirtschaft sind laut BDI vielfältig. Neben konjunkturellen Faktoren sieht der Verband vor allem strukturelle Probleme als Ursache. "Wir haben einen strukturellen Bruch erlitten in der Industrie", erklärte Leibinger. Die Industrieproduktion ist seit dem Allzeithoch 2018 um fast 18 Prozent eingebrochen. Auch 2024 setzte sich der Negativtrend fort - zwischen Januar und November sank die Produktion um weitere 1,8 Prozent.

Besonders dramatisch stellt sich die Lage in der Metallindustrie dar. Laut einer Umfrage des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall gaben 93 Prozent der knapp 1800 befragten Mitgliedsunternehmen an, dass sich die Standortbedingungen in den zurückliegenden zehn Jahren verschlechtert haben. Mehr als die Hälfte schätzt die eigene wirtschaftliche Lage als schlecht ein. "Das ist ein Absturz", kommentierte Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander die Ergebnisse. (Siehe auch unseren Artikel: Alarmstufe rot: Bayerische Metall- und Elektro-Industrie plant weiteren Stellenabbau).

BDI fordert umfassende Reformen

Angesichts der prekären Lage fordert der BDI von der Politik entschiedenes Handeln. "Es muss ein Aufbruch her", mahnte Leibinger. Konkret verlangt der Verband eine grundlegende Unternehmensteuerreform. Die Gesamtbelastung für Unternehmen müsse von derzeit knapp 30 Prozent auf 25 Prozent sinken. Zudem seien mehr Verlässlichkeit und eine bessere Planbarkeit bei den Energiepreisen erforderlich.

Als wichtigsten Punkt nannte Leibinger den Abbau von Bürokratie. "Die Ressourcen, die Unternehmen für das Einhalten von sinnlosen oder übertriebenen Regeln aufwenden, fehlen an anderer Stelle. Die Kreativität erstickt", kritisierte der BDI-Präsident. Er beklagte ein "grundlegendes Misstrauen" der Politik gegenüber Unternehmen, das sich unter anderem im Lieferkettengesetz manifestiere.

Warnung vor politischen Risiken

Neben den strukturellen Problemen sieht der BDI auch politische Entwicklungen mit Sorge. Leibinger warnte eindringlich vor den wirtschaftspolitischen Plänen der AfD: "Das wäre katastrophal für die deutsche Wirtschaft." Ein EU-Austritt, wie ihn die AfD fordert, würde die exportorientierte deutsche Industrie massiv schädigen. Zudem sei Deutschland auf Einwanderung angewiesen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Auch die Gefahr eines neuen Handelskonflikts mit den USA bereitet dem Verband Sorgen. Für den Fall wechselseitiger Zollerhöhungen zwischen der EU und den USA hält der BDI sogar einen BIP-Rückgang von 0,5 Prozent für möglich. "Wenn die deutsche Wirtschaft scheitert, scheitert die EU", warnte Leibinger mit Blick auf die Bedeutung der deutschen Industrie für Europa.

Fünf Hauptgründe für die Industriekrise laut BDI

Der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht fünf zentrale Ursachen für die aktuelle Krise des Industriestandorts Deutschland:

  • 1. Hohe Energiekosten: Die im internationalen Vergleich hohen Strompreise belasten die energieintensive Industrie massiv. Trotz gesunkener Großhandelspreise bleiben die Kosten für Unternehmen auf hohem Niveau. Der BDI fordert eine Senkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß und den Ausbau günstiger erneuerbarer Energien.
  • 2. Überbordende Bürokratie: Zahlreiche Dokumentations- und Berichtspflichten binden laut BDI erhebliche Ressourcen in den Unternehmen. Besonders das Lieferkettengesetz und Vorgaben zum Arbeitsschutz werden kritisiert. Der Verband verlangt eine konsequente Entbürokratisierung und den Abbau überflüssiger Regulierungen.
  • 3. Hohe Steuerlast: Mit einer Gesamtsteuerbelastung von knapp 30 Prozent für Unternehmen liegt Deutschland international im oberen Bereich. Der BDI fordert eine Senkung auf 25 Prozent, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Auch Verbesserungen bei Abschreibungsregeln stehen auf der Agenda.
  • 4. Fachkräftemangel: In vielen Branchen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Der BDI plädiert für eine gezielte Fachkräftezuwanderung und Verbesserungen im Bildungssystem. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf müsse erleichtert werden, um mehr Menschen in Vollzeit zu bringen.
  • 5. Mangelnde Planungssicherheit: Häufige Änderungen politischer Rahmenbedingungen erschweren Unternehmen langfristige Investitionsentscheidungen. Der BDI mahnt mehr Verlässlichkeit in der Wirtschaftspolitik an und fordert einen breiten politischen Konsens für zentrale Zukunftsprojekte wie die Energiewende.

Fazit

Die düsteren Prognosen des BDI unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf in der Wirtschaftspolitik. Um einen weiteren Abschwung zu verhindern, sind mutige Reformen zur Stärkung des Industriestandorts unerlässlich. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die Energiekosten zu senken, Bürokratie abzubauen und das Steuersystem wettbewerbsfähiger zu gestalten. Nur wenn Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, kann es gelingen, die strukturellen Probleme zu überwinden und Deutschland als Industriestandort zukunftsfähig aufzustellen.

Ähnliche Artikel