Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Politik > Bürokratieabbau für Gründer

Bürokratie-Revolution: Wie Deutschland das Gründen radikal vereinfachen will

Praxischecks und Digitalisierung sollen Unternehmensgründungen beschleunigen. Ein ambitionierter Plan zur Entfesselung der Wirtschaft.

Gründer müssen immer noch durch den Dschungel der deutschen Bürokratie navigieren. (Foto: Shutterstock)

In Deutschland scheitern jährlich tausende vielversprechende Geschäftsideen an bürokratischen Hürden. Doch jetzt plant der Bund zusammen mit NRW und Baden-Würtemberg eine Revolution: Mit Praxischecks und Digitalisierung soll der Gründungsprozess radikal vereinfacht werden. Können diese Maßnahmen Deutschland zu einem Gründerparadies machen?

Praxischecks: Der neue Weg zum Bürokratieabbau

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geht neue Wege im Kampf gegen die Bürokratie. Statt einzelne Paragrafen zu ändern, setzt man auf sogenannte "Praxischecks". Dabei werden konkrete Investitionsvorhaben von Anfang bis Ende simuliert, um bürokratische Hemmnisse zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln.

Ein Beispiel: Im Praxischeck "Einfach(er) gründen" haben das BMWK, das Statistische Bundesamt und die Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit Gründern und Verwaltungsmitarbeitern 44 Handlungsempfehlungen erarbeitet. Diese reichen von der Einführung dynamischer Formulare mit integrierten Plausibilitätsprüfungen bis hin zur Optimierung des Prozesses zur Vergabe der Steuernummer.

Staatssekretär Bernhard Kluttig betont: "Für eine erfolgreiche Gründungslandschaft ist es essentiell, unnötige bürokratische Belastungen so weit wie möglich abzubauen." (www.bmwk.de)

Digitalisierung als Schlüssel zur Vereinfachung

Ein zentraler Ansatzpunkt zur Vereinfachung des Gründungsprozesses ist die Digitalisierung. Folgende Maßnahmen sind geplant oder bereits in der Umsetzung:

  • Einführung eines zentralen Sachkundeprüfverfahrens
  • Aufbau einer Meisterprüfungsdatenbank
  • Entwicklung einer gemeinsamen IT-Strategie für Bund und Länder
  • Einführung eines Trackingsystems für Anträge
  • Verbesserung des Datenaustauschs zwischen Finanzverwaltungen und Gewerbeämtern
  •  Einführung der Kollaborationsplattform Virtuelles Bauamt (ViBa)
  • Zentralisierung und Digitalisierung des Gewerbeanmeldeprozesses
  • Aufbau einer Once-Only-Plattform oder eines "Gründer-Servicekontos"

Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Prozesse zu beschleunigen, Doppelarbeit zu vermeiden und die Transparenz für Gründer zu erhöhen. Allerdings stehen der Umsetzung noch einige Herausforderungen im Weg, wie datenschutzrechtliche Bedenken und die föderale Struktur Deutschlands.

Kundenorientierung in Behörden: Ein Paradigmenwechsel

Ein weiterer Schwerpunkt der geplanten Reformen ist die Stärkung der Kundenorientierung in Behörden. Gründer berichten oft, dass sie sich eher als "Bittsteller" denn als "Kunden" behandelt fühlen. Um dies zu ändern, sind folgende Schritte geplant:

  • Überdenken der Ausrichtung von Behörden mit verstärktem Fokus auf Kundenorientierung
  • Klare Verantwortlichkeiten für konkurrierende Aspekte im Gründungsprozess
  • Mehr Fort- und Weiterbildungen zum Thema Kundenorientierung
  • Einführung einer leichteren und bürgernahen Sprache in Formularen und Bescheiden
  • Mehrsprachige Formulare und Qualifizierungsangebote für Verwaltungsmitarbeiter

Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Gründer sich von Anfang an unterstützt und wertgeschätzt fühlen. Ein Kulturwandel in den Behörden ist jedoch ein langfristiger Prozess, der Zeit und Ressourcen erfordert.

Harmonisierung von Gesetzen: Der Weg zur Einheitlichkeit

Ein weiteres Ziel der Reformen ist die Harmonisierung von Gesetzen und Vorschriften. Aktuell führen unterschiedliche Regelungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene oft zu Verwirrung und Mehraufwand für Gründer. Geplante Maßnahmen umfassen:

 

  • Prüfung der verstärkten Nutzung der Musterbauordnung durch die Länder
  • Reduzierung kommunaler Regelungen zugunsten landesweiter Vorgaben
  • Einführung bundesweit einheitlicher Technischer Baubestimmungen
  • Harmonisierung der Rentenversicherungspflicht bei Einpersonengesellschaften und GmbHs

Diese Vereinheitlichung soll den Gründungsprozess transparenter und vorhersehbarer machen. Allerdings erfordert sie eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, was in der föderalen Struktur Deutschlands eine Herausforderung darstellen kann.

Wie könnte das Gründen in Zukunft konkret aussehen? Stellen Sie sich vor: Ein angehender Unternehmer meldet sich auf einer zentralen Online-Plattform an. Dort gibt er alle relevanten Daten nur einmal ein. Diese werden dann automatisch an alle beteiligten Behörden weitergeleitet. Dynamische Formulare mit Plausibilitätsprüfungen verhindern Fehler von vornherein. Der Gründer kann den Fortschritt seines Antrags jederzeit online verfolgen und erhält bei Fragen schnell Unterstützung durch KI-gestützte Chatbots oder speziell geschulte Behördenmitarbeiter. Genehmigungen werden digital erteilt, und innerhalb weniger Tage kann das Unternehmen starten. Diese Vision eines reibungslosen, digitalen Gründungsprozesses könnte bald Realität werden und zahlreiche neue, innovative Firmen hervorbringen.

Ausblick

Die geplanten Reformen zur Vereinfachung des Gründungsprozesses in Deutschland sind ambitioniert und vielversprechend. Sie adressieren langjährige Kritikpunkte und könnten tatsächlich zu einer spürbaren Entlastung für Gründer führen. Allerdings stehen der Umsetzung noch einige Herausforderungen im Weg: Datenschutzbedenken, die föderale Struktur Deutschlands und möglicher Widerstand gegen Veränderungen in etablierten Verwaltungsstrukturen.

Der Erfolg wird davon abhängen, wie konsequent die Reformen umgesetzt werden und ob es gelingt, alle beteiligten Akteure - von Bundesbehörden bis hin zu kommunalen Verwaltungen - ins Boot zu holen. Wenn dies gelingt, könnte Deutschland tatsächlich zu einem attraktiveren Standort für Unternehmensgründungen werden und seine Innovationskraft stärken.

 

Ähnliche Artikel