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Politik > EU-Industrieförderung

EU-Kommission präsentiert Clean Industrial Deal zur Stärkung der europäischen Industrie

Ursula von der Leyen stellt 100-Milliarden-Euro-Plan für Investitionen in saubere Technologien und Bürokratieabbau vor. Industrievertreter fordern weitergehende Maßnahmen.

Europa-Sterne vor Solaranlage
Der Clean Industrial Deal der EU-Kommission stellt einen ambitionierten Versuch dar, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu stärken und gleichzeitig den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft voranzutreiben. (Foto: shutterstock)

Am Hafen von Antwerpen, inmitten von Windrädern und Chemieanlagen, präsentierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vor 400 Unternehmenschefs den Clean Industrial Deal. Der Plan soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie stärken und gleichzeitig den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft vorantreiben. Kernpunkte sind Investitionen in Höhe von 100 Milliarden Euro für saubere Technologien, Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise sowie ein umfassender Bürokratieabbau.

Kernpunkte des EU-Plans zur Industrieförderung

Der Clean Industrial Deal, von der EU-Kommission als "Business-Plan" bezeichnet, zielt darauf ab, ein neues Geschäftsmodell für Europa zu schaffen. Von der Leyen betonte die Dringlichkeit des Vorhabens: "Wir wissen, dass unseren europäischen Unternehmen immer noch zu viele Hindernisse im Weg stehen, von hohen Energiepreisen bis hin zu übermäßiger regulatorischer Belastung."

Konkret sieht der Plan vor, 100 Milliarden Euro für Investitionen in saubere Technologien bereitzustellen. Die Mittel sollen aus dem Innovationsfonds, dem Emissionshandel und einer Umstrukturierung des Invest-EU-Programms stammen. Zusätzlich plant die Kommission, Garantien in Höhe von über einer Milliarde Euro über die Europäische Investitionsbank (EIB) zu vergeben.

Bürokratieabbau und Gesetzesanpassungen

Ein zentraler Aspekt des Clean Industrial Deal ist der Abbau bürokratischer Hürden. Die EU-Kommission plant, vier Gesetze aus dem Green Deal zu reformieren: das EU-Lieferkettengesetz, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die EU-Taxonomie und den CO2-Grenzausgleichsmechanismus.

Besonders das EU-Lieferkettengesetz soll deutlich abgeschwächt werden. Unternehmen sollen künftig weniger genau prüfen müssen, ob Partnerunternehmen in ihrer Lieferkette die von der EU vorgegebenen Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards erfüllen. Die Prüfung soll sich nur noch auf das jeweils nächste Unternehmen beschränken und nur noch alle fünf Jahre statt jährlich erfolgen.

Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise

Um die im Vergleich zu China und den USA hohen Energiekosten zu senken, setzt die EU-Kommission auf den Ausbau "sauberer Energien", einschließlich Atomkraft. Der Stromanteil am Energieverbrauch soll von heute 21,3 Prozent auf 32 Prozent im Jahr 2030 steigen.

Kurzfristig soll die staatliche Förderung langfristiger Abnahmeverträge zwischen Unternehmen und Stromerzeugern stabilere und niedrigere Preise für die Industrie bringen. Die Kommission plant dafür ein Förderprogramm gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB). Zudem werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, Stromsteuern und Netzentgelte zu senken.

Investitionen in grüne Technologien

Der Clean Industrial Deal sieht vor, dass künftig 40 Prozent der sauberen Technologien wie Solar- oder Windkraftanlagen in der EU hergestellt werden sollen. Dies kann als Antwort auf die "Buy American"-Logik der USA und die dominante Stellung Chinas im Bereich der Clean Tech verstanden werden.

Die EU-Kommission will durch Quoten und gezielte Förderung dafür sorgen, dass mehr Clean Tech in der EU produziert wird. Als warnendes Beispiel gilt der Niedergang der europäischen Solarmodulhersteller, die einst den Weltmarkt beherrschten und dann innerhalb weniger Jahre von der chinesischen Konkurrenz verdrängt wurden.

Reaktionen aus der Wirtschaft

Die Reaktionen aus der Wirtschaft auf den Clean Industrial Deal fallen gemischt aus. Ilham Kadri, Vorstandschef des belgischen Materialspezialisten Syensqo und Präsident des europäischen Chemieverbands Cefic, begrüßte das Vorhaben: "In turbulenten Zeiten brauchen wir mutige Maßnahmen der europäischen Führung."

Deutschen Industriemanagern gehen die Pläne jedoch nicht weit genug. Markus Steilemann, Vorstandschef des Chemiekonzerns Covestro und Präsident des deutschen Chemieverbands VCI, kommentierte: "Einen wirklich durchgreifenden Reformwillen nehme ich in der EU-Kommission noch nicht wahr." Er fordert eine "ökonomische Optimierung" des Klimapfads und eine Konzentration auf wirtschaftlich Sinnvolles und Machbares.

Auch Jim Ratcliffe, Gründer und Chef des britischen Petrochemiekonzerns Ineos, kritisiert die bisherigen Maßnahmen als unzureichend. Er warnt vor einem Niedergang der europäischen Industrie und rechnet am Beispiel des Kölner Ineos-Standorts vor, dass die Gas- und Stromrechnungen sowie CO2-Abgaben deutlich höher seien als in den USA.

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