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Politik > Ludwig-Erhard-Gipfel: Tegernsee Summit

Freiheit braucht Wahrhaftigkeit: Joachim Gauck erhält Freiheitspreis der Medien 2025

Joachim Gauck wird für seinen Einsatz für Meinungsfreiheit, Dialog und Demokratie geehrt – und mahnt Wahrhaftigkeit als Grundlage für Frieden an.

Bundespräsident a. D. Joachim Gauck erhielt am Tegernsee den Freiheitspreis der Medien 2025. Christiane Goetz-Weimer (v.l.n.r.), Dalia Grybauskaitė, Ehemalige Präsidentin der Republik Litauen, Joachim Gauck, Bundespräsident a. D., Ilse Aigner, MdL, Präsidentin des Bayerischen Landtags (Foto: Ludwig-Erhard-Gipfel).

Joachim Gauck wurde heute auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel für seinen lebenslangen Einsatz für freie Meinungsäußerung, politischen Dialog und die Demokratie mit dem Freiheitspreis der Medien geehrt.

Ohne Wahrhaftigkeit und Aufarbeitung keine echte Versöhnung

Zur Dankesrede

7.5.2025 - Meldung: Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat wenig Verständnis für die Abweichler bei der Kanzlerwahl. „Wenn man sich anschickt eine Regierung, die neues Vertrauen erlangen will einfach durch Tatkraft, schon mal beim Start blockiert, weist das ein großes Maß von Egozentrik auf“, sagte Gauck beim Ludwig-Erhard-Gipfel der WEIMER MEDIA GROUP am Tegernsee. „Eine Ferne von der Wirklichkeit, die mich erschüttert hat.“ Er bezeichnete das Verhalten jener, die Friedrich Merz (CDU) beim ersten Wahlgang die Gefolgschaft verweigerten als „total unangemessen“.

Interview

Ludwig-Erhard-Gipfel: Welche Bedeutung haben Transparenz und Aufarbeitung für die Erlangung von Frieden?

  • Joachim Gauck: Ich habe erlebt, was es bedeutet, in einer Gesellschaft zu leben, in der Wahrheit unterdrückt und Schuld verschwiegen wurde. Ein echter, tragfähiger Frieden kann nur entstehen, wenn wir uns der Vergangenheit stellen. Transparenz und Aufarbeitung sind keine Luxusgüter für stabile Demokratien, sondern Voraussetzungen für ihre Entstehung. Wer Verantwortung für Unrecht übernimmt und die Opfer hört, der legt das Fundament für Vertrauen und für eine Zukunft ohne Angst.

Ludwig-Erhard-Gipfel: Was sind dabei wichtige Gelingensfaktoren?

  • Joachim Gauck: Der Weg zur Versöhnung beginnt mit der Anerkennung des Leids der anderen. Es braucht Mut – sowohl bei Tätern als auch bei Opfern. Notwendig sind zudem Institutionen, die unabhängig agieren, sowie eine Gesellschaft, die bereit ist, sich unbequemen Wahrheiten zu stellen. Und es braucht politische Führung, die Verantwortung nicht scheut. Eine lebendige Demokratie wächst nicht im Verdrängen, sondern im Erinnern. Diese Art von Erinnerung darf nicht nur den Blick zurück richten, sondern muss Zukunft ermöglichen.

Ludwig-Erhard-Gipfel: Woran fehlt es derzeit Ihrer Einschätzung nach mit Blick auf aktuelle Kriege und Krisenherde am meisten?

  • Joachim Gauck: In vielen aktuellen Konflikten fehlt das, was wir in Deutschland – mühsam, aber mit Überzeugung – versucht haben: die Anerkennung des erlittenen Unrechts, das Gespräch zwischen Opfern und Tätern, die Bereitschaft, Schuld nicht zu relativieren. Stattdessen sehen wir, wie im Falle Russlands, das bewusste Verdrehen von Geschichte, die Instrumentalisierung von Erinnerung und das Leugnen von Verbrechen. Ohne Wahrhaftigkeit bleibt jede Friedensrhetorik hohl. Wer keinen Weg zur Wahrheit sucht, dem bleibt der Weg zum Frieden verschlossen.

Der Freiheitspreis der Medien

Der Preis wird an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verliehen, die sich in besonderer Weise für die freie Meinungsäußerung, den politischen Dialog und die Demokratie einsetzen. mehr

Begründung der Jury

„Joachim Gauck hat sein Leben der Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie gewidmet. Als Visionär und entschiedener Verfechter unserer freien Welt ist der 85-Jährige ein Vorbild in politisch angespannten Zeiten. Als Bundespräsident prägte der evangelische Theologe gesellschaftliche Debatten – und prägt sie bis heute.“ 

Freiheit sei das große Lebensthema des Bundespräsidenten. Sie entbehren zu müssen, prägte seine Kindheit und Jugend in der DDR. Sie immer neu zu definieren und zu verteidigen habe ihn zum intellektuellen Freiheitskämpfer der Deutschen im 21. Jahrhundert gemacht. 

Gaucks wortgewaltige Deutungsmacht, seine menschenfreundliche Entschiedenheit und scharfsichtige Verbindlichkeit machen ihn bis heute zur geistigen Leitfigur einer verunsicherten Nation und ihrer multipel bedrohten Freiheit. 

„Joachim Gauck ist Deutschlands Freiheitsapostel der Gegenwart.“

Joachim Gauck

  • 1940 – Geboren am 24. Januar in Rostock, Mecklenburg
  • 1958–1965 – Studium der Evangelischen Theologie in Rostock
  • 1965–1990 – Tätigkeit als Pastor der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Mecklenburg
  • 1989 – Aktive Teilnahme an der friedlichen Revolution in der DDR; Mitbegründer des Neuen Forums in Rostock
  • März 1990 – Wahl in die erste frei gewählte Volkskammer der DDR; Vorsitzender des Sonderausschusses zur Auflösung der Stasi
  • Oktober 1990 – Ernennung zum Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR („Gauck-Behörde“)
  • 1991–2000 – Leitung der Behörde zur Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit
  • 2000–2010 – Tätigkeit als Redner, Publizist und Bürgerrechtler
  • 2010 – Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten (unterstützt von SPD und Grünen, unterlegen gegen Christian Wulff)
  • Februar 2012 – Nach Rücktritt von Christian Wulff erneut Präsidentschaftskandidat – diesmal mit breiter Unterstützung
  • 2012–201711. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland
  • seit 2017 – weiterhin aktiv als Autor zu Themen wie Freiheit, Demokratie und Erinnerungskultur

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