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Politik > Kommentar zum historischen Schuldenpaket

Geld macht nicht glücklich – aber gepaart mit Mut macht es Hoffnung

Friedrich Merz riskiert alles: Mit dem größten Schuldenpaket der Geschichte stellt er sich der Krise – doch kann er sparen, führen und überraschen?

Friedrich Merz gibt Wahlzettel ab
Friedrich Merz, CDU/CSU Fraktionsvorsitzender und CDU Bundesvorsitzender, stimmt ab über den ersten Entschließungsantrag in der 214. Plenarsitzung der 20. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag. Hauptthema dieser zweiten Sondersitzung des alten Bundestages nach der vorgezogenen Bundestagswahl war die Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen. (Foto: picture alliance)

Friedrich Merz hat Mut bewiesen und verfügt nun über erheblichen finanziellen Spielraum. Jetzt kommt es darauf an, wie der designierte Kanzler damit umgeht. Er muss einiges an seiner Art verändern – zeigte zuletzt aber Lernfähigkeit.

Von Thorsten Giersch

Merz' Milliarden-Wette: Mutig, riskant – und alternativlos?

Ein Satz, wie in Stein gemeißelt: „Geld allein löst keine Probleme.“ Ausgesprochen von Friedrich Merz am Dienstag in seiner Rede im Deutschen Bundestag. Der CDU-Chef und designierte Kanzler warb erfolgreich um Zustimmung für das irrational große Finanzpaket. Die These, dass Geld nicht alle Probleme löst, ist nicht steil – wohlgleich es fehlt der Nachsatz: Geld allein löst keine Probleme, aber es hilft.

Und viel Geld hilft viel. Für Politikerinnen und Politiker gilt dasselbe wie für jede Führungskraft, egal ob in einem Unternehmen, einer Universität oder Krankenhaus: Eine der schwierigsten Aufgaben ist, für genug Geld zu sorgen. Es ist eine Leistung, an finanzielle Mittel zu kommen. Die zweite Leistung ist, das Geld effektiv auszugeben. Die dritte lautet, permanent nach Einsparmöglichkeiten zu suchen.

Der Bundestag stimmte in dieser Woche mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit für das größte Schuldenprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik. Die geopolitische Extremsituation ließ auch die CDU die Schuldenbremse lockern. Merz hat viel riskiert - inklusive seiner Glaubwürdigkeit und der Kanzlerschaft. Für den Moment hat er viel gewonnen – und bewiesen, dass er Mut hat. Eine wichtige Eigenschaft, womöglich die wichtigste in diesen Zeiten. Allemal eine, die Menschen wir Putin und Trump achten.

Merz am Wendepunkt: Kann er sparen, führen und überraschen?

Jetzt muss er Verhandlungsgeschick belegen inklusive zwischenmenschlicher Eigenschaften, an denen zuletzt viele Beobachter zweifelten. Sein Umgang mit den Grünen war übertrieben ruppig, das Umgarnen der Abgeordneten überließ er gelinde gesagt anderen. Kritiker warfen ihm einen gestrigen Führungsstil vor. Man wird sehen, ob die hierarchisch-autoritäre Variante gepaart mit reichlich Disziplin weniger effektiv ist als das maximal Kollegiale.

An Arroganz ist auch schon Scholz gescheitert, aber Merz wirkt in diesen Tagen lernfähiger als der Noch-Kanzler. Sparen, ohne andere vor den Kopf zu stoßen, ist auch nicht so einfach – wie Ex-Finanzminister Christian Lindner bezeugen kann. Große Reformen mit der SPD durchzusetzen, erfordert einiges an Geschick. Wobei die Geschichte ja lehrt, dass das Unvermutete oft Realität wird: Ausgerechnet die Union schafften Wehrpflicht ab und knipsten Atomkraftwerke ab. Ausgerechnet die SPD legte bei der Agenda 2010 die Axt an Sozialleistungen. Überraschungen müssen nicht immer schlecht sein.

Die wichtigste Überraschung wäre, wenn die Regierung Merz die wichtigsten Probleme der europäi­schen Wirtschaft anpackt: Wie kann angesichts der enormen Summen Wirtschafts­wachs­tum ohne Infla­ti­on gelingen? Die Erfahrung lehrt, dass expan­si­ve Finanz­po­li­tik dazu einlädt, Staats­geld nicht produk­ti­v zu investieren, sondern um Inter­es­sen­grup­pen zufriedenzustellen. Es braucht Mut, um sich dem entgegenzustellen.

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