Internationale Risiken für deutsche Unternehmen: „Wir können den Aufschwung allein schaffen“
Deutsche Unternehmen in Gefahr. Wie De-Risking ohne De-Coupling unsere Wirtschaft retten soll. Was Experten dazu sagen.

Die wirtschaftlichen Risiken für Unternehmen in Deutschland wachsen – kurzfristige Krisen treten zunehmend hinter strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel, hohe Kosten und eine sinkende Standortattraktivität zurück.
Einer neuen Studie zufolge sehen Unternehmen in Deutschland so viele Risiken wie seit Jahren nicht. Doch Experten werben für Gelassenheit – und sehen viele Chancen für die neue Bundesregierung.
Die Zahlen lesen sich nicht schön. Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), stellt beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee eine Studie vor, die gemeinsam mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) entstanden ist. Der vbw ist Co-Veranstalter des ersten Konferenztages. Jedes Jahr fragen die beiden Einrichtungen, wo Unternehmen im Land Risiken für ihr Geschäft sehen. Die Zeitkurve zeigt, dass diese in allen Bereichen zunehmen. Dieses Jahr ging es vor allem in Sachen Cyberkriminalität, Bürokratie, Energiekosten und Fachkräftemangel nach oben.
Aber: Hüther macht mit der Studie auch Hoffnung, denn Unternehmen wurden auch gefragt, wie sie gegen diese Risiken vorgehen. Das Ergebnis zeigt: „Unternehmen können hier viel selbst bewirken“, sagt Hüther. Was genau, bespricht der Ökonom anschließend mit einigen Wirtschaftsvertretern auf der Bühne. Die werben vor allem für Gelassenheit: „Immer nur von einzelnen Risiken zu sprechen, ist so etwas typisch Deutsches“, sagt Michael Moser aus dem Vorstand von Fresenius. Dort ist er unter anderem für das Risikomanagement verantwortlich. „Als Unternehmen ist das Beste, immer eine strikte Strategie zu haben, dann bringen einen einzelne Risiken nicht aus der Ruhe.“
Panel beim Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 am 7.5.2025
- NICOLA BEER, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank
- PROF. DR. MICHAEL HÜTHER, Direktor und Mitglied des Präsidiums beim Institut der deutschen Wirtschaft
- DR. MICHAEL MOSER, Vorstandsmitglied von Fresenius
- ANGELIQUE RENKHOFF-MÜCKE, Vorstandsvorsitzende Warema Renkhoff SE sowie Vizepräsidentin vbw und Vizepräsidentin vbm
- DR. RENATE VACHENAUER, Mitglied des Vorstands der AUDI AG für Beschaffung
- ISABELLE KÖRNER, Moderatorin und Reporterin bei ntv
Wie eine solche Strategie aussieht, zeigt Renate Vachenauer aus dem Vorstand von Audi. Sie lässt sich vom Handelskrieg zwischen den USA und China kaum beeindrucken. Der Autobauer habe schon lange vorgesorgt und arbeite in Szenarien. „Wir haben Risiko-Radare, teilweise KI-basiert, um Risiken präventiv begegnen zu können – politische Risiken, Wetter-Risiken, Rohstoff-Risiken und Finanz-Risiken“, erklärt sie. „Wir machen langfristige Pläne, wir lassen uns von kurzfristigen Dingen wie dem Zollchaos nicht aus der Ruhe bringen.“
Mehr Gelassenheit würden sich die Experten auch von der neuen schwarz-roten Bundesregierung unter Friedrich Merz (CDU) wünschen. „Unsere Väter haben den Mittelstand auch unter schwierigen Bedingungen aufgebaut“, sagt Angelique Renkhoff-Mücke, Vizepräsidentin des vbw. Jetzt seien wir in einem Umbruch. „Unternehmer werden Lösungen finden. Sie brauchen dazu aber einen sicheren Rahmen. Den gibt es in der Welt nicht, also müssen wir ihn in Deutschland schaffen."
„Andere Länder wollen sich von China und den USA lösen“, sagt Nicola Beer, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank. „Europa gilt oft mittlerweile als sicherer Hafen.“ Die Bankerin hat noch eine andere Beobachtung gemacht: „Der deutsche Markt wächst für Investitionen. Es mag in einigen Branchen Verunsicherung geben, aber viele Unternehmer sehen, dass sie jetzt gegen den Trend investieren müssen.“
Dabei wünschen sie sich Unterstützung aus der Politik. „Ich glaube, in den vergangenen Jahren ist unsere wirtschaftliche Vision ein Stück verloren gegangen“, sagt Renkhoff-Mücke. Die müsse jetzt wieder aufgebaut werden. „Eine leichte Krise tut gut. Man muss Risiken nicht immer als etwas Schlechtes sehen. Da stecken immer Chancen dahinter“, sagt Fresenius-Risiko-Vorstand Moser. Gerade mit den milliardenschweren Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung sei jetzt die Grundlage gelegt. Hüther lobte, der neue Bundeskanzler habe damit schon Historisches geleistet, noch bevor er das Amt angetreten hat. „Wir haben das Geld, jetzt brauchen wir die Geduld. Wir können den Aufschwung nur allein schaffen, wir brauchen nicht auf ausländische Hilfe hoffen.“
Zur Studie der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., Grundlage für eine Diskussion auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am 7. Mai 2025 – mit dem Ziel, konkrete Schritte zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts zu benennen.

Direktor und Mitglied des Präsidiums beim
Institut der deutschen Wirtschaft
Michael Hüther
Prof. Dr. Michael Hüther ist Direktor und Mitglied des Präsidiums beim Institut der deutschen Wirtschaft. Er absolvierte von 1982 bis 1987 sein Studium der Wirtschaftswissenschaften sowie der mittleren und neuen Geschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Nach Abschluss des Promotionsverfahrens wurde er 1991 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und 1995 Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. 1999 wechselte er als Chefvolkswirt zur DekaBank und wurde dort 2001 zum Bereichsleiter Volkswirtschaft und Kommunikation ernannt.
Seit August 2001 ist Hüther Honorarprofessor an der EBS Business School in Oestrich-Winkel. Im April 2019
wurde er zum Aufsichtsratsvorsitzenden der TÜV Rheinland AG ernannt.

Mitglied des Vorstands der AUDI AG
für Beschaffung
Renate Vachenauer
Dr. Renate Vachenauer studierte Elektrotechnik an der Technischen Universität in München (TUM) und schloss ihre akademische Laufbahn mit der Promotion zur Dr.-Ing. in der Fachrichtung Elektrische Antriebe am Lehrstuhl für Elektrische Maschinen und Geräte der TUM ab. 1999 begann Vachenauer bei BMW, wo sie verschiedene Projekt-, Gruppen- und Abteilungsleitungsfunktionen übernahm, unter anderem auch in Troy, Michigan (USA). Anfang 2020 übernahm Vachenauer die Hauptabteilungsleitung Business Line „My Journey“ bei BMW.
Ab April 2021 leitete sie bei der AUDI AG den Bereich Entwicklung Interieur, Interaktion/Datenmanagement.
Seit April 2023 ist Vachenauer Mitglied des Vorstands der AUDI AG und verantwortet das Ressort Beschaffung.

Vorstandsvorsitzende Warema Renkhoff SE sowie Vizepräsidentin vbw und Vizepräsidentin vbm
Angelique Renkhoff-Mücke
Angelique Renkhoff-Mücke ist Gesellschafterin und Vorstandsvorsitzende der Warema Renkhoff SE. Seit 2001
leitet sie in dieser Position erfolgreich das seit 1955 bestehende Familienunternehmen, einen Hidden Champion des deutschen Mittelstandes. Renkhoff-Mücke ist seit 2011 Tarifverhandlungsführerin und Vizepräsidentin des vbm-Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. und seit 2013 Präsidiumsmitglied der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.. Sie ist Vizepräsidentin der BDA (Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände) sowie Mitglied des tarifpolitischen Vorstands von Gesamtmetall. Seit 2019 ist
sie Co-Vorsitzende des Digitalrates der BDA.

Vorstandsmitglied von Fresenius
Michael Moser
Dr. Michael Moser ist seit Juli 2023 Vorstandsmitglied von Fresenius. Er ist verantwortlich für Recht, Compliance, Risikomanagement, Sustainability, Personal, Corporate Audit und für den Unternehmensbereich Fresenius Vamed. Nach dem Start seiner Karriere bei Baker McKenzie wechselte Moser 2008 zur E.ON SE. In dieser Zeit wurde er unter anderem Mitglied des Vorstands des börsennotierten Unternehmens ENEVA in Brasilien, leitete den Börsengang von Uniper und war stellvertretender CEO und CFO von Enerjisa, dem börsennotierten führenden Energieunternehmen in der Türkei. Moser verfügt über Universitätsabschlüsse in Jura und Betriebswirtschaft in
Deutschland, den USA, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und China
Nicola Beer
Nicola Beer ist Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Von 2019 bis 2023 war sie Vizepräsidentin und Mitglied des Europäischen Parlaments.
Von 2017 bis 2019 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages. Zuvor wirkte Beer unter anderem als Mitglied des Hessischen Landtags, Hessische Kultusministerin, Hessische Staatssekretärin für Europaangelegenheiten, Stadtverordnete und stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin in ihrer Heimatstadt Frankfurt am Main. Zudem war Beer als selbständige Rechtsanwältin niedergelassen. Vor ihrem Studium in Frankfurt absolvierte sie nach einem deutsch-französischen Abitur eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Sie war von 2013 bis 2019 Generalsekretärin und von 2019 bis 2023 Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Demokraten.

Moderatorin und Reporterin bei ntv
Isabelle Körner
Isabelle Körner ist eine bilinguale Journalistin, TV- und Konferenzmoderatorin. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Moderatorin und Reporterin für den Nachrichtensender ntv. Körner berichtet regelmäßig über aktuelle Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Internationale Beziehungen und Sicherheit. Als Anchor on Location hat sie in den vergangenen Jahren für ntv zum Beispiel das World Economic Forum, G7 Treffen oder die Munich Security Conference begleitet und zahlreiche Entscheider aus Wirtschaft und Politik interviewt.
Zur Studie
2025:
Zur vbw-Studie, erstellt vom Institut der deutschen Wirtschaft
Die vbw vertritt die Interessen von
- 162 Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden sowie
- 51 Fördermitgliedern.
Ihr Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Bayern zu stärken und die Wirtschaft im Land zukunftsfähig auszurichten.
Die vbw ist durch ihren klar auf Wettbewerbsfähigkeit ausgerichteten politischen Kompass das Sprachrohr der Wirtschaft gegenüber der Politik schlechthin.
Mehr unter www.vbw-bayern.de
Tegersee Summit: Berichterstattung

News-Ticker vom Ludwig-Erhard-Gipfel
Auf geht's Deutschland!
Ludwig-Erhard-Gipfel 2025: Auf geht’s Deutschland!
Deutschlands Zukunft: Orientierung, Führung und neues Wachstum
Impulse für Deutschlands Zukunft – Markus Söder zum Ludwig-Erhard-Gipfel 2025
Freiheitspreis der Medien:
- Freiheit braucht Wahrhaftigkeit: Joachim Gauck erhält Freiheitspreis der Medien 2025
- Joachim Gauck kritisiert „hohle Friedensrhetorik“ im Ukraine-Krieg
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Freiheitspreis der Medien 2025 geht an Joachim Gauck (vom 27.3.2025)
Neue Weltwirtschaftsordnung
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Future Award
Future Award 2025 geht an Ubimaster
TAgesticker - Zusammenfassung aller Beiträge
7.5.2025 - Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 - Tag 1
8.5.2025 - Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 - Tag 2
9.5.2025 - Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 - Tag 3
Interviews
Im Interview: VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt
Im Gespräch: Christian Pellis, CEO von Amundi Deutschland
Im Gespräch: Prof. Dr., Achim Schröder: Wie kommt Deutschland an günstigen Strom?
Im Gespräch: Prof. Dagmar Schuller über die Roboter von morgen
Im Gespräch: Bitpanda-CEO Lukas Enzersdorfer über die neuen Optionen der Geldanlage
Ein Land, wo wegen fehlender Aktienkultur viel Geld verschenkt wird?
Die Reportage vom Ludwig-Erhard-Gipfel 2025 - Markt und Mittelstand: Der Podcast