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Politik > Kommentar

Keine Zeit für Emotionen in der Schuldendebatte

Die Grünen blockieren den Schuldendeal von Union und SPD. Ein stückweit zurecht. Noch kann die missliche Lage gut ausgehen.

Die bösen Grünen – so einfach ist es diesmal nicht: Dass die Partei den Schuldenkurs von Union und SPD nicht einfach mitträgt, hat auch viel mit dem ungeschickten Verhalten des designierten Kanzlers Friedrich Merz zu tun. Noch kann die missliche Lage gut ausgehen – aber alle Beteiligten müssen ihre Emotionen nun hintenanstellen und stattdessen den Klimaschutz in die Infrastrukturmaßnehmen einbinden. (Foto: picture alliance)

Von Thorsten Giersch

Nach den Sondierungs- ist vor den Koalitionsgesprächen – aber dazwischen haben sich die Grünen gemogelt: Am Montag hatte sich die Partei gegen das Milliardenpaket von Union und SPD ausgesprochen. Nun hieß es für Friedrich Merz, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil, in die Verhandlungen mit der Wahlverlierer-Partei zu gehen.

Man kann Friedrich Merz Wortbruch vorwerfen angesichts der Diskrepanz seiner Aussagen beim Thema Schulden vor der Wahl und danach. Aber genauso doppelzüngig sind auch die Grünen: Vor der Wahl trat Robert Habeck vehement für eine Reform der Schuldenbremse ein. Noch sei die Politik nicht so weit, sprach der Spitzenkandidat damals. Jetzt, wo „die Politik“ so weit ist, steigt seine Partei mit Volldampf auf die Bremse. Also die Partei, die das Bundeswirtschaftsministerium drei Jahre führte und Deutschland mit Subventionen in Milliardenhöhe zupflasterte.

Hier plustert sich eine Partei noch einmal so richtig auf. Die Grünen tun so, als wären sie FDP – nur ohne Glaubwürdigkeit. Sätze wie die von Grünen-Chefin Franzis­ka Brant­ner braucht das Land gerade wirklich nicht: „Wolfgang Schäub­le würde sich im Grabe umdre­hen, wenn er sehen würde, wie seine Partei die Schul­den­brem­se refor­mie­ren will, um Steuer­ge­schen­ke zu finan­zie­ren.“

Zurecht kritisieren die Grünen, dass Union und SPD das Geld für „Geschen­ke“ an ihre Wähler brauchen. Wobei es präziser wäre zu formulieren, dass die neue Regierung mit diesen Polstern weniger sparen muss. Steuergeld verprassen, um die Wähler zu beglücken – das machen in der Welt der Grünen nur die anderen. Man selbst will Politik auf Pump stets nur zum hehren Ziel des Klimaschutzes.

Gut wäre, wenn die Verhandlung so ausginge: Der Klimaschutz wird im Infrastrukturvermögen eine große Rolle spielen. Soll heißen: Ein nennenswerter Teil des Geldes würde für den Ausbau der Wärme-, Strom- oder Wasserstoffnetze eingesetzt. Heizungsförderung oder die Kohlendioxidspeicherung sind weitere Maßnahmen, die ja nicht per se schlecht sind. Dann würden wir nicht von noch mehr Schulden sprechen, sondern die geplanten Schulden zielgerichtet für die Modernisierung des Landes einsetzen.

Der schlechte Fall wäre, wenn es zu emotional wird und die Grünen ihre Geschenke mehr nach interner Ideologie als nach dem Nutzen für Deutschland einfordern. Merz hat die Grünen im Wahlkampf und auch danach gedemütigt. Wie weit sie ihre Erpressung treiben können, sollten die Grünen aber nicht überschätzen: Schei­ter­te das Ausset­zen der Schul­den­brem­se, um die Vertei­di­gung sicherzustellen, schüttelt die Welt über Deutschland den Kopf. Und kommt es nicht zu den Investitionen in Infrastruktur, werden das die Wähler auch nicht witzig finden.

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