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Politik > Steuerreform Wirtschaft

Klingbeils Steuerplan: 48 Milliarden Euro Entlastung für Unternehmen bis 2029

Finanzminister Klingbeil plant massive Steuererleichterungen bis 2029 – mit Investitionsbooster, Körperschaftsteuersenkung und Innovationsanreizen.

Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister – will mit 48 Milliarden Euro steuerlichem Rückenwind den Wirtschaftsmotor wieder anwerfen. (Foto: picture alliance)

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) macht Ernst mit der steuerlichen Entlastung der deutschen Wirtschaft: Ein ambitionierter Steuerplan mit doppeltem Anspruch: konjunkturelle Sofortwirkung und strukturpolitische Langfriststrategie – finanziell gewagt, politisch weitreichend.

Sein "Entwurf eines Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland" sieht Entlastungen vor, die bis 2029 auf jährlich 11,3 Milliarden Euro anwachsen. Über den Gesamtzeitraum 2025 bis 2029 summieren sich die Mindereinnahmen für den Staat auf 48 Milliarden Euro. Das Kabinett soll den Entwurf bereits am 4. Juni beschließen.

Turbo für den Mittelstand: Der Investitionsbooster kommt

Im Zentrum des neuen Entlastungspakets steht ein echter Gamechanger: der Investitionsbooster. Dahinter verbirgt sich kein Buzzword, sondern eine handfeste steuerliche Erleichterung, die Unternehmen in den Jahren 2025 bis 2027 ordentlich Rückenwind geben soll. Konkret bedeutet das: Wer in bewegliche Wirtschaftsgüter investiert, darf 30 Prozent der Kosten über eine degressive Abschreibung direkt steuerlich ansetzen – und zwar für Käufe zwischen dem 30. Juni 2025 und dem 1. Januar 2028.

Was auf dem Papier technisch klingt, hat im Alltag echte Wirkung: Investitionen werden plötzlich attraktiver, weil sie sich schneller auszahlen. Und genau das ist gewollt – der Gesetzgeber spricht selbst von einem „Katalysator für Investitionspläne“. Kein leeres Versprechen: Gerade kleine und mittelständische Betriebe profitieren davon, weil sich die Liquidität spürbar verbessert. Wer Maschinen, Fahrzeuge oder Technik anschafft, kann die Ausgaben rascher absetzen – das schafft Spielraum für neue Projekte und stärkt die Eigenkapitaldecke.

Unterm Strich heißt das: Der Investitionsbooster ist kein Placebo, sondern ein konkreter Anreiz, in die Zukunft zu investieren – mit steuerlicher Rückenstärkung, die sich direkt auszahlt.

Klingbeils Steuerpaket 2025–2029 - Fakten kompakt

  • Gesamtentlastung: 48 Milliarden Euro – so viel kostet das Steuerpaket den Staatshaushalt bis 2029.
  • Ziel: Wirtschaft entlasten, Investitionen ankurbeln, Standort stärken.

Kernmaßnahme: Investitionsbooster (2025–2027)

  • 30 % degressive Abschreibung auf bewegliche Wirtschaftsgüter

  • Gültig für Anschaffungen zwischen 30.06.2025 und 01.01.2028

  • Vorteil: Sofortige Liquidität für Unternehmen, schneller Kapitalrückfluss

Senkung der Körperschaftsteuer (ab 2028)

  • Stufenweise von 15 % auf 10 % bis 2032

  • Jährliche Entlastung: 2028: 4 Mrd. Euro,  2029: 9 Mrd. Euro

  • Wirkung: Mehr Planungssicherheit und internationale Wettbewerbsfähigkeit für Kapitalgesellschaften

Sonderregelungen: E-Mobilität & Forschung

  • Superabschreibung (75 %) im Anschaffungsjahr für neue E-Firmenwagen (2025–2027)

  • Preisgrenze für E-Dienstwagen steigt von 70.000 auf 100.000 Euro

  • Forschungszulage: Bemessungsgrundlage steigt auf 12 Mio. Euro, Ausweitung förderfähiger Kosten

Finanzielle Entwicklung

  • Entlastung (jährlich): 2025: 0,63 Mrd. Euro, 2026: 2,5 Mrd. Euro, 2029: 11,3 Mrd. Euro

  • Steuerausfälle kumuliert: 48 Mrd. Euro (2025–2029)

Körperschaftsteuer sinkt – aber mit Anlauf

Sobald das Investitionsbooster-Programm ausgelaufen ist, wird ab 2028 langsam, aber stetig an der Steuerschraube gedreht. In fünf Schritten soll der Körperschaftsteuersatz von aktuell 15 auf 10 Prozent sinken – Zielgerade: das Jahr 2032. Kein radikaler Schnitt also, sondern ein kalkulierter Kurs mit Weitblick.

Warum das Ganze? Unternehmen sollen nicht im Nebel planen müssen. Wer investieren will, braucht verlässliche Rahmenbedingungen – und genau die verspricht diese Maßnahme. Gleichzeitig hofft man, mit dem niedrigeren Satz im internationalen Vergleich wieder etwas besser dazustehen.

Konkret rechnet die Regierung bereits 2028 mit Entlastungen in Höhe von vier Milliarden Euro. Ein Jahr später könnten es sogar schon fast neun Milliarden sein. Das betrifft in erster Linie Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs, für die sich die Steuerlast spürbar verringert.

Aber auch Personenunternehmen gehen nicht leer aus: Für sie wird parallel an der Einkommensteuer geschraubt – insbesondere am Thesaurierungssteuersatz, der dann ebenfalls sinken soll. So will man sicherstellen, dass der Mittelstand nicht außen vor bleibt.

E-Mobilität & Forschung: Der Staat schaltet einen Gang hoch

Wer in Zukunft auf Strom statt Sprit setzt, darf sich auf spürbare Vorteile freuen. Unternehmen, die sich zwischen Juli 2025 und Ende 2027 ein rein elektrisches Firmenfahrzeug zulegen, können gleich im ersten Jahr 75 Prozent des Anschaffungspreises abschreiben. Eine Art Turbo für die Bilanz – und ein klares Signal: Elektromobilität soll nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich attraktiv sein.

Auch bei der Preisgrenze für steuerlich begünstigte E-Dienstwagen legt der Gesetzgeber nach: Statt wie bisher bei 70.000 Euro, soll künftig erst bei 100.000 Euro Schluss sein. Damit wird der Spielraum größer – nicht nur für kleine City-Flitzer, sondern auch für die elektrifizierte obere Mittelklasse. Ziel ist klar: mehr Stromer auf Firmenparkplätzen, mehr Bewegung im Markt.

Und auch die Forschung bekommt Rückenwind. Die steuerliche Forschungszulage wird kräftig aufgestockt – von 10 auf 12 Millionen Euro, um genau zu sein. Gleichzeitig dürfen Unternehmen in Zukunft noch breiter gefasste Ausgaben steuerlich geltend machen. Kurz gesagt: Wer tüftelt, wird belohnt.

Fazit

Mit seinem Steuerplan wagt Lars Klingbeil nicht weniger als einen wirtschaftspolitischen Befreiungsschlag. 48 Milliarden Euro Entlastung für Unternehmen bis 2029 – das ist mehr als nur eine Zahl. Es ist ein Signal: Deutschland will zurück auf die Überholspur.

Der Investitionsbooster, die schrittweise Körperschaftsteuersenkung, die steuerliche Förderung von E-Mobilität und Forschung – all das zeigt ein bemerkenswert klares Bekenntnis zur Standortpolitik mit ökonomischer Tiefenschärfe.

Natürlich lässt sich darüber streiten, ob der Staat sich diese Mindereinnahmen leisten kann – oder vielmehr leisten sollte. Doch die Marschrichtung ist gesetzt: mehr Dynamik, mehr Spielraum, mehr Zukunftsinvestitionen. Der Mittelstand dürfte aufatmen, Konzerne werden genau hinsehen – und das Ausland auch. Denn was Klingbeil hier vorlegt, ist ein Mix aus klassischer Angebotsökonomie und moderner Innovationsförderung. Nicht revolutionär, aber bemerkenswert kohärent.

Es bleibt die Frage, ob der politische Atem für dieses langfristig angelegte Projekt reicht – und ob der Plan wirklich vom Papier in die Praxis findet. Doch eines steht fest: Diese steuerpolitische Offensive ist ein neuer Ton aus Berlin. Und der klingt – zumindest auf dem Papier – nach Aufbruch.

Kurzer Blick in die Geschichte der Unternehmensbesteuerung in Deutschland

  • Bereits in den 1950er Jahren nutzte die Bundesrepublik Abschreibungserleichterungen, um den Wiederaufbau zu fördern. Diese Politik trug zum "Wirtschaftswunder" bei und etablierte das Prinzip, Investitionen durch steuerliche Anreize zu stimulieren.
  • In den 1990er Jahren, nach der Wiedervereinigung, setzte die Regierung Kohl auf Sonderabschreibungen für Investitionen in den neuen Bundesländern. Diese Maßnahmen zeigten, wie gezielte steuerliche Förderung regionale Wirtschaftsentwicklung beeinflussen kann.
  • Die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder senkte 2001 den Körperschaftsteuersatz von 40 auf 25 Prozent – eine deutlich radikalere Senkung als die nun geplante schrittweise Reduktion.
  • Die Steuerreform 2008 unter der Großen Koalition brachte eine weitere Senkung auf 15 Prozent.
  • In Krisenzeiten wurden wiederholt degressive Abschreibungen als Konjunkturinstrument eingesetzt – während der Finanzkrise 2008/2009 und erneut während der Corona-Pandemie.

Diese historischen Erfahrungen zeigen, dass temporäre Abschreibungserleichterungen zwar kurzfristige Investitionsimpulse setzen können, dass für nachhaltige Standortverbesserungen jedoch auch strukturelle Reformen nötig sind.

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