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Politik > Trends, die 2025 die Wirtschaft dominieren

Der wahre Preis globaler Konflikte für Unternehmen und Märkte

Studie zur Kriegsökonomie: Von zerstörten Kapitalstöcken bis zu explodierenden Ölpreisen. Wie Kriege die Weltwirtschaft in Atem halten.

Im Durchschnitt führt ein großer Krieg (bei mindestens 10.000 Verlusten) zu einem Rückgang des BIP im Kriegsgebiet um etwa 30% im Vergleich zum Vorkriegstrend sowie zu einem Anstieg der Inflation um 15 % fünf Jahre nach Kriegsbeginn. (Foto: shutterstopck, ki-generiert)

Die verborgene Rechnung: Ökonomische Kosten von Kriegen

Im Rahmen unserer Serie "Trends für die Wirtschaft 2025" beschäftigen wir uns in diesem Artikel mit dem Thema Kriege und ihre ökonomischen Folgen.

Weitere Schwerpunkte unserer Serie sind:

Kriege hinterlassen nicht nur zerstörte Städte, sondern auch tiefe Narben in der Wirtschaft. Das IfW hat in einer umfassenden Analyse von über 150 Kriegen seit 1870 die ökonomischen Folgen untersucht. Die Ergebnisse sind ernüchternd: In den Kriegsgebieten bricht die Wirtschaftsleistung durchschnittlich um 30 Prozent ein, während die Inflation um 15 Prozentpunkte steigt. Der Kapitalstock - also Sachwerte wie Maschinen, Gebäude und Infrastruktur - wird massiv zerstört.

Am Beispiel der Ukraine wird das Ausmaß deutlich: Bis 2026 rechnen die Forscher mit einem BIP-Verlust von 120 Milliarden US-Dollar und einem Rückgang des Kapitalstocks um fast eine Billion US-Dollar. Diese Zahlen verdeutlichen, vor welchen Herausforderungen Unternehmen in Konfliktregionen stehen. Produktionsanlagen werden zerstört, Lieferketten unterbrochen und Investitionen auf Eis gelegt.

Doch die ökonomischen Schockwellen reichen weit über die Grenzen der Kriegsgebiete hinaus. Nicht am Krieg beteiligte Drittländer müssen mit BIP-Verlusten von rund 250 Milliarden US-Dollar rechnen, davon allein 70 Milliarden in der Europäischen Union. Für global agierende Unternehmen bedeutet dies: Auch wenn sie nicht direkt im Konfliktgebiet operieren, können sie von den wirtschaftlichen Folgen erfasst werden.

Von der Friedens- zur Kriegswirtschaft: Ein ökonomischer Paradigmenwechsel

Der Übergang zu einer Kriegswirtschaft stellt Unternehmen vor massive Umwälzungen. "Kriegswirtschaft bedeutet, dass im Krieg alles dem Kriegsziel untergeordnet wird und auch deshalb der Wirtschaft andere Strukturen vorgegeben werden", erklärt Ökonom Tilman Brück. Für Unternehmen kann dies bedeuten, dass sie ihre Produktion von zivilen auf militärische Güter umstellen müssen.

Am Beispiel Russlands lässt sich dieser Prozess beobachten: Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI investiert das Land derzeit rund sieben Prozent seiner Wirtschaftsleistung in das Militär - doppelt so viel wie vor Kriegsbeginn. In der Rüstungsindustrie sind seit Kriegsbeginn rund eine halbe Million Jobs entstanden. Für Unternehmen in anderen Branchen bedeutet dies oft eine Verknappung von Ressourcen und Arbeitskräften.

Doch auch Länder, die nicht direkt in Konflikte involviert sind, spüren die Auswirkungen einer Kriegswirtschaft. Die Sanktionen gegen Russland haben zu einer Umstrukturierung der globalen Handelsströme geführt. Wichtige Waffenbauteile wie Halbleiter und Sensoren bezieht Russland heute verstärkt aus Ländern wie China und Kasachstan. Für westliche Unternehmen ergeben sich daraus neue Herausforderungen in der Lieferkette und bei Compliance-Fragen.

Globale Dominoeffekte: Wenn der Ölpreis zum Kriegsbarometer wird

Ein besonders sensibler Indikator für die globalen Auswirkungen von Kriegen ist der Ölpreis. Die jüngsten Spannungen zwischen Israel und Iran haben dies erneut deutlich gemacht. Ein möglicher Konflikt in der Region könnte die Lieferung von rund einem Fünftel des weltweit benötigten Erdöls beeinträchtigen. Analysten der UBS halten im Extremfall einen Ölpreis von über 100 Dollar pro Fass für möglich - mit weitreichenden Folgen für die globale Wirtschaft.

Für Unternehmen bedeutet ein steigender Ölpreis nicht nur höhere Produktions- und Transportkosten. Er kann auch zu einer Verteuerung von Rohstoffen und einer Dämpfung der Konsumnachfrage führen. Besonders energieintensive Branchen wie die Chemie- oder Stahlindustrie stehen vor der Herausforderung, ihre Kostenstrukturen anzupassen und Effizienzpotenziale zu heben.

Boom in der Rüstungsindustrie: Wenn Konflikte zu Profiten führen

Während viele Branchen unter den Folgen von Kriegen leiden, erlebt die Rüstungsindustrie einen regelrechten Boom. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI beziffert den Gesamtwert der Waffenkäufe im Jahr 2023 auf 2,443 Billionen Dollar - ein neuer Rekord. Vorreiter sind China, die USA und Indien.

Für Rüstungsunternehmen bedeutet dies volle Auftragsbücher und steigende Umsätze. Die 41 amerikanischen Waffenhersteller unter den Top 100 weltweit verzeichneten ein Umsatzplus von 2,5 Prozent, die 23 ostasiatischen Firmen sogar um 5,7 Prozent. Doch der Boom in der Rüstungsindustrie hat auch eine Kehrseite: Er bindet Ressourcen, die in anderen Bereichen der Wirtschaft fehlen.

Fazit

Die ökonomischen Kosten von Kriegen sind immens und betreffen die globale Wirtschaft auf vielfältige Weise. Von zerstörten Produktionsanlagen über gestörte Lieferketten bis hin zu steigenden Rohstoffpreisen - die Auswirkungen sind für Unternehmen weltweit spürbar. Gleichzeitig stellt sich die ethische Frage, wie mit dem Boom in der Rüstungsindustrie umzugehen ist.

Die größte Herausforderung für die Zukunft wird sein, den schmalen Grat zwischen notwendiger Verteidigungsfähigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung zu meistern. Unternehmen müssen sich auf eine zunehmend volatile geopolitische Lage einstellen und Strategien entwickeln, um resilient zu bleiben. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Rückkehr zur Friedenswirtschaft ermöglichen.

Letztlich bleibt die bittere Erkenntnis: Der wahre Preis von Kriegen lässt sich nicht allein in Dollar und Cent bemessen. Er manifestiert sich in verlorenen Chancen, gebremster Innovation und einer Welt, die ihre Ressourcen für Zerstörung statt für Aufbau einsetzt. Für Unternehmen und Volkswirtschaften gleichermaßen gilt:

Der Frieden bleibt die beste Investition in die Zukunft.

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