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Politik > Millionäre fordern Steuererhöhung

Globale Elite fordert: Höhere Steuern für Superreiche zur Rettung der Demokratie

370 Superreiche appellieren in Davos an Regierungschefs für mehr Besteuerung. Ist dies der Beginn einer neuen Ära der Vermögensverteilung?

Millionäre fordern beim Weltwirtschaftsforum in Davos höhere Steuern für sich selbst. Satire oder echter Weckruf? (Foto: ki-generiert)

Es klingt wie ein Witz, ist aber ihr Ernst: Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos fordern 370 Millionäre und Milliardäre höhere Steuern für ihresgleichen. In einem offenen Brief an die Staats- und Regierungschefs der Welt warnen sie vor den Gefahren extremen Reichtums für die Demokratie. Doch was steckt hinter dieser überraschenden Initiative?

In einer Welt, die sich inmitten der vierten industriellen Revolution befindet, ist diese Besorgnis vielleicht gar nicht so unbegründet. Denn wenn Künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, autonome Systeme und Blockchain erst einmal in voller Fahrt sind, sehen manche Experten darin den Beginn eines High-Tech-Atlantis – allerdings mit der Gefahr, dass nur wenige Auserwählte Zugang zum Rettungsboot haben.

Klaus Schwab, der Kopf hinter dem Weltwirtschaftsforum, und scharfsinnige Erdenbürger wie der vermisste Stephen Hawking haben bereits vor Jahrzehnten den Ruf nach Vorsicht erhoben. Und wer kann es ihnen verübeln? Wenn Maschinen künftig unsere Jobs erledigen, stehen Millionen von Menschen im globalen Arbeitsmarkt-Schaufenster.

Wenn Millionäre mehr Steuern fordern: Die unerwartete Initiative

"Sie müssen uns, die Superreichen, besteuern." Mit diesen Worten wenden sich einige der wohlhabendsten Menschen der Welt an die politischen Entscheidungsträger in Davos. Unter den Unterzeichnern finden sich bekannte Namen wie Abigail Disney, Großnichte von Walt Disney, und Marlene Engelhorn, deutsch-österreichische Sozialaktivistin und Millionenerbin. Ihre Botschaft ist klar: Extremer Reichtum gefährdet die Demokratie.

Die Initiative "Proud to pay more" geht noch einen Schritt weiter. 260 Milliardäre und Millionäre haben sich zusammengeschlossen, um gegen die wachsende soziale Ungleichheit zu protestieren. Sie argumentieren, dass die Kluft zwischen Arm und Reich einen "Kipppunkt" erreicht habe und dringend Handlungsbedarf bestehe.

Doch was treibt diese Superreichen an? Viele von ihnen, wie Marlene Engelhorn, haben ihr Vermögen geerbt und fühlen sich unwohl mit einem Reichtum, den sie nicht selbst erarbeitet haben. Engelhorn ging sogar so weit, 25 Millionen Euro ihres Erbes an die Gesellschaft "rückverteilen" zu lassen - ein Schritt, der in der Wirtschaftswelt für Aufsehen sorgte.

Reichtum und Demokratie: Ein gefährliches Ungleichgewicht?

Die Sorge der Unterzeichner ist nicht unbegründet. Laut dem "World Inequality Report 2022" ging über ein Drittel des seit Mitte der 1990er Jahre angehäuften Privatvermögens an das reichste Prozent der Weltbevölkerung. Im Gegensatz dazu erhielten die ärmsten vier Milliarden Menschen zusammen nur zwei Prozent des zusätzlichen Wohlstands.

Diese Konzentration von Reichtum hat weitreichende Folgen. Eine Umfrage im Auftrag des Netzwerks Patriotic Millionaires zeigt, dass 63 Prozent der Millionäre weltweit den Einfluss von Superreichen auf politische Entscheidungsträger als Bedrohung für die globale Stabilität sehen. Mehr als 70 Prozent glauben, dass Superreiche sich politischen Einfluss erkaufen und die öffentliche Meinung durch Kontrolle von Medien unverhältnismäßig stark beeinflussen.

Die Forderung nach höherer Besteuerung ist daher nicht nur eine Frage der Umverteilung, sondern auch ein Versuch, das demokratische Gleichgewicht wiederherzustellen. Die Unterzeichner des offenen Briefes bezeichnen ihre Forderungen als "Rückkehr zur Normalität" - ein bemerkenswerter Standpunkt, wenn er von den Reichsten der Reichen kommt.

Der Historiker Yuval Noah Harari hat in diesem Sinne nicht ganz falsch gelegen, als er prophezeite, dass sich unsere Gesellschaft auf den Kopf stellen und die Machtverhältnisse auf Erden verschieben könnten. In diesem futuristischen Szenario werden aus Science-Fiction-Visionen greifbare Realitäten, während die Gesellschaft versucht, mit sozialer Phantasielosigkeit und möglichen Arbeitslosenrevolutionen fertigzuwerden.

Und da kommt die Forderung nach risikomindernden Maßnahmen und sozialer Verantwortung ins Spiel – kein Hokus-Pokus, sondern kluge Planung. Wir sprechen hier von der Vorbereitung auf den digitalen Arbeitsmarkt, einer grundsätzlichen Erneuerung unserer sozialen Sicherungssysteme, möglicherweise durch das bedingungslose Grundeinkommen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, dass Regierungen und Unternehmen die technologischen Wunder nicht nur schneller, sondern auch gerechter verteilen.

Herausforderungen der Umsetzung: Nationale Alleingänge vs. globale Koordination

So einfach die Forderung nach höheren Steuern für Superreiche klingen mag, so komplex gestaltet sich ihre Umsetzung. Stefan Bach, Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), weist auf die Schwierigkeiten hin: "Größere, international aufgestellte Unternehmen oder auch die Superreichen spielen alle auf der Klaviatur des internationalen Steuerrechts."

Ein nationales Vorgehen birgt die Gefahr, dass Milliardäre einfach ihre Wohnsitze ins steuergünstigere Ausland verlagern. Dies könnte dazu führen, dass am Ende nur der "wackere deutsche Mittelständler" höher besteuert wird, während die eigentliche Zielgruppe sich der Besteuerung entzieht.

Die Lösung liegt in einer international abgestimmten Vorgehensweise. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde 2021 gemacht, als sich über 130 Länder auf einen Mindeststeuersatz von 15 Prozent für Unternehmen einigten. Ein ähnlicher Vorstoß für eine globale Mindeststeuer auf extrem hohe Privatvermögen wurde bereits von EU-Parlamentariern ins Spiel gebracht.

Wirtschaftliche Folgen: Zwischen Umverteilung und Investitionshemmnissen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer höheren Besteuerung von Superreichen sind umstritten. Während die Befürworter argumentieren, dass eine Umverteilung zu mehr sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Stabilität führen würde, warnen Kritiker vor möglichen negativen Folgen für Investitionen und Arbeitsplätze.

Unternehmensverbände, insbesondere der Verband der Familienunternehmen in Deutschland, leisten erheblichen Widerstand gegen solche Initiativen. Sie argumentieren, dass höhere Steuern Investitionen gefährden und sogar dazu führen könnten, dass Erben die Unternehmensnachfolge nicht antreten.

Stefan Bach vom DIW sieht dennoch Möglichkeiten für eine ausgewogene Lösung: "Es ist schon möglich, mit einem Mix aus Steuererhöhungen zusätzliche Gelder für die Staatskassen zu generieren, ohne dass größere wirtschaftliche Schäden entstehen." Der Schlüssel liegt in einer sorgfältig kalibrierten und international koordinierten Herangehensweise.

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