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Politik > Zum Tod von Papst Franziskus

„Ich bewundere Unternehmer, die nicht nur an Gewinne denken.“

Papst Franziskus ist am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorben. Er hatte sich intensiv zu den Themen der Wirtschaft geäußert. Mal sehr kritisch, aber stets differenzierend. Das Prinzip Mittelstand mochte er.

Ein Bild vom verstorbenen Papst Franziskus am Ostermontag in Westminster Cathedral, London.

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man es als Treppenwitz der Geschichte bezeichnen, dass ausgerechnet JD Vance der letzte hochrangige Politiker war, der den am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus tags zuvor besuchte. Der US-Vizepräsident steht schließlich für eine Regierung, der sich dem Primat unternehmerischen Denkens unterwirft wie keine zuvor. Dabei hatte gerade Papst Franziskus immer wieder betont, dass die Politik nicht zum Diener der Wirtschaft werden dürfe. In seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ schreibt er: Die Politik „darf sich der Wirtschaft nicht unterwerfen“.

Das passt so gar nicht zur Regierung Trumps mit all den libertärem Gedankengut. Franziskus kritisierte die Vorstellung, dass Märkte und Finanzsysteme völlig autonom agieren sollten. Er lehnte „Ideologien, die die absolute Autonomie der Märkte und die Finanzspekulation verteidigen“ entschieden ab. Für ihn ist das gesellschaftliche und wirtschaftliche System an der Wurzel ungerecht, wenn es sich ausschließlich an Marktmechanismen orientiert und das Gemeinwohl vernachlässigt. Die Globalisierung der Märkte sieht er nicht als Naturgesetz, sondern als Ergebnis politischer Entscheidungen und Ideologien.

Papst Franziskus hatte eine kritische, aber differenzierte Haltung zur modernen Wirtschaft und insbesondere zu Unternehmen. Seine Position war geprägt von der katholischen Soziallehre, die eine gerechte Wirtschafts- und Sozialordnung fordert, und von einer klaren Betonung ethischer, sozialer und ökologischer Verantwortung.

Kritik an der Wegwerfgesellschaft

Franziskus kritisierte wiederholt, dass in der heutigen Wirtschaft eine "Kultur des Wegwerfens" vorherrsche, in der besonders die Schwächsten – darunter Arme und Arbeiter – oft ausgeschlossen oder als minderwertig betrachtet werden. Er warnte Unternehmer ausdrücklich davor, eine Meritokratie zu fördern, die den Ausschluss der Armen legitimiert und Armut als persönlichen Fehler betrachtet. Stattdessen forderte er, die Armen aktiv in Unternehmen einzubeziehen und sie als Ressource für das Gemeinwohl zu sehen.

Der Papst betonte, dass Unternehmen und ihre Führungskräfte die Umwelt und die Erde in den Mittelpunkt ihrer Verantwortung stellen müssen. Er sieht die aktuelle Umweltkrise auch als Folge wirtschaftlicher und unternehmerischer Entscheidungen. Franziskus forderte von Unternehmen, über die bloße Einhaltung staatlicher Gesetze hinauszugehen und mutige, innovative Entscheidungen für die Zukunft und das Gemeinwohl zu treffen.

Franziskus hob stets hervor, dass große Unternehmen nicht nur Konsum, Sparen und Produktion bestimmen, sondern auch das Schicksal von Regierungen und die internationale Politik beeinflussen. Er sieht eine enge Verflechtung von wirtschaftlicher und politischer Macht und fordert, dass Unternehmen Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Entscheidungen auf Arbeitnehmer, Investoren und die Gesellschaft insgesamt übernehmen.

Wirtschaft im Dienst des Lebens

Laut Franziskus muss die Wirtschaft im Dienst des Lebens stehen und sich an ethischen Werten sowie sozialer Verantwortung orientieren. Er betonte, dass soziale und ethische Kriterien keine Hemmnisse für wirtschaftliche Kreativität seien, sondern im Gegenteil die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft sichern könnten. Er forderte eine Wirtschaft, die weniger von der Macht des Finanzwesens dominiert wird und stattdessen auf eine ganzheitliche Ökologie und Menschenwürde ausgerichtet ist.

Obwohl Franziskus die negativen Seiten des Kapitalismus kritisierte, betonte er, dass er kein Verfechter einer sozialistischen Wirtschaftsordnung sei. Vielmehr begrüßte er ausdrücklich unternehmerische Initiative, sofern sie mit sozialer Verantwortung einhergeht. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen Korruption, exzessiven Konsum und mangelnde soziale Gerechtigkeit, nicht gegen Unternehmertum an sich.

Franziskus sprach sich für internationale Kontrollstrukturen aus, um sicherzustellen, dass wirtschaftliche Entwicklung allen Menschen zugutekommt. Unternehmen müssten sich an hohen ethischen Standards orientieren, besonders im Umgang mit weniger entwickelten Ländern. Er kritisierte, dass Staaten allein nicht mehr in der Lage seien, die globale Wirtschaft zu steuern, und forderte daher zwischenstaatliche Zusammenarbeit zum Wohl aller Menschen.

Ethische Kriterien bei staatlicher Unterstützung

Konkret forderte Franziskus, dass Unternehmen, die unethisch wirtschaften und nichts für Arme, das Gemeinwohl oder den Umweltschutz beitragen, keine staatlichen Hilfen erhalten sollten. Er sah die Corona-Pandemie als Chance, eine gerechtere und nachhaltigere Wirtschaftsordnung zu schaffen und nicht einfach zur alten "Normalität" zurückzukehren, die soziale Ungerechtigkeit und Umweltzerstörung beinhaltete.

Er sah Unternehmen als wichtige Akteure für gesellschaftlichen Wandel, sofern sie sich am Gemeinwohl, an sozialer Gerechtigkeit und an ökologischer Nachhaltigkeit orientieren. Unternehmertum wurde von ihm ausdrücklich wertgeschätzt, solange es mit Verantwortung und ethischen Prinzipien verbunden ist. Was stark an die Prinzipien des deutschen Mittelstandes erinnert, fasste er mit einem Satz so zusammen: „Ich bewundere Unternehmer, die nicht nur an Gewinne denken.“

Franziskus fordert zwischenstaatliche Strukturen zur Kontrolle und Lenkung der Wirtschaft, da das Gemeinwohl seiner Meinung nach nicht mehr allein von einzelnen Staaten gewährleistet werden kann. Internationale Organisationen sollen das Recht aller Menschen auf Teilhabe an wirtschaftlicher Entwicklung sicherstellen und legitime Unterschiede berücksichtigen.

Überwindung der Dichotomie zwischen Wirtschaft und Gemeinwohl

Für Franziskus darf es keine Trennung zwischen Wirtschaft und Gemeinwohl geben. Die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die Wirtschaft dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Er forderte eine „Kultur des Teilens“ und eine Wirtschaft, die sozial, ökologisch und ethisch verantwortungsvoll handelt.

Papst Franziskus sprach sich für eine soziale Marktwirtschaft aus, die das Soziale immer im Blick behält und niemanden zurücklässt. Die Wirtschaft müsse eine dienende Funktion für die Gesellschaft haben und dürfe nicht zur Tyrannei werden, in der Mensch und Umwelt den Interessen des Marktes ausgeliefert sind.

Was so selbstverständlich klingt, ist inzwischen ein Traum: Papst Franziskus forderte eine klare Trennung und zugleich ein konstruktives Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik. Die Politik muss das Primat behalten, Rahmen setzen und das Gemeinwohl sichern, während die Wirtschaft sich an sozialen und ethischen Prinzipien orientieren soll. Absolute Markt-Autonomie lehnt er ab; stattdessen plädiert er für eine demokratisch und international kontrollierte, gemeinwohlorientierte Wirtschaftsordnung.