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Politik > Energiepolitik: Stromsteuer

Koalition stoppt geplante Stromsteuer-Senkung für Privathaushalte

Union und SPD einigen sich auf Entlastung nur für Industrie und Landwirtschaft. Wirtschaftsverbände kritisieren Vertrauensbruch. Weitere Schritte bei besserer Haushaltslage möglich.

Die Koalition aus CDU/CSU und SPD stoppt die im Koalitionsvertrag versprochene Stromsteuer-Senkung für Privathaushalte. Die Entscheidung sorgt für scharfe Kritik – auch aus den eigenen Parteien (Foto: picture alliance)

3.7.2025 - Markt und Mittelstand:

Nach sechsstündigen Verhandlungen im Koalitionsausschuss ist klar: Die Stromsteuer wird vorerst nicht für Privathaushalte gesenkt. Die ursprünglich im Koalitionsvertrag vereinbarte Entlastung „für alle“ bleibt damit Makulatur. Stattdessen sollen nur das produzierende Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft entlastet werden.

Koalitionsstreit um Stromsteuer-Entlastung

Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, die Stromsteuer möglichst schnell "für alle" zu senken. Vergangene Woche beschloss die Bundesregierung jedoch, die Entlastung zunächst auf bestimmte Wirtschaftssektoren zu beschränken. Dies führte zu einem internen Streit, bei dem sich vor allem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, Unions-Fraktionschef Jens Spahn sowie die Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) und Markus Söder (CSU) für eine umfassendere Entlastung einsetzten.

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verteidigten die Entscheidung mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage nach drei Jahren Rezession. 

Söders Klartext: „Ich habe es nicht gewusst“

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte noch am Vorabend der Entscheidung in der ARD-Sendung Maischberger erklärt: „Wenn wir mehr tun können für die privaten Haushalte, dann werden wir das tun.“ Nun steht er mit leeren Händen da – ein Vorgehen, das innerhalb der Union für erheblichen Unmut sorgte.

CSU-Chef Markus Söder zeigte sich nach dem Koalitionsausschuss irritiert. Gegenüber WELT-TV sagte er: „Ich habe es nicht gewusst… Sauer bin ich nicht, aber ich hoffe, dass wir das ändern.“ Und weiter: „Es tut der Regierung gut, wenn sie auch die Dinge umsetzt, die sie ankündigt.“

Wirtschaftsverbände warnen vor Vertrauensverlust

Die Entscheidung der Koalition stößt auf massive Kritik aus der Wirtschaft. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) spricht von einem „Vertrauensbruch“. Präsident Jörg Dittrich betont: „Viele Handwerksbetriebe haben unternehmerische Entscheidungen auf Basis der Ankündigungen getroffen.“

Auch der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) zeigt sich enttäuscht. BGA-Präsident Dirk Jandura kritisiert: „Alle nicht-industriellen Branchen bleiben außen vor – obwohl gerade im Großhandel mit Kühllogistik Strom ein entscheidender Kostenfaktor ist.“

Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), wird noch deutlicher: „Das ist ein Dokument der Realitätsverweigerung. Die ausbleibende Entlastung für private Haushalte ist ein fatales Signal.“

Verteidigung und Ausblick der Koalition

Finanzminister Klingbeil verteidigte die Entscheidung mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage. Die geplante Senkung auf das EU-Mindestmaß hätte laut Bundesfinanzministerium 5,4 Milliarden Euro gekostet – Geld, das derzeit nicht zur Verfügung steht. Vor allem die stark gestiegenen Sozialausgaben, insbesondere durch das Bürgergeld, engen die Spielräume ein.

Im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses heißt es zurückhaltend: „Weitere Entlastungsschritte – insbesondere eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucherinnen und Verbraucher – sollen folgen, sobald finanzielle Spielräume bestehen.“ Kritiker sprechen von einem Vertagen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.

Unions-Fraktionschef Jens Spahn verwies auf bereits beschlossene Entlastungen für private Haushalte zum 1. Januar 2026 durch die Senkung der Strom-Netzentgelte und die Abschaffung der Gasspeicherumlage. Eine vierköpfige Familie könne dadurch bis zu 150 Euro im Jahr sparen.

Das Ergebnispapier des Koalitionsausschusses sieht zudem vor, dass weitere Entlastungen für Verbraucher folgen sollen, "sobald hierfür finanzielle Spielräume" bestehen. Dies könnte der Fall sein, wenn die Wirtschaft anspringt und Mehreinnahmen durch Wachstum generiert werden.

Regierung verweist auf andere Entlastungen - z.B. die Aktivrente

Die Regierung bemüht sich um Schadensbegrenzung. Unions-Fraktionschef Jens Spahn verwies im ARD-Morgenmagazin auf bereits beschlossene Maßnahmen: die Abschaffung der Gasspeicherumlage und die Teilübernahme der Strom-Netzentgelte. Diese sollen ab 1. Januar 2026 greifen und eine vierköpfige Familie um bis zu 150 Euro jährlich entlasten.

Einziger konkreter Erfolg für die CSU ist der Durchbruch bei der Mütterrente III. Diese soll nun bereits zum 1. Januar 2027 in Kraft treten – früher als ursprünglich geplant. Sollte die technische Umsetzung bis dahin nicht erfolgen, wird sie rückwirkend ausgezahlt, heißt es im Ergebnispapier.

Im Detail sieht die Reform eine Verlängerung der anerkannten Erziehungszeit für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, um weitere sechs Monate auf insgesamt drei Jahre vor. Die Finanzierung soll aus Steuermitteln erfolgen.

Zusätzlich wurden beim Rentenpaket folgende Punkte beschlossen:

  • Haltelinie beim Rentenniveau von 48 Prozent wird beibehalten

  • Einführung einer Aktivrente

  • Betriebsrentenstärkungsgesetz tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft

Fakten in Kürze: Was ist passiert?

  • Datum: 2. Juli 2025
  • Entscheidung: keine Stromsteuer-Senkung für private Haushalte – trotz Vereinbarung im Koalitionsvertrag.

  • Entscheidungsträger: Koalitionsausschuss (CDU/CSU und SPD)

  • Begründung: Haushaltszwänge

  • Recherischer Aufwand: ca. 5,4 Mrd €/Jahr für Privathaushalte

  • Alternative Entlastungen: Gasspeicherumlage, Netzentgelte, Übertragungsentgelte, Mütterrente, Aktivrente etc. 

  • Ausblick: mögliche Prüfung bei Haushaltsspielräumen, momentan nur Industrieentlastung

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