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Politik > USA: Trumps Megagesetz

Trumps "Big Beautiful Bill": Warum Amerikas Megagesetz die Weltwirtschaft nervös macht

Trump will mit einem gigantischen Gesetzespaket Steuern senken, Militärausgaben erhöhen – und riskiert dabei ein Schuldenbeben in den USA.

Trumps neues Gesetz soll Steuern senken, Sozialausgaben kürzen und Rüstung ausbauen. Doch Experten warnen: Die Welt schaut mit Sorge auf Washington. (Foto: picture alliance)

Das steckt in Trumps Big Beautiful Bill

3.7.2025 - Markt und Mittelstand. Ein XXL-Gesetz mit XXL-Risiken: Mit dem knappen Votum im Senat hat Donald Trump eine entscheidende Etappe für sein politisch wie wirtschaftlich ambitioniertes Reformwerk genommen. Das Gesetz mit dem provokanten Namen "The One Big Beautiful Bill" führt nicht nur zentrale Elemente seiner ersten Amtszeit fort, sondern definiert seine zweite präsidiale Agenda: mehr Marktwirtschaft, weniger Staat – und das mit weitreichenden Konsequenzen.

Die über 900 Seiten starke Vorlage wurde nach intensiven Verhandlungen mit exakt der nötigen Mehrheit von 50 zu 50 Stimmen durch den Senat gebracht, wobei Vizepräsident J.D. Vance mit seiner Stimme für das Patt den Ausschlag gab. Nun muss das Repräsentantenhaus erneut über die modifizierte Version entscheiden. Ziel ist es, das Gesetz bis zum Unabhängigkeitstag in Kraft zu setzen – als symbolisches Signal an die Nation.

Was ist Trumps neues Megagesetz?

Es handelt sich um ein mehrere hundert Seiten starkes Paket, das die vollständige wirtschaftliche Agenda Trumps in ein einziges Gesetz gießt. Es verfolgt eine klare Linie: wirtschaftliche Deregulierung, steuerliche Entlastung vor allem für Unternehmen und Gutverdiener sowie eine Umverteilung der Staatsausgaben hin zu Verteidigung und Sicherheit, die durch Sozialkürzungen und eine massive Neuverschuldung finanziert wird. Gleichzeitig sieht das Gesetz die Rücknahme zentraler grüner Förderprogramme aus der Ära von Präsident Joe Biden vor.

Dauerhafte Steuererleichterung – vor allem für Reiche

Kern des Pakets ist die Verlängerung und teilweise Erweiterung der im Jahr 2017 beschlossenen Steuererleichterungen, von denen einige damals zeitlich befristet waren. Diese sollen nun dauerhaft gelten. Experten wie der Harvard-Ökonom und frühere IWF-Chefvolkswirt Kenneth Rogoff warnen jedoch: Der fiskalische Spielraum schrumpft, während die Umverteilung zugunsten der Oberschicht zementiert wird. Zusätzlich sollen Überstunden und Trinkgelder bis zu einem gewissen Betrag steuerfrei bleiben, was zwar populär, fiskalisch jedoch nur ein marginaler Schritt ist.

Sparen bei den Schwächsten

Die Kehrseite: Programme wie Medicaid sollen strenger reguliert, Leistungen gekürzt, Zugangshürden erhöht werden. Laut Congressional Budget Office (CBO) könnten bis 2034 rund 12 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren. Auch SNAP, das Lebensmittelmarken-Programm, wird eingeschränkt. Die finanzielle Verantwortung wird verstärkt auf die Bundesstaaten übertragen – eine Dezentralisierung mit sozialpolitischer Sprengkraft.

Massive Ausgaben für Militär und Grenzsicherung

Gleichzeitig steigen andere Ausgaben rapide: Über 150 Milliarden Dollar sollen in Verteidigung fließen – unter anderem in Trumps geplantes Raketenabwehrsystem „Golden Dome“. Für den Grenzschutz sind weitere 150 Milliarden Dollar eingeplant, inklusive neuer Haftkapazitäten für Migranten.

Ein PR-Coup: Neugeborene sollen automatisch ein staatlich gefördertes Aktiendepot erhalten – die „Trump Accounts“ mit einem Startguthaben von 1.000 Dollar.

Kritik

Das Congressional Budget Office warnt: Die Reform könnte das Defizit um mehr als 3,3 Billionen Dollar bis 2034 ausweiten. Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff spricht von einer „Schuldenorgie und warnt vor dem Verlust internationalen Vertrauens. Auch die Märkte zeigen bereits Reaktionen: Der Dollar verliert, die Kapitalmarktzinsen steigen – ein klassisches Frühwarnzeichen.

Besonders brisant: Die Kosten für Kreditabsicherungen gegen einen US-Zahlungsausfall (CDS) sind auf das Niveau Griechenlands gestiegen – ein alarmierendes Signal für Investoren weltweit.

Nicht einmal innerhalb der Republikanischen Partei ist das Gesetz unumstritten. Während fiskalkonservative Abgeordnete tiefere Einschnitte fordern, warnen moderatere Stimmen vor sozialen Verwerfungen. Die Abstimmung im Repräsentantenhaus dürfte daher erneut knapp ausfallen.

Eine prominente Stimme der Kritik: Elon Musk. Der Tesla-Chef, einstiger Trump-Unterstützer, sieht in der "Big Beautiful Bill" einen Frontalangriff auf Elektromobilität und Innovationskraft. Der Streit ist eskaliert: Trump droht mit dem Entzug staatlicher Aufträge, Musk mit der Unterstützung oppositioneller Kandidaten und mit dem politischen Gegenschlag. Trump kontert – auch mit Abschiebefantasien Richtung Südafrika.

KI, Kohle und der Zukunftspfad

Ein besonders umstrittenes Element war ein temporäres Verbot für bundesstaatliche KI-Regulierung, das letztlich aber wieder gestrichen wurde. Damit zeigt sich, wie breit das Gesetz angelegt war. Während Steueranreize für grüne Technologien gestrichen werden, profitiert die Kohleindustrie – ein Rückfall in energiepolitische Konzepte des 20. Jahrhunderts.

 

Was bedeutet das für die Welt?

Trumps Gesetzespaket ist ein massives Machtinstrument – inhaltlich, fiskalisch und symbolisch. Es ist ein riskanter Kraftakt, der wirtschaftspolitische Paradigmen verschiebt und das Gleichgewicht zwischen Wachstum, Gerechtigkeit und Stabilität neu verhandelt. 

Die Schuldenquote der USA liegt bereits bei über 120 Prozent des BIP und könnte in den nächsten Jahren weiter steigen. Sollte das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der USA sinken, könnte das eine globale Finanzkrise auslösen. Der „Liz-Truss-Moment“ – benannt nach der britischen Premierministerin, die mit einem unausgereiften Haushaltsplan einen Marktcrash auslöste – ist in Washington längst keine Fiktion mehr.

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