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Politik > Beruhigung an den Märkten

Zollpause im Handelskonflikt: Trump konzentriert Wirtschaftskrieg auf China

Der US-Präsident reicht Teilen der Welt die Hand im Handelskrieg. Die EU setzt die geplanten Gegenzölle aus, während Trump die Zölle gegen China erhöht und globale Lieferketten unter Druck geraten. Wie geht es weiter?

(Foto: picture alliance)

US-Präsident Donald Trump hat überraschend eine 90-tägige Pause bei den pauschalen Zöllen gegen rund 60 Länder eingelegt und senkt diese auf 10 Prozent. Gleichzeitig verschärft er den Handelskrieg mit China durch eine Erhöhung der Zölle auf 125 Prozent. Die EU reagierte prompt und setzte ihre am Mittwoch beschlossenen Gegenzölle für 90 Tage aus, um "Verhandlungen eine Chance zu geben", wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitteilte.

Die Finanzmärkte reagierten mit Erleichterung auf Trumps teilweisen Rückzieher. Der deutsche Leitindex DAX schloss mit einem Plus von 4,5 Prozent. Allerdings büßten die US-Aktienmärkte ihre Gewinne vom Vortag teilweise wieder ein – der Dow-Jones-Index verlor zeitweise fünf Prozent.

Zollpause mit Einschränkungen

Die von Trump ausgerufene Zollpause gilt nicht für alle Handelsbeschränkungen. Die im März verhängten Zölle von 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos bleiben bestehen. Genau gegen diese Zölle hatte die EU ihr erstes Paket an Gegenzöllen gerichtet, das US-Importe im Wert von 21 Milliarden Euro treffen sollte.

Von der Leyen bezeichnete die Zollpause als "wichtigen Schritt, um die Weltwirtschaft zu stabilisieren". Sie betonte: "Klare, vorhersehbare Bedingungen sind von elementarer Bedeutung, damit Handel und Lieferketten funktionieren." Die EU-Kommissionspräsidentin bekräftigte ihre Bereitschaft zu konstruktiven Verhandlungen und erinnerte an ihr Angebot eines "Null-für-null-Zollabkommens" für Industriegüter und Autos, das Trump bisher als "nicht ausreichend" abgelehnt hatte.

Trotz der Zollpause bereitet die EU weitere Maßnahmen vor, falls die Verhandlungen scheitern sollten. Konkrete Gespräche auf höchster Ebene gibt es derzeit nicht, doch EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič telefonierte bereits mit US-Handelsminister Howard Lutnick.

China im Fokus des Handelskriegs

Während Trump gegenüber den meisten Handelspartnern einlenkt, verschärft er den Konflikt mit China drastisch. Die Zusatzzölle auf chinesische Einfuhren erhöhte er auf 125 Prozent – eine geringere Steigerung als die vorherigen 50 Prozentpunkte, aber dennoch eine massive Belastung für den bilateralen Handel.

Anders als bei früheren Zollerhöhungen reagierte China bisher nicht mit direkten Gegenzöllen. Stattdessen veröffentlichte Peking eine Reisewarnung für die USA und kündigte an, den Import von Hollywoodfilmen zu reduzieren. "Wir hoffen, dass die USA China auf halbem Wege entgegenkommen", erklärte eine Sprecherin des chinesischen Handelsministeriums, fügte jedoch hinzu, dass China "bis zum Ende kämpfen" werde, sollte kein Kompromiss gefunden werden.

Die Eskalation zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt könnte weitreichende Folgen haben. Ngozi Okonjo-Iweala, Chefin der Welthandelsorganisation WTO, warnte, dass der Warenhandel zwischen den USA und China um bis zu 80 Prozent zurückgehen könnte. "Eine Aufteilung der Weltwirtschaft in zwei Blöcke könnte langfristig zu einem Rückgang des globalen realen BIP um fast 7 Prozent führen", so Okonjo-Iweala.

Faktenbox: Der US-China-Handelskonflikt

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat sich unter Trump dramatisch verschärft. Die aktuellen Entwicklungen zeigen die wirtschaftliche Verflechtung und die Risiken einer Entkopplung.

  • Der bilaterale Handel zwischen den USA und China beträgt fast 700 Milliarden Dollar jährlich und macht etwa 3 Prozent des globalen Handels aus. China ist mit Abstand der größte Exporteur der Welt, die USA der größte Importeur.
  • China lieferte 2023 Waren im Wert von rund 440 Milliarden Dollar in die USA – dreimal mehr als die USA nach China exportierten. Elektronikprodukte (25 Prozent) und Maschinen (16 Prozent) dominieren Chinas Exporte in die USA, während die USA hauptsächlich Sojabohnen (9 Prozent), Mineralölprodukte (14 Prozent) und Maschinen (12 Prozent) nach China liefern.
  • Nach China ist mit knapp 27 Milliarden Dollar Überschuss der wichtigste Exportmarkt für US-Dienstleistungen. Jedes siebte Produkt, das China weltweit exportiert, geht in die USA.

Kurzer Blick auf die Geschichte des Zollkonflikts

Der aktuelle Zollkonflikt zwischen den USA, der EU und China reiht sich in eine lange Historie handelspolitischer Auseinandersetzungen ein. Ökonomen vergleichen Trumps protektionistische Maßnahmen mit dem Smoot-Hawley-Gesetz von 1930, das die Zölle auf über 20.000 importierte Waren drastisch erhöhte und als mitverantwortlich für die Verschärfung der Weltwirtschaftskrise gilt.

Historisch betrachtet führten Handelskriege selten zu den gewünschten wirtschaftlichen Vorteilen für die initiierenden Länder. In den 1980er Jahren versuchten die USA bereits, Japan durch Zölle zu einer Änderung seiner Handelspolitik zu bewegen – mit begrenztem Erfolg und erheblichen Kosten für amerikanische Verbraucher. Die Parallelen zur heutigen Situation mit China sind auffällig: Auch damals ging es um Handelsungleichgewichte und den Schutz heimischer Industrien.

Die Lehre aus der Geschichte zeigt, dass Handelskonflikte typischerweise in Eskalationsspiralen münden, die allen Beteiligten schaden. Der Ausweg lag meist in multilateralen Verhandlungen und Kompromissen – eine Erkenntnis, die zur Gründung des GATT und später der WTO führte. Die aktuelle 90-Tage-Pause könnte ein erster Schritt zur Deeskalation sein, wenn sie für substantielle Verhandlungen genutzt wird.

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