Die besten Arbeitgeber im Mittelstand 2025
Top-Arbeitgeber punkten nicht nur mit Geld, sondern mit echter Wertschätzung. Wie kleine Firmen es schaffen, Talente zu begeistern und Teams langfristig zu binden.

Helden der Arbeitgeber
Ein gutes Umfeld für Beschäftigte zu bieten, ist keine Frage der Größe oder des Geldes. Und man muss auch nicht jeden Wunsch erfüllen. Es kommt auf anderes an.
Von Thorsten Giersch
Cola bei der Arbeit? Nein, so weit geht die Flexibilität dann doch nicht. Bei Almdudler favorisieren sie neben Wasser gern die eigenen Produkte – egal ob am heimischen Standort in Wien oder bei der Deutschland-Dependance in Köln.
„Bei Cola wird’s kritisch“, sagt Sabine Ruso augenzwinkernd, die für Personalthemen zuständig ist. Um gleich ernst zu werden bei der Antwort auf die Frage, warum die Deutschland-Tochter des österreichischen Unternehmens weit oben steht im Ranking „Beste Arbeitgeber 2025“ in der Kategorie bis 50 Beschäftigte.
„Wir achten darauf, wirklich faire Arbeitsbedingungen zu schaffen, maßgeschneidert auf die unterschiedlichen Teams und ihre Bedürfnisse“, erklärt Ruso. Wer im Außendienst tätig sei, brauche andere Dinge als jemand, der tagtäglich in ein Büro gehe. Gemeint sind zusätzliche Vorteile neben dem Gehalt – bis hin zu bestimmten Arbeitszeitmodellen.
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Wie ein KMU mit Großen als Top-Arbeitgeber mithalten kann
„Es soll spürbar machen, dass wir ein Familienunternehmen sind, Rücksicht nehmen und sehr gern auch die private Situation berücksichtigen“, erklärt Ruso. Ähnliches hört man in vielen Unternehmen, aber Almdudler hat sich bereit erklärt, das alles von den Beschäftigten messen und bewerten zu lassen – und landete mit seinen Ergebnissen eben weit vorne im gesamtdeutschen Vergleich.
Ein großes Problem bei kleinen Unternehmen ist, Wertschätzung für die Mitarbeiter genauso auszudrücken, wie große Konzerne es können: durch hohe Gehälter und regelmäßige Beförderungen. „Wir sind ein kleines Unternehmen, wir brauchen am Ende nicht zwanzig Geschäftsführer“, erklärt Ruso. Die Personalchefin steckt Geld in den Bereich, der Beschäftigte am nachhaltigsten glücklich macht: Weiterbildung. „Wir investieren in Expertise, jeder und jede soll einen Schritt weiterkommen. Das ist das, was wir aus den Mitarbeitenden herauskitzeln wollen.“ Dass es nicht viele Hierarchieebenen gibt bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), ist aus ihrer Sicht nicht per se ein Nachteil. Bewerberinnen und Bewerber wissen das auch. Umso wichtiger sei aber, dass kleine Unternehmen „Wissen weitergeben“, wie Ruso es nennt.
Wilde Konstellationen
Man bekommt Einblicke in praktisch alle Bereiche des Unternehmens, platt gesagt die Breite, während Konzerne Spezialisten produzieren. Jeder und jede bei Almdudler müsse unternehmerisch denken, sagt Ruso. So würden Karrieren entstehen, die von der einen Abteilung in eine komplett andere führten. „Über den Tellerrand hinaus denken“, ist hier das Motto. Beschäftigte entdecken Dinge, mit denen sie bisher keine Berührung hatten, die ihnen aber Spaß machen. Gelernte Marketer wechseln ins Controlling, Vertriebler gehen zu People and Culture. „Da gab es schon die wildesten Konstellationen“, sagt Ruso. „Aber am Ende des Tages ist es dann immer eine Bereicherung nicht nur für die Mitarbeitenden, sondern auch für uns.“
Auch beim Gehalt könne man keine Unsummen zahlen, wie es in einigen Konzernen der Fall sei. „Aber wir haben ein Gesamtpaket mit allem, was dazugehört, inklusive vieler Benefits“, erklärt Thomas Horak, Geschäftsführer Almdudler Deutschland. „Worin wir mehr investieren, als es ein kühl rechnender Konzern machen würde, ist in die Zeit, die Mitarbeiter zusammen verbringen.“ Soll heißen: Die Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland sind regelmäßig in Wien in der sogenannten Almhütte oben im Firmengebäude. Man schaue da „ein bisschen weniger auf die Reisekosten“, sondern wolle die Kommunikation stärken.
Was den internen Zusammenhalt genauso stärke, wie es Talente anziehe, ist Horak zufolge die Marke. „Wir bringen eine Love Brand mit, für die unsere Mitarbeiter brennen. Wir wollen dieses Familiendasein und die authentische Markengeschichte unseres Familienunternehmens spürbar machen. Die Mitarbeiter fühlen sich wohl bei uns, sie brennen für die Marke“, sagte Horak. Wie nah die Getränkeindustrie an der Unterhaltungsbranche ist, kennt man von einem anderen österreichischen Unternehmen. Aber Almdudler sei mit ganz anderen Werten verbunden – sozusagen Urlaub in Österreich in Flaschen. „Almdudler wird mit einer schönen Zeit in den Bergen verbunden, beim Skifahren, beim Wandern, mit der Familie“, sagt Horak. „Und diese Marke zu verkaufen, macht vielleicht ein wenig mehr Spaß als das eine oder andere Produkt.“
Nun führt ein Produkt mit positivem Wert nicht automatisch dazu, dass die Marke auch als Arbeitgeber hochgeachtet ist. Da gibt es verschiedene Gegenbeispiele. „Ein Selbstläufer ist das nicht, wir arbeiten sehr intensiv auch an einer guten Arbeitgebermarke und versuchen uns da wirklich auch gut zu präsentieren“, erklärt der Deutschland-Geschäftsführer. „Wir begleiten Menschen, die sich bei uns bewerben, schon im Recruiting-Prozess sehr persönlich und sagen klar, was wir bieten können, aber eben auch, was wir nicht bieten können.“
Horak kennt die Diskussion rund um New Work, also dass Flexibilität und viele andere Vorteile in Widerspruch stehen zur Performance. Er sieht das Spannungsfeld nur bedingt. „Bei einer guten Feedback-Kultur geht das Hand in Hand mit Leistung. Wir geben viel Vertrauen gerade bei der ortsunabhängigen Arbeit, aber eben mit ganz viel Digitalisierung.“ Für ihn gehören gewisse Freiheiten und Transparenz über geleistete Ergebnisse eng verknüpft. Der Vertrieb arbeitet mit einem CRM und die gesamte Arbeitsweise ist geprägt von digitalen Tools. Das Unternehmen lebt die Kultur der Transparenz. Jeder Mitarbeitende habe eine Zielvereinbarung und könne „jederzeit einsehen, wo man da gerade steht“. Auch der Bereich „People and Culture“, wie die Personalabteilung offiziell heißt, arbeite intensiv mit digitalen Tools, was Beschäftigte aus doppeltem Grund zu schätzen wissen. Erstens erspart es auch ihnen Zeit, zum Beispiel bei Reisekosten, Lohnverrechnung oder Zeiterfassung. Zweitens haben die Personaler mehr Zeit für das Menschliche. Denn bei all den kleinen und großen Maßnahmen stehe eines über allem, sagt Personalchefin Ruso. „Das Wichtigste ist dann doch, auf die Mitarbeitenden zu hören: Was wollen die überhaupt?“
Mitarbeiter befragen
Jemand, der die Befragung von Beschäftigten in Unternehmen jeder Größe zu seiner Profession gemacht hat, ist Anders Schubert. Der Co-Geschäftsführer der Beratung Great Place to Work Deutschland ermittelt Jahr für Jahr durch die Analysen solcher Mitarbeiterbefragungen, wer Deutschlands beste Arbeitgeber sind. Aus seiner Sicht können KMU – auf ihre jeweilige Art – genauso attraktiv für Talente sein wie Konzerne. „Unternehmen aus allen Branchen und jeder Größe können exzellente Arbeitgeber sein, auch weil es keine Rocket Science ist, das auf den Weg zu bringen“, sagt Schubert. Die Grundregel laute: Im Dialog Menschen befragen, was sie für exzellente Arbeit brauchten und sich dann von dem leiten lassen, was an Feedback komme. „Kleine Betriebe sind absolut konkurrenzfähig. Wenn nur das Geld die entscheidende Rolle spielen würde, wäre es schwieriger. Aber unter den 60 Kriterien kommt das Gehalt gerade mal im unteren Drittel an Relevanz, da haben die Unternehmen viel Gestaltungsfreiheit in den oberen zwei Dritteln.“
Nicht das große Pampern
Kultur klingt nach einem soften Thema, aber es ist eine harte Währung. „Es geht um Erfolgskulturen, nicht um Kuschelkulturen“, sagt Schubert. „Beim Thema Arbeitgeberattraktivität geht es nicht um das große Pampern. Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Menschen exzellente Arbeit leisten können.“ Flexibilität sei weiterhin ein wichtiges Thema für viele. „Zur Frage des Arbeitsortes: Wir messen die Kultur in verschiedenen Arbeitsbedingungen. Auch Beschäftigte, die ihre Mittagspause im Bauwagen haben und nicht im Top-Büro, geben uns das Feedback, dass sie ihr Unternehmen als einen tollen Arbeitgeber erleben. Egal ob im Hochglanzbüro oder im Wald: Überall kann man ein exzellenter Arbeitgeber sein. Die Kultur ist entscheidend.“
Schubert betont, wie wichtig regelmäßige Befragungen der Beschäftigten sind, gibt aber zu, dass im Sinne der Transparenz entscheidend ist, auch kritische Ergebnisse zu veröffentlichen. „Wenn man sich Feedback holt, muss es der Arbeitgeber auch zurückspielen und transparent machen, was sie und Führungskräfte daraus lernen und ableiten.“ Wobei die meisten Beschäftigten gar nicht fordern, dass sich alles sofort ändert. Zudem helfen Mitarbeiterbefragungen stark beim Priorisieren der Maßnahmen. Die meisten wissen, dass ein Betrieb gerader kleinerer Größe nicht alles gleichzeitig angehen kann. Die Befragung hilft, ein gemeinsames Bild darüber zu bekommen, was die wichtigsten Handlungsfelder sind.
Schubert erklärt, wie wichtig das Verhalten der Führungskräfte ist und dass hier so manches im Argen liegt. Aber die allgemeinen Sprüche und Zaubertricks greifen oft zu kurz. „Ich empfehle Führungskräften, die Menschen zu fragen, was sie an Führung brauchen. Und dann individuell darauf einzugehen.“ Leadership auf Augenhöhe bedeute weder, allen alles recht machen zu wollen, noch, überall ein Vordenker zu sein, der oder die alles besser weiß.
Das Gehalt wird Schubert zufolge bei der Frage, ob ein Betrieb als guter oder weniger guter Arbeitgeber durchgeht, häufig überschätzt. Prinzipien der Fairness bei der Vergütung seien sehr wichtig. „Eine hohe Vergütung führt ja auch schnell in eine Saturierung. Auch eine positive Erfahrung wirkt nur kurzfristig.“ Andere Bedingungen seien auf lange Sicht bedeutender –Vertrauen zum Beispiel. „Vertraue ich darin, dass mein Arbeitgeber eine Zukunft hat? Vertraue ich in die Qualität? Vertraue ich in die Kompetenz des Managements? Das sind wichtige Sicherheitsaspekte.“
Dazu kommt die Arbeitsplatzsicherheit als eine subjektive und von der persönlichen Biografie abhängige Größe. Es gibt Menschen mit einer hohen Flexibilität, weil sie wissen, dass sie schnell etwas Neues finden, wenn sie aufhören. Dieses Gefühl sinkt vor allem in kriselnden Branchen wie heute stark. „In der Vergangenheit war das Thema Arbeitsplatzsicherheit nicht das Topthema, das ändert sich gerade wieder“, beobachtet Schubert.
Kultur der Sicherheit
Bei Arbeitszeitverkürzung macht er eine klare Beobachtung: „Das funktioniert überhaupt nicht, wenn die Mitarbeitenden nicht selbst Vorschläge machen, wie sie die Effizienz ihrer Arbeit erhöhen.“ Das könne man nicht von außen entscheiden, sondern es brauche den gemeinsamen Willen, diese Effizienz zu identifizieren, durch Automatisierung oder andere Maßnahmen. Aber: „Man muss aufpassen, dass nicht jeglicher Puffer verloren geht.“ Die Arbeitszeit zu verkürzen, wünschen sich Beschäftigte in der Regel nicht, um für einen Halbmarathon zu trainieren, sondern weil sie sich um Kinder oder Pflegebedürftige kümmern müssen. Die Hauptlast dabei tragen Frauen.
Roman Gaida hat sich selbst bewiesen, dass eine erfolgreiche Karriere und eine aktive Rolle in der Familie vereinbar sein können. In seinem Buch „Working Dad“ berichtet er über seine Erkenntnisse und zeigt, dass es möglich ist, berufliche Verantwortung zu übernehmen, ohne dabei die Familie aus den Augen zu verlieren. „Wir brauchen Arbeitgeber, die eine Kultur der psychologischen Sicherheit fördern und einen offenen Dialog über diese Themen ermöglichen“, sagt Gaida, der bei Bürkert Fluid Control Systems im baden-württembergischen Ingelfingen das globale Vertriebs- und Marketinggeschäft verantwortet. Damit meint er, dass es selbstverständlich sein sollte, wenn Mütter oder Väter sich für ihre Familie Zeit nehmen, ohne sich rechtfertigen oder Ausreden finden zu müssen. „In vielen Unternehmen geschieht das bisher informell, aber es wäre wünschenswert, dass Eltern offen mit ihren Vorgesetzten darüber sprechen können.“ Dies würde nicht nur das Arbeitsklima verbessern, sondern auch den Druck reduzieren, der durch wirtschaftliche Herausforderungen und globale Veränderungen ohnehin hoch sei, sagt Gaida. „Zusätzlicher Stress entsteht, wenn Mitarbeitende Sorge haben, ihre familiären Verpflichtungen anzusprechen.“
Wichtiger als organisatorische oder administrative Unterstützungen wie Betriebskindergärten ist für den Manager die Unternehmenskultur. „Es geht darum, Walk the Talk wirklich zu leben. Also, dass jede Führungskraft aktiv signalisiert, dass sie Mütter und Väter unterstützt und dass Elternzeit oder Teilzeit nicht als Karrierenachteil gesehen werden.“ Als Beispiel nennt er Investmentbanken in den USA, die zwar Betriebskindergärten anbieten, diese aber eher dazu dienen, dass Mitarbeitende lange Arbeitszeiten abdecken können. Er verweist auf die häufige Diskrepanz zwischen offiziell angebotenen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und deren tatsächlicher Nutzung. „Viele Unternehmen werben mit umfassenden Angeboten, doch wenn die Unternehmenskultur es nicht wirklich unterstützt, werden sie kaum genutzt.“
Mit Blick auf seine langjährige Erfahrung bei einem japanischen Konzern zieht Gaida einen Vergleich mit Japan. Dort existieren zwar Regelungen zur Elternzeit, „aber sie werden kaum in Anspruch genommen, weil es gesellschaftlich nicht verankert ist.“ Sein Fazit nach zahlreichen Gesprächen zu diesem Thema: „Unterstützende Maßnahmen in Unternehmen entfalten nur dann ihre Wirkung, wenn sie von Führungskräften aktiv vorgelebt werden.“ Deshalb widmet er in seinem Buch ein eigenes Kapitel der Wahl des passenden Arbeitgebers. „Es kommt auf die feinen Nuancen an, die darüber entscheiden, ob man langfristig zufrieden ist oder ob die Realität im Unternehmen nicht den Erwartungen entspricht.“
Bei Almdudler, insgesamt 90 Mitarbeiter, 25 davon in Deutschland, gehört zur DNA des Unternehmens eben auch das grenzüberschreitende Denken. Die Zusammenarbeit zwischen den Österreichern und den „Piefkes“ aus Deutschland falle leicht: „Die sprachlichen Barrieren versuchen wir bei jedem Teambuilding wieder wegzubringen“, erklärt Personalchefin Sabine Ruso schmunzelnd. „Wir sind eigentlich dann doch sehr nahe.“