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Verkaufen prickelt – immer aufs Neue

Mit Talent und viel Spielraum für die Mitarbeiter hat Reinhold Würth den gleichnamigen Händler wachsen lassen und immer wieder angepasst.

Reinhold Würth
Leistung zählt: Reinhold Würth formte den größten Schrauben- und Werkzeughändler Europas. Das erfordert stetigen Wandel. Bild: Würth; Frank Blümler

Am Anfang steht ein Lager voller Schrauben: Reinhold Würth ist erst 19 Jahre alt, als sein Vater Adolf 1954 plötzlich stirbt und ihn mit einem kleinen Handelsbetrieb zurücklässt. Der junge Mann kennt das Geschäft: Er hat in dem Betrieb im baden-württembergischen Künzelsau eine „beinharte Lehre“ absolviert. „Da gab es auch mal was hinter die Löffel, wenn ihm was nicht passte“, erinnert sich Würth an die Zeit mit seinem Vater.

Reinhold Würth ist ein begnadeter Verkäufer. Und über die Jahrzehnte entwickelt er den Betrieb zum größten Schauben- und Werkzeughändler Europas. Die Region Hohenlohe im Nordosten gilt lange als Armenhaus Baden-Württembergs. Das Leben ist hart und die Verhältnisse sehr einfach. Würth findet hier Anfang der Fünfziger schnell viele Mitarbeiter, die bereit sind, Schrauben, Nägel, Bohrer und Werkzeug für das aufstrebende Handelsgeschäft zu verkaufen. Aus der Bindung zur Heimat in der Provinz schöpfen er und seine Belegschaft besondere Kontinuität und Stärke. Das Geschäft wächst schnell, denn der Bedarf ist in den Jahren des Wiederaufbaus und des daraus entstehenden Wirtschaftswunders enorm. Die Umsätze erreichen 1969 bereits die Grenze von einer Million D-Mark – pro Tag.

Würth gibt seinen Verkäufern, die vom Großunternehmen bis zum kleinen Handwerker alle betreuen, viel Handlungsspielraum. Er fordert aber auch Leistung und entsprechende Umsätze und fördert dies mit Prämien – straft aber auch mit Herabstufung. Dabei achtet der Patron auf Effizienz. So sollen die Außendienstler zeitraubende Tankstopps während der Tour vermeiden. „Bei 25.000 Mitarbeitern zahle ich sonst 500 Leute am Tag nur fürs Tanken“, hat er mal seiner Mannschaft vorgerechnet. Bis ins hohe Alter begleitet Würth seine Außendienstler auf ihren Verkaufstouren, um selbst nah am Kunden zu bleiben. „Verkaufen prickelt“, hat er es begründet.

Was ihn nicht davon abgehalten hat, das Unternehmen auch im Internet wachsen zu lassen: Ein Fünftel des Umsatzes von zuletzt knapp 20 Milliarden Euro läuft online. „Das ist auch für uns ein großer Einschnitt“, sagt der Patriarch. Dürfte allerdings ebenfalls prickeln, wenn auch etwas anders. Insgesamt besteht der Konzern heute aus 400 Gesellschaften mit 2500 Niederlassungen in 80 Ländern der Welt. Neben dem Geschäft mit den klassischen Schrauben für die Handwerker beliefert Würth unter anderem auch Autowerkstätten, die industrielle Produktion, Holzverarbeiter und die Bauwirtschaft. Besonders schnell wächst der Elektrogroßhandel und der Vertrieb von elektronischen Bauteilen, Leiterplatten und elektromechanischen Lösungen. Insgesamt gehören 125.000 Produkte zum Sortiment von Würth.

Die Sammelleidenschaft der Unternehmerfamilie hat dem benachbarten Schwäbisch Hall eine ganze Kunsthalle beschert. Dort sind einige der mehr als 18.000 Objekte zu sehen, die Reinhold Würth im Laufe der Zeit erworben hat. Weitere Kunstwerke aus der größten Privatsammlung Europas sind zwischen Büros und Betriebsrestaurant am Firmensitz zu sehen, der über der Künzels­au thront.

Der mittlerweile 87-jährige Würth hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, mischt aber über den Stiftungsbeirat immer noch mit. Sein Vermögen und die Anteile am Handelsriesen hat er schon früh in Stiftungen überführt, die den Fortbestand seiner vielen Aktivitäten sichern sollen.

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