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Der bemerkenswerte Aufstieg von AppLovin

| The Economist | Lesezeit: 3 Min.

Ein Werbe-Startup wird Börsenphänomen: AppLovin wächst rasant – doch Skepsis über Datenpraktiken und KI-Blackbox bleibt.

applovin
AppLovin fasziniert Investoren mit KI-gesteuerter Werbung – und steht zugleich im Visier der Aufsichtsbehörden. (Foto: shutterstock)

aus The Economist übersetzet von Markt und Mittelstand

In den vergangenen drei Jahren hat kein anderes Unternehmen im S&P-500-Index seinen Aktienkurs so spektakulär gesteigert wie AppLovin. Nicht der KI-Gigant Nvidia – der landet nur auf Platz drei. Auch Palantir, Liebling der Datenanalyse-Szene, lag lange vorn – bis sich das Blatt im vergangenen Monat wendete. Der neue Spitzenreiter heißt AppLovin, ein Digitalwerbe-Spezialist, der erst am 22. September in den Index aufgenommen wurde. Seit Oktober 2022 hat sich der Aktienkurs mehr als verdreißigfacht. Mit einer Bewertung von 200 Milliarden Dollar übertrifft AppLovin mittlerweile sogar Uber. Begeisterte Anleger feiern das Unternehmen als „TikTok der mobilen Werbung“, angetrieben von einem überlegenen Algorithmus – während Short-Seller warnen, AppLovin gleiche einem Kartenhaus.

AppLovin wurde 2012 gegründet und hilft App-Entwicklern, neue Nutzer zu gewinnen. Das Geschäftsmodell ist einfach: Werbetreibende – meist Spielehersteller – buchen digitale Anzeigenplätze, in der Regel in Smartphone-Spielen. Sie zahlen für eine bestimmte Zahl an App-Installationen. AppLovins KI analysiert, welche Nutzer wahrscheinlich ein neues Spiel herunterladen, und bietet über digitale Auktionen auf die passenden Werbeflächen. Schätzungen der Bank JPMorgan zufolge stammt mehr als 80 Prozent der AppLovin-Umsätze – insgesamt 5 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr – aus diesem Bereich. Der Algorithmus gilt als Blackbox, wird aber offenbar mit Daten aus anderen Unternehmenssparten gespeist, insbesondere aus den digitalen Werbeauktionen, die AppLovin selbst betreibt.

Fest steht: Die Technologie wirkt. Zwischen 2022 und 2024 hat sich AppLovins Werbeumsatz verdreifacht. Das Geschäft läuft so stark, dass das Unternehmen im Juni sein eigenes Game-Studio verkauft hat, um sich ganz auf Werbung zu konzentrieren. Die Margen wachsen rasant – nicht zuletzt, weil der Konzern mit nur 1.500 Mitarbeitern extrem schlank aufgestellt ist. JPMorgan schätzt, dass AppLovin bereits 40 bis 45 Prozent aller Anzeigen in mobilen Spielen liefert. Mehr als eine Milliarde Menschen sehen täglich Werbung von AppLovin.

Doch der kometenhafte Aufstieg gepaart mit der Intransparenz des Algorithmus ruft Kritiker auf den Plan. Im Februar und März veröffentlichten vier Short-Seller – Bear Cave, Culper Research, Fuzzy Panda und Muddy Waters – Berichte voller Vorwürfe: von möglichen Datenschutzverstößen bis hin zu angeblichen Regelverletzungen in den App-Stores von Apple und Alphabet.

Im Oktober nahm die Kritik erneut Fahrt auf. Laut Bloomberg untersucht die US-Börsenaufsicht SEC AppLovins Datenpraktiken. Kurz darauf veröffentlichte der unabhängige Forscher Ben Edelman eine Analyse des AppLovin-Codes. Sein Vorwurf: Die Technologie installiere in manchen Fällen automatisch Spiele auf Nutzer-Smartphones – etwa nach Ablauf eines fünfsekündigen Countdowns in einer Anzeige – ohne volle Zustimmung der Nutzer.

AppLovin weist alle Anschuldigungen zurück. Die Berichte seien „voller Ungenauigkeiten“, die eigenen Datenpraktiken entsprächen Branchenstandards. Nutzer erhielten niemals Downloads „ohne ausdrücklich darum zu bitten“, heißt es. Der von Edelman untersuchte Code sei lediglich ein Testprodukt gewesen und bereits eingestellt. An der Börse scheint das zu überzeugen – der Aktienkurs blieb weitgehend unbeeindruckt.

Größer als regulatorische Risiken könnte der Wettbewerb werden. Unity, ein Entwickler von Spiele-Engines mit eigener Werbetechnologie, hat sein System zuletzt verbessert. Gleichzeitig streckt AppLovin seine Fühler über den Gaming-Sektor hinaus aus. In Pilotprogrammen bietet das Unternehmen seine Werbeplattform auch Einzelhändlern wie Wayfair (Möbel) und Dr Squatch (Seife) an. Die Ergebnisse wirken vielversprechend; der große Rollout ist für das kommende Jahr geplant.

Doch damit tritt AppLovin in das direkte Wettbewerbsfeld von Meta und Alphabet ein. Zusammengenommen kontrollieren diese beiden Konzerne rund die Hälfte der weltweiten Digitalwerbung. Und wenn AppLovins Stärke in KI-Expertise liegt – die beiden Tech-Giganten verfügen über diese im Überfluss. AppLovin ist weit aufgestiegen. Der gewählte Weg könnte bald deutlich steiniger werden.

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Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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