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BAG-Urteil: Arbeitgeber muss dienstliche E-Mail-Adressen nicht an Gewerkschaft herausgeben

Um neue Mitglieder zu gewinnen, rühren die Gewerkschaften in den Betrieben die Werbetrommel – bisweilen auch online. Doch wie weit reicht ihr digitales Zugangsrecht? Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts steckt die Grenzen ab.

BAG-Urteil: Kein Anspruch der Gewerkschaft auf dienstliche E-Mail-Adressen von Beschäftigten. (Bildquelle: KI-generiert, Markt und MIttelstand)

Der Fall

Vor dem Bundesarbeitsgericht standen sich ein großer Sportartikelhersteller und eine Industriegewerkschaft gegenüber: Die Gewerkschaft verlangte, dass der Hersteller ihr für ihre Mitgliederwerbung die dienstlichen E-Mail-Adressen aller Beschäftigten zur Verfügung stellen sollte.

In dem Konzern lief die betriebsinterne Kommunikation überwiegend online, unter anderem über E-Mail und das konzernweite Intranet, weshalb so gut wie alle der rund 5.400 Beschäftigten über eine namensbezogene E-Mail-Adresse verfügen. Auf diese Adressen habe sie einen Anspruch, meinte die Gewerkschaft. Außerdem müsse das Unternehmen auf der Startseite des Intranets einen Link auf die Website der Gewerkschaft vorsehen.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage der Gewerkschaft ab.

Die Entscheidung

Auch mit ihrer Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) scheiterte die Gewerkschaft: Aufgrund ihrer nach dem Grundgesetz geschützten Betätigungsfreiheit dürfe die Gewerkschaft zwar grundsätzlich betriebliche E-Mail-Adressen für Werbung und Information der Beschäftigten nutzen. Da der Gesetzgeber aber nichts Näheres geregelt habe, habe das Gericht hier „kollidierende Verfassungswerte“ zu berücksichtigen; das Betätigungsrecht der Gewerkschaft müsse mit den Grundrechten des Arbeitgebers in Ausgleich gebracht werden.

Weil die Herausgabe der E-Mail-Adressen isoliert betrachtet keinen Ausgleich der Interessen beider Seiten ermögliche, blieb die Klage in diesem Punkt erfolglos. In der Pressemitteilung zum Urteil weist das BAG aber darauf hin, dass der Gewerkschaft die Möglichkeit offensteht, die Arbeitnehmer vor Ort im Betrieb nach ihrer betrieblichen E-Mail-Adresse zu fragen.

Den Anspruch auf die Nutzung des konzernweiten internen Netzwerks verneinte das Gericht ebenfalls. Hier übersteige die Beeinträchtigung des Unternehmens das Interesse der Gewerkschaft an den Werbemaßnahmen. Die Gewerkschaft kann letztlich auch nicht verlangen, dass auf der Startseite des Intranets ein auf die Webseite der Gewerkschaft verweisender Link angebracht wird.

Das sagt die Expertin

In Zeiten mobilen Arbeitens und der Digitalisierung verliert das „schwarze Brett“ an Bedeutung – auch Gewerkschaften schließen sich diesem Trend an und möchten Mitglieder digital werben. „In dem Spannungsfeld zwischen Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften, unternehmerischer Freiheit und Selbstbestimmung der Mitarbeiter hat das Bundesarbeitsgericht eine ausgewogene und verfassungsrechtlich richtige Entscheidung getroffen“, sagt Sandra Urban-Crell, Partnerin der Kanzlei McDermott Will & Emery in Düsseldorf. „Es gibt keine gesetzliche Grundlage, dass Unternehmen die dienstlichen E-Mail-Adressen ihrer Mitarbeiter mit Gewerkschaften teilen. Das schützt Mitarbeiter auch gegen unerwünschte Gewerkschaftswerbung, verhindert diese aber nicht.“ Vor Ort im Betrieb könnten Mitarbeiter jederzeit nach ihrer dienstlichen E-Mail-Adresse gefragt werden. „Herausgeben muss – und darf – der Arbeitgeber diese an die Gewerkschaften aber nicht“, so Urban-Crell.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.01.2025, Az. 1 AZR 33/24

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