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Urteile & Verordnungen > Urteil der Woche

BAG: Mindesturlaub bleibt unantastbar – selbst bei Vergleich

Ein Arbeitnehmer kann selbst durch einen gerichtlichen Vergleich nicht auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Fall.

Nahaufnahme von einem Richterhammer als Symbolbild für ein Gerichtsurteil
(Foto: picture alliance)

Der Fall

Ein ehemaliger Betriebsleiter hatte gegen seinen früheren Arbeitgeber geklagt, weil dieser sieben Tage gesetzlichen Mindesturlaub aus dem Jahr 2023 nicht abgelten wollte.

Der Mann war von Anfang 2019 bis Ende April 2023 in dem Unternehmen beschäftigt gewesen. Im letzten Jahr vor der Kündigung war er allerdings durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und konnte seinen Urlaub deshalb nicht nehmen. Im März 2023 einigten sich beide Seiten im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs darauf, dass das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung von 10.000 Euro durch eine arbeitgeberseitige Kündigung zum 30. April 2023 endet. In einer Klausel des Vergleichs hieß es: „Urlaubsansprüche sind in natura gewährt“. Die Anwältin des Klägers hatte zwar vor Abschluss des Vergleichs darauf hingewiesen, dass auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht wirksam verzichtet werden könne. Sie hatte sich aber dennoch mit dem Vergleich einverstanden erklärt.

Nach Ende des Arbeitsverhältnisses forderte der Betriebsleiter von seinem Ex-Chef für die Abgeltung von sieben Tagen gesetzlichem Mindesturlaub aus 2023 1.615,11 Euro nebst Zinsen. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt.

Das Urteil

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt die Auffassung der Vorinstanzen und stellt klar: Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub ist selbst durch gerichtlichen Vergleich nicht möglich. Der gesetzliche Mindesturlaub sei nach dem Bundesurlaubsgesetz unabdingbar und könne weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. In diesem Punkt sei die Klausel im Prozessvergleich, nach der die Urlaubsansprüche „in natura gewährt“ sind, unwirksam. Dies gelte selbst dann, wenn der Arbeitnehmer wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit den Urlaub nicht nehmen konnte.

Der Einwand des Arbeitgebers, der Kläger verhalte sich treuwidrig, weil er sich erst nachträglich auf die Unwirksamkeit der Klausel berufe, überzeugte das BAG nicht. Der Arbeitgeber habe nicht auf den Bestand einer offensichtlich rechtswidrigen Regelung vertrauen dürfen.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Juni 2025, Az. 9 AZR 104/24

Fazit: Mindesturlaub ist geschützt

„Das Urteil unterstreicht die Bedeutung und den besonderen Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs“, sagt Dr. Julia Schweitzer, Partnerin bei BCLP in Frankfurt. „Arbeitnehmer können weder im Arbeitsvertrag noch durch einen gerichtlichen Vergleich auf diesen Anspruch verzichten. Das gilt auch dann, wenn sie den Urlaub aufgrund einer Erkrankung nicht nehmen konnten.“ Arbeitgeber sollten daher bereits bei der Arbeitsvertragsgestaltung genau zwischen der Abgeltung von gesetzlichem und vertraglichem Urlaubsanspruch unterscheiden, rät Dr. Julia Schweitzer. „Auch im Rahmen von Beendigungsvereinbarungen – sei es zwischen den Arbeitsvertragsparteien oder durch gerichtlichen Vergleich – ist eine Unterscheidung im Hinblick auf den Verzicht von Urlaubsansprüchen unerlässlich. Während auf vertraglichen Zusatzurlaub verzichtet werden kann, bleibt der gesetzliche Mindesturlaub unantastbar. Möglich bleibt es aber, gesetzlichen Mindesturlaub im Rahmen einer unwiderruflichen Freistellung anzurechnen.“

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