Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Urteile & Verordnungen > Urteil der Woche

BAG-Urteil zu Provisionen: Gilt Auszahlung in Kryptowährung als Sachbezug?

Provisionsansprüche können grundsätzlich auch in einer Kryptowährung erfüllt werden, wenn dies im Interesse des Beschäftigten liegt. Der unpfändbare Betrag der Bezüge muss aber in Geld ausgezahlt werden, entschied das BAG.

Nahaufnahme von einem Richterhammer als Symbolbild für ein Gerichtsurteil
(Foto: picture alliance)

Der Fall

Die spätere Klägerin war bei einem mit Kryptowährungen befassten Unternehmen beschäftigt. Sie verdiente dort zunächst 960 Euro brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden, später in Vollzeit 2.400 Euro. Zusätzlich hatte sie laut Arbeitsvertrag einen Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse. Die Provision war dabei zunächst in Euro zu berechnen. Ausgezahlt werden sollte sie – mit Fälligkeit am jeweiligen Letzten des Folgemonats – zum „aktuellen Wechselkurs“ in der Kryptowährung Ether (ETH).

Obwohl die Mitarbeiterin ihren Arbeitgeber mehrfach dazu aufgefordert und ihm auch ein entsprechendes Wallet übermittelt hatte, kam es bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder zu einer Abrechnung der Provisionsansprüche noch zu einer Übertragung von ETH.

Mit der letzten Gehaltsabrechnung zahlte der Arbeitgeber der Mitarbeiterin schließlich rund 15.200 Euro brutto als Provisionen aus. Die Mitarbeiterin verlangte zusätzlich noch Provisionen in Höhe von 19,194 ETH, die der Arbeitgeber nicht zahlen wollte. Er meinte, alle berechtigten Provisionsforderungen seien mit der letzten Gehaltszahlung erfüllt. Unabhängig davon müsse nach der Gewerbeordnung (GewO) das Arbeitsentgelt in Euro ausgezahlt werden; die Auszahlung in einer Kryptowährung lasse die GewO nicht zu.
 

 

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben der Klage der Mitarbeiterin statt. Auf die Revision des Arbeitgebers hob das BAG das Urteil des LAG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Das BAG stellte fest, dass der Mitarbeiterin die geltend gemachten Provisionen in ETH dem Grunde nach zustünden. Bei einer Kryptowährung handele es sich zwar nicht um Geld im Sinne des Paragrafen 107 der GewO. Die Norm lasse es aber grundsätzlich zu, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren – wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt. Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Übertragung einer Kryptowährung sei ein solcher Sachbezug. Die Vereinbarung dazu lag nach den Umständen des Einzelfalls auch im objektiven Interesse der Mitarbeiterin.

Die GewO lege allerdings auch fest, so das BAG weiter, dass der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Gehalts nicht übersteigen dürfe. Dem Arbeitnehmer müsse zumindest der unpfändbare Betrag seines Gehalts in Geld ausgezahlt werden. Damit solle unter anderem sichergestellt werden, argumentierte das Gericht, dass der Arbeitnehmer nicht gezwungen wird, erst den Sachbezug in Euro umzutauschen oder Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Ein Verstoß gegen diese Regelung führe bei einem teilbaren Sachbezug – wie hier die Einheit ETH – dazu, dass die Vereinbarung teilweise nichtig ist. In der Praxis bedeutet das: Das Gehalt muss bis zur Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenzen in Geld geleistet werden; der Sachbezug ist entsprechend zu kürzen.

Wie die Pfändungsfreigrenzen in diesem Fall genau zu ermitteln sind, muss nun das LAG ermitteln, an das das BAG zurückverwiesen hat.

Das sagt die Expertin

„Mit seiner Entscheidung legt das BAG konsequent den Schutzzweck des Paragrafen 107 der Gewerbeordnung aus“, sagt Bettina-Axenia Bugus-Fahrenhorst, Partnerin bei SKW Schwarz. „Danach haben Sachbezüge lediglich einen ergänzenden Charakter, um zu verhindern, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf ein gesetzliches Zahlungsmittel verliert.“ Das BAG ordne die Kryptowährung Ether (ETH) richtigerweise als Sachbezug ein, so die Arbeitsrechtlerin weiter. Bitcoin und Ether gelten zwar als digitale Zahlungsmittel. Sie sind aber (noch) keine gesetzlichen Zahlungsmittel, mit denen sich die Ausgaben des täglichen Lebens unproblematisch bestreiten lassen. Vielmehr sind sie als ergänzender Bezug zu werten, der einen Geldwert verkörpert. „Den häufigsten Sachbezug stellt wohl die Erlaubnis zur privaten Nutzung des Dienstwagens dar“, sagt Bugus-Fahrenhorst. „Aber auch durch den Arbeitgeber gestellte Bekleidung, Verpflegung und eine Dienstwohnung fallen unter diese Kategorie.“

Ob sich die Sichtweise auf Kryptowährungen zukünftig ändern könnte, hängt nach Einschätzung der Anwältin im Wesentlichen davon ab, „wie schnell die Digitalisierung des alltäglichen Lebens fortschreiten wird und wann eine gleichberechtigte Nutzung von Kryptowährungen neben der bargeldlosen Zahlung mit gesetzlichen Zahlungsmitteln im Alltag möglich sein wird“.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.4.2025, Az. 10 AZR 80/24

Ähnliche Artikel