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Führung & HR > Studien: Die Bedeutung von Wiederholungen

Das unterschätzte Geheimnis erfolgreicher Führungskräfte

Warum Chefs immer wieder das Gleiche sagen – und warum das genau richtig so ist. Diverse Studien belegen: Erst durch Wiederholung setzen sich Strategien, Werte und Visionen wirklich durch.

Der Schlüssel zum Erfolg: Ein entschlossener Chef vermittelt seinem Team die Kernbotschaften – und zwar immer wieder, bis sie Teil der Unternehmenskultur werden. (Foto: shutterstock)

Wenn Sie die unverzichtbare Macht eines Anführers definieren müssten, welche würden Sie wählen? Wäre es scharfsinnige Intelligenz? Unermüdliche Energie? Oder vielleicht einfach nur Glück? 

Eine Fähigkeit kommt vielen vielleicht nicht sofort in den Sinn, sollte sie aber. Denn wenn es eine Kunst gibt, die jeder Chef meistern muss, dann ist es die, dasselbe immer und immer wieder zu sagen, ohne dabei genervt zu wirken.

Wer Zeit mit Führungskräften verbringt, wird schnell mit vertrauten Begriffen und wiederkehrenden Phrasen konfrontiert. Ob vor Investoren, in den Medien oder bei Mitarbeiterversammlungen – stets geht es darum, Strategie, Kernbotschaften und Unternehmenskultur zu vermitteln. Mal werden zentrale Geschäftsziele betont, mal wird die Unternehmensgeschichte erneut erzählt – oft zum wiederholten Male. Was sie aber nicht tun, ist, jedes Mal von vorne zu beginnen.

Wie Unternehmen durch Wiederholung eine starke Identität formen

Als Kevin Lobo zum CEO von Stryker, einem Medizintechnikunternehmen in Michigan, ernannt wurde, entwickelte sein Team eine Missionserklärung („Gemeinsam mit unseren Kunden sind wir bestrebt, die Gesundheitsversorgung zu verbessern“), die er zu Beginn jeder Präsentation verwendete. Er sagt, dass die Kombination aus Einfachheit und Wiederholung dazu beitrug, dass sich die Botschaft organisch verbreitete: Präsentationen innerhalb von Stryker beginnen nun routinemäßig mit dieser Mission.

Jeder, der bei Novo Nordisk, dem dänischen Pharmaunternehmen hinter dem Abnehmspritze Wegovy, eine Führungsrolle übernimmt, reist nach Kopenhagen, um Lars Fruergaard Jorgensen, den CEO, über die dauerhaften Werte des Unternehmens sprechen zu hören.

Wenn die Kultur von Amazon mit bestimmten Ideen wie der „Day-One“-Mentalität – also niemals nachzulassen – verknüpft ist, dann liegt das weitgehend an Wiederholung. Das Unternehmen fügt beispielsweise seinem neuesten Aktionärsbrief stets den ersten Aktionärsbrief bei, in dem dieser Begriff prominent erwähnt wird. 

Ebenso wird JPMorgan Chase oft mit dem Begriff der „Festungsbilanz“ assoziiert, weil Jamie Dimon, der Chef der Bank, ihn seit 20 Jahren wiederholt.

Songwriter tun es intuitiv

Wiederholung ist teilweise eine Folge von Zeitmangel: So wie viele Politiker eine Standardrede haben, die sie auf jeder Veranstaltung halten können, sind die meisten Führungskräfte zu beschäftigt, um ihre Botschaften jedes Mal neu zu formulieren. Doch es geht vor allem darum, wie Menschen Informationen behalten und Ideen verinnerlichen.

Wiederholung sorgt dafür, dass Dinge im Gedächtnis bleiben – das weiß jedes Schulkind. Und das gilt nicht nur im Büro, sondern auch darüber hinaus. 

David Gergen, eine Koryphäe der amerikanischen politischen Kommunikation, riet Kandidaten in Debatten, sich auf drei bis vier Kernpunkte zu konzentrieren, die sie unbedingt vermitteln wollen. Songwriter tun etwas Ähnliches. Eine Analyse von Joseph Nunes von der University of Southern California und seinen Co-Autoren ergab, dass Lieder mit repetitiven Texten eher in die Top 40 der amerikanischen Charts gelangen. 

Eine andere Studie von Emilia Parada-Cabaleiro und Maximilian Mayerl von der Hochschule für Musik Nürnberg und ihren Co-Autoren zeigte, dass Liedtexte in den letzten fünf Jahrzehnten einfacher und wiederholungsreicher geworden sind. Wenn es für Fatboy Slim funktioniert, warum nicht auch für Führungsteams?

Der Illusory-Truth-Effekt: Warum wir glauben, was wir oft hören

Wiederholung trägt dazu bei, Menschen von der Richtigkeit einer Aussage zu überzeugen – ein Phänomen, das als „Illusory-Truth-Effekt“ bekannt ist. 

In verschiedenen Studien erhielten Probanden eine Liste plausibler Aussagen (z. B. „Das Wasserschwein ist das größte Beuteltier“ oder „Diese Kolumne ist die beste in The Economist“), die sie auf ihre Richtigkeit bewerten sollten. Anschließend wurden ihnen weitere Aussagen präsentiert, von denen einige neu und andere bereits bekannt waren. Je öfter jemand eine Aussage sah („Diese Kolumne ist die beste in The Economist“), desto eher hielt er sie für wahr.

Wiederholung ist für die Sprecher schwieriger als für die Zuhörer. Es dauert, bis jemand merkt, dass er immer wieder dasselbe hört. Mitarbeiter sind in dieser Hinsicht meist nachsichtig. 

In einer aktuellen Studie untersuchten Francis Flynn und Chelsea Lide von der Stanford University die Kommentare, die Menschen über Führungskräfte in einer Datenbank mit 360-Grad-Feedback hinterließen. Weniger als ein Viertel der Führungskräfte wurde als exzellente Kommunikatoren beurteilt. Diejenigen, die schlecht abschnitten, wurden fast zehnmal häufiger für unzureichende Kommunikation kritisiert als für zu viel Kommunikation.

Wiederholung kann für Mitarbeiter sogar ein positives Signal sein. In autoritären Organisationen setzen Chefs möglicherweise auf Angst, um die Aufmerksamkeit ihrer Mitarbeiter zu gewinnen. In dezentralisierten Unternehmen müssen Manager subtilere Wege finden, um Verhalten zu lenken.

Die größere Last liegt auf denjenigen, die sich wiederholen müssen. Doch wenn Herr Lobo seiner Missionserklärung überdrüssig ist oder Herr Dimon keine Lust mehr auf das Wort „Festung“ hat, lassen sie es sich nicht anmerken. Führung bedeutet mehr als nur Wiederholung. Aber sie ist dennoch ein wesentlicher Bestandteil des Jobs.

© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved.

Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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