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Geld & Vorsorge > Insolvenz im Schraubenhandel

Dresselhaus meldet Insolvenz an: Schraubenhändler kämpft um Zukunft

| Markt und Mittelstand Redaktion

Der Herforder C-Teile-Händler Dresselhaus hat Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. 574 Mitarbeiter sind betroffen. Das Unternehmen plant umfassende Sanierung.

"Insolvez" als roter Schriftzug
Der Herforder C-Teile-Spezialist Dresselhaus ist insolvent. 574 Jobs sind bedroht – das Unternehmen plant eine umfassende Sanierung. (Foto: shutterstock)

Die Joseph Dresselhaus GmbH & Co. KG, ein führender Händler für Verbindungselemente und Befestigungstechnik, hat beim Amtsgericht Bielefeld Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Das 1950 gegründete Familienunternehmen aus Herford beschäftigt derzeit 574 Mitarbeiter sowie 12 Auszubildende an mehreren Standorten in Deutschland und im Ausland. Im Geschäftsjahr 2023 erwirtschaftete Dresselhaus einen Umsatz von rund 210 Millionen Euro.

Wirtschaftliche Schieflage trotz Umsatzstabilität

Obwohl der Umsatz in den letzten Jahren relativ stabil blieb, deuten die Bilanzzahlen auf strukturelle Probleme hin. Der für 2023 gemeldete Gewinn von über 21 Millionen Euro basierte hauptsächlich auf dem Verkauf von vier Immobilien. Ohne diesen Einmaleffekt hätte das Unternehmen das Jahr mit Verlust abgeschlossen. Geschäftsführer Markus Schörg erklärte: "In den vergangenen Monaten haben wir bereits Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung und operativen Sanierung ergriffen. Diese zeigen bereits erste positive Wirkungen. Dennoch konnten wir die geplanten Schritte nicht vollständig und in dem notwendigen Tempo umsetzen – unter anderem, da uns die dafür erforderlichen finanziellen Mittel nicht zur Verfügung standen."

Insolvenz in Eigenverwaltung als Chance zur Neuausrichtung

Das gewählte Verfahren der Insolvenz in Eigenverwaltung ermöglicht es Dresselhaus, unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten Sachwalters die Geschäfte weiterzuführen und gleichzeitig eine umfassende Sanierung einzuleiten. Diese Form des Insolvenzverfahrens, die 1999 in Deutschland eingeführt wurde, zielt darauf ab, Unternehmen eine zukunftssichere Neuaufstellung zu ermöglichen.

Zur Unterstützung der Sanierung wurden die Rechtsanwälte Marc-Philippe Hornung (SZA) und Thomas Rieger (GÖRG) als externe Experten in die Geschäftsführung berufen. Sie sollen gemeinsam mit dem vom Gericht bestellten vorläufigen Sachwalter Silvio Höfer (Anchor) den Sanierungsprozess steuern und überwachen.

Auswirkungen auf Mitarbeiter und Standorte

Für die Belegschaft bedeutet die Insolvenz zunächst eine Phase der Unsicherheit. Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten sind für drei Monate über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit gesichert. Über diesen Zeitraum hinaus bleibt die Situation jedoch ungewiss.

Bereits Ende 2024 hatte Dresselhaus einen Stellenabbau und die Schließung des Standorts in Urbach zum 31. Juli 2025 angekündigt. Ob diese Pläne im Rahmen des Insolvenzverfahrens modifiziert werden, ist derzeit unklar. Die Geschäftsführung betont, dass der Geschäftsbetrieb in Deutschland sowie an den vier Auslandsstandorten in Russland, Italien, Österreich und der Türkei vorerst uneingeschränkt fortgeführt wird.

Herausforderungen in der Branche

Die Schwierigkeiten von Dresselhaus spiegeln auch allgemeine Herausforderungen in der Branche wider. Als Händler von C-Teilen – kleinen, standardisierten Bauteilen wie Schrauben und Muttern – ist das Unternehmen stark von der Entwicklung in der verarbeitenden Industrie und im Handwerk abhängig. Die anhaltend schwierige Wirtschaftslage in Deutschland, geprägt von hohen Energiekosten und schwacher Nachfrage, setzt viele Unternehmen in diesem Sektor unter Druck.

Zudem steht die Branche vor der Herausforderung, sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Die zunehmende Digitalisierung und der Trend zu Just-in-Time-Lieferungen erfordern Investitionen in moderne Logistik- und IT-Systeme. Dresselhaus hatte in der Vergangenheit bereits in die Automatisierung seiner Lagerprozesse investiert, konnte aber offenbar nicht schnell genug auf die sich verändernden Marktbedingungen reagieren.

Dresselhaus-Insolvenz – Hintergründe, Folgen und Einordnung

Wer ist Dresselhaus?
Die Joseph Dresselhaus GmbH & Co. KG mit Sitz in Herford (NRW) ist ein traditionsreicher C-Teile-Händler – spezialisiert auf Verbindungselemente wie Schrauben, Muttern und Befestigungstechnik.

  • Gegründet: 1950

  • Umsatz 2023: rund 210 Mio. Euro

  • Mitarbeiter: 574 + 12 Azubis

  • Standorte: Deutschland, Russland, Italien, Österreich, Türkei

Warum jetzt die Insolvenz?
Obwohl der Umsatz stabil blieb, geriet das Unternehmen strukturell in Schieflage:

  • Der ausgewiesene Jahresgewinn 2023 beruhte vor allem auf Einmaleffekten durch Immobilienverkäufe.

  • Ohne diesen Sondereffekt wäre ein Verlust entstanden.

  • Liquiditätsprobleme verhinderten die Umsetzung eingeleiteter Sanierungsmaßnahmen.

Was bedeutet „Insolvenz in Eigenverwaltung“?
Ein gerichtlich überwachtes Verfahren, bei dem die Geschäftsführung im Amt bleibt – mit dem Ziel, das Unternehmen nachhaltig zu sanieren. Vorteil: Schutz vor Gläubigerzugriff, während der Geschäftsbetrieb weiterläuft und Externe Sanierungsexperten.

 

Was passiert mit den Mitarbeitern?

  • Löhne gesichert: über Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit für drei Monate

  • Standortschließung in Urbach bis Juli 2025 geplant

  • Ob weitere Kürzungen folgen, ist offen

Branchenkontext – warum es viele trifft:

  • C-Teile-Händler agieren mit geringen Margen, aber hohem Logistikaufwand

  • Abhängig von der verarbeitenden Industrie und dem Baugewerbe

  • Energiepreise, Rezession und Digitalisierung setzen die Branche unter Druck

  • Trend zu Just-in-Time und automatisierter Lagerlogistik erhöht Investitionsdruck

Ausblick:
Dresselhaus will die Insolvenz als Chance für einen Neustart nutzen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, das Geschäftsmodell zukunftsfähig zu transformieren – durch Digitalisierung, Prozessoptimierung und strategische Fokussierung.

 

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