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Studien & Forschung > Wirtschaftsanalyse: Deutsche Konzerne

DSW-Studie deckt Strukturschwächen deutscher Konzerne auf

Analyse der 100 größten börsennotierten Unternehmen zeigt veraltete Strukturen und schwache Innovationskraft als Hauptprobleme der deutschen Wirtschaft.

Die hohe Regulierungsdichte in Europa und Deutschland setzt die Unternehmen unter Druck. (Foto: shutterstock)

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat in einer umfassenden Studie die 100 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Viele Konzerne haben laut DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler "20 Jahre oftmals verschlafen". Die Analyse, durchgeführt in Zusammenarbeit mit der Strategieberatung Advyce, identifiziert veraltete Strukturen, aufgeblähte Verwaltungen und eine schwache Innovationskraft als Hauptursachen für die aktuelle wirtschaftliche Schieflage vieler deutscher Unternehmen.

Kostenintensive Verwaltungsstrukturen belasten Unternehmen

Die DSW-Studie offenbart, dass die Verwaltungs- und Gemeinkosten bei den untersuchten Unternehmen durchschnittlich 16 Prozent des Umsatzes ausmachen - ein Fünftel mehr als im europäischen Durchschnitt. Diese aufgeblähten Verwaltungsstrukturen verursachen nicht nur direkte Kosten, sondern bremsen die Firmen auch im internationalen Wettbewerb.

Besonders problematisch: Die hohen Personalkosten gehen einher mit einer leicht sinkenden Produktivität. Laut Eurostat-Daten liegen die Kosten pro Arbeitsstunde in Deutschland 30 Prozent über dem EU-Durchschnitt, im verarbeitenden Gewerbe sogar 44 Prozent. BASF-Chef Markus Kamieth bestätigt diese Einschätzung und nennt gestiegene Personalkosten als eines der größten Probleme für den Chemiekonzern in Deutschland - noch vor den vieldiskutierten Energiekosten.

Innovationsschwäche gefährdet Wettbewerbsfähigkeit

Ein weiteres Kernproblem der deutschen Wirtschaft ist laut DSW-Studie die Schwäche bei innovativen Produkten und Technologien. Die untersuchten Firmen geben durchschnittlich nur 4,6 Prozent ihres Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus - bei börsennotierten US-Unternehmen sind es zehn Prozent. Studienautor Martin Geissler von Advyce resümiert: "Die Innovationskraft war über Jahrzehnte hinweg das Markenzeichen der deutschen Wirtschaft - doch von diesem Ruf ist heute kaum noch etwas übrig."

Diese Einschätzung wird durch eine Studie des Bundesverbands der deutschen Industrie gestützt, die Deutschland bei der Fähigkeit zur Entwicklung innovativer Produkte und Dienstleistungen im Vergleich von 35 Ländern nur noch auf Rang zwölf sieht. Besonders betroffen sind Sektoren wie Maschinenbau und Rüstung, während Autohersteller und Pharmaunternehmen noch annähernd das Niveau internationaler Konkurrenten erreichen.

Internationale Konkurrenz holt auf

Die Trägheit deutscher Firmen trifft auf eine zunehmend agile internationale Konkurrenz. Im Automobilbau wird mittlerweile "China Speed" bei der Weiterentwicklung gefordert - die alte Strategie der kleinteiligen Perfektionierung von Premiumprodukten zieht nicht mehr. Ähnliches gilt für den Maschinenbau.

Besonders betroffen sind Branchen und Unternehmen mit bisher wenig Erfahrung im intensiven internationalen Wettbewerb. Um sich behaupten zu können, müssen sie ihre Geschäftsmodelle grundlegend hinterfragen und internationaler werden. Die Experten sehen den Maschinen- und Anlagenbau als am stärksten bedrohte Branche in Deutschland, gefolgt von der Chemie und den Versorgern/Energieerzeugern.

Fachkräftemangel und Regulierungsdichte als zusätzliche Belastungen

Neben den internen Strukturproblemen identifiziert die Studie den Fachkräftemangel als weitere Belastung für deutsche Unternehmen. Besonders betroffen sind IT-Unternehmen, aber auch der Maschinen- und Anlagenbau weist eine hohe Quote offener Stellen auf.

Zudem setzt die hohe Regulierungsdichte in Europa und Deutschland die Unternehmen unter Druck. Dabei ist es laut den Experten weniger die Regulatorik an sich, sondern vielmehr die Geschwindigkeit und Häufigkeit neuer Vorschriften, die langfristige Planung und Investitionen erschweren.

Fazit

Die DSW-Studie zeichnet ein ernüchterndes Bild der deutschen Wirtschaft: Veraltete Strukturen, schwache Innovationskraft und hohe Kosten belasten die Unternehmen. Um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, fordern die Experten tiefgreifende Reformen sowohl in den Unternehmen als auch in der Politik. Konkrete Ansatzpunkte sind der Abbau von Verwaltungsstrukturen, höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie eine Anpassung der Regulierungspraxis. Ob die deutschen Unternehmen diese Transformation meistern und ihre Position im globalen Wettbewerb behaupten können, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

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