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Ratgeber für den Alltag > EU-Maßnahmen gegen China-Importe

EU plant Gebühren für Billigpakete aus China: Reaktion auf Paketflut von Shein und Temu

Die EU-Kommission reagiert auf die Vervierfachung der täglichen Paketsendungen aus China seit 2022 mit Untersuchungen und geplanten Gebühren.

Temu und Shein überschwemmen die Welt mit Paketen. (Foto: Shutterstock)

Am Flughafen Lüttich landen im Minutentakt Frachtflugzeuge, 24 Stunden am Tag. Mehr als eine Million Pakete passieren hier täglich die Zollkontrollen - ein Großteil davon Billigsendungen aus China. Diese Flut an Paketen, die hauptsächlich von Onlinehändlern wie Shein und Temu stammen, stellt die EU vor neue Herausforderungen. Die Europäische Kommission hat nun reagiert und plant weitreichende Maßnahmen.

5 Hauptgründe für die steigende Paketflut aus Fernost

Die drastisch ansteigende Zahl von Paketsendungen aus China in die EU und USA hat verschiedene Ursachen. Hier sind die fünf wichtigsten Gründe für dieses Phänomen:

  • Geschäftsmodell der direkten Zustellung: Unternehmen wie Shein und Temu haben ein Geschäftsmodell entwickelt, bei dem sie Kunden in Europa direkt mit Verkäufern in China verbinden. Anstatt Waren in großen Mengen zu importieren und in Europa zu lagern, werden Produkte einzeln als Päckchen direkt an die Endverbraucher verschickt. Dies ermöglicht eine schnellere Lieferung und reduziert Lagerkosten.
  • Zollbefreiung für Kleinsendungen: Bisher gilt in der EU eine Zollbefreiung für Sendungen mit einem Warenwert von bis zu 150 Euro. Diese Regelung, ursprünglich für private Geschenksendungen gedacht, wird von chinesischen Onlinehändlern ausgenutzt. Sie deklarieren ihre Waren oft unter diesem Wert, um Zölle zu vermeiden und wettbewerbsfähigere Preise anbieten zu können.
  • Niedrige Produktionskosten in China: Die Herstellungskosten in China sind nach wie vor deutlich niedriger als in Europa oder den USA. Dies ermöglicht es chinesischen Anbietern, ihre Produkte zu extrem günstigen Preisen anzubieten, was die Nachfrage bei preisbewussten Konsumenten erhöht.
  • Digitalisierung und vereinfachte Bestellprozesse: Die zunehmende Digitalisierung und benutzerfreundliche Apps machen es für Verbraucher einfacher denn je, Produkte direkt aus China zu bestellen. Mit wenigen Klicks können Kunden Waren auswählen und bezahlen, ohne sich um Zoll oder Versand kümmern zu müssen.
  • Mangelnde Kontrollen und Überlastung der Zollbehörden: Die schiere Menge an eingehenden Paketen überfordert die Zollbehörden in der EU und den USA. Es ist praktisch unmöglich, jede Sendung gründlich zu überprüfen. Dies führt dazu, dass viele Pakete ohne angemessene Kontrollen in den Markt gelangen, was wiederum das Geschäftsmodell der chinesischen Onlinehändler begünstigt.

 

Explosionsartiger Anstieg der Paketsendungen aus China

Die Zahlen sind beeindruckend: Laut EU-Kommission wurden im Jahr 2024 täglich 12 Millionen Pakete mit Billigeinfuhren in die EU geliefert - viermal so viele wie noch 2022. 91 Prozent dieser Sendungen kamen aus China. Zwölf Millionen Päckchen werden jeden Tag in die EU importiert. EU-Verbraucherschutzkommissar Michael McGrath ruft zur Schärfung der Regeln für den Online-Handel auf. Er warnt davor, dass die massiven Billigeinfuhren nicht nur den europäischen Einzelhandel unter Druck setzen, sondern auch erhebliche Risiken für Verbraucher und Unternehmen mit sich bringen. Viele dieser Sendungen profitieren von Steuer- und Zollvorteilen, was sie besonders attraktiv macht, aber gleichzeitig den fairen Wettbewerb in der EU gefährdet.

Dieser drastische Anstieg geht vor allem auf das Konto von Onlinehändlern wie Shein und Temu zurück. Ihr Geschäftsmodell unterscheidet sich grundlegend von dem traditioneller Händler: Statt Waren in großen Mengen zu importieren und in Europa zu lagern, verbinden sie europäische Kunden direkt mit chinesischen Verkäufern. Diese verschicken die Produkte dann als einzelne Päckchen an die Endverbraucher in Europa.

EU-Untersuchungen gegen Shein und Temu

Als Reaktion auf die Paketflut und zunehmende Verbraucherbeschwerden hat die EU-Kommission nun Untersuchungen gegen Shein und Temu eingeleitet. Der Vorwurf: Verstöße gegen EU-Regeln zum Verbraucherschutz.

Die Kommission betont die Notwendigkeit, die Sicherheit der auf den europäischen Markt gelangenden Waren zu gewährleisten. Zudem wird darauf hingewiesen, dass alle Online-Anbieter verpflichtet sind, die Verbraucherrechte zu respektieren. Die Kommission kündigte zudem verschärfte Kontrollen an, um mangelhafte Produkte vom Markt zu nehmen. Verbraucherschutzverbände hatten zuvor vermehrt Beschwerden über minderwertige Qualität und irreführende Rücksendeangaben bei Produkten von Shein registriert.

Geplante Gebühren und Zollreformen

Um die Flut an Billigpaketen einzudämmen, plant die EU-Kommission die Einführung einer Bearbeitungsgebühr für Waren des elektronischen Handels. Diese soll für individuell importierte Päckchen erhoben werden. Ziel ist es, die steigenden Kosten für die Überwachung der EU-Vorschriften bei Milliarden von Sendungen auszugleichen.

Zusätzlich drängt die Kommission auf eine schnelle Umsetzung der Zollreform. Diese sieht vor, die bisherige Zollbefreiung für Sendungen im Wert von bis zu 150 Euro abzuschaffen. Die 150-Euro-Zollfreigrenze müsse jetzt so schnell wie möglich fallen, das sei einfach nicht mehr zeitgemäß hört man vom SPD-Handelsexperten Bernd Lange.

Reaktionen und Auswirkungen auf den Markt

Die Pläne der EU-Kommission stoßen in der deutschen Wirtschaft auf Zustimmung. "Im europäischen Binnenmarkt müssen endlich gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer gelten", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stephan Tromp gegenüber Tagesschau. "Anbieter wie Temu und Shein dürfen nicht länger ungeschoren mit Regelbrüchen davonkommen."

Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) begrüßt die Vorschläge. DIHK-Handels- und Digitalexperte Dirk Binding erklärte ebenda: "Eine EU-weite Strategie für fairen Online-Handel ist längst überfällig - besonders angesichts der wachsenden Konkurrenz durch E-Commerce-Direktvertrieb aus Drittländern."

Ausblick

Die geplanten Maßnahmen der EU-Kommission zielen darauf ab, faire Wettbewerbsbedingungen im europäischen Onlinehandel herzustellen und den Verbraucherschutz zu stärken. Ob die Einführung von Gebühren und strengeren Kontrollen die Paketflut aus China eindämmen wird, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass europäische Verbraucher in Zukunft möglicherweise höhere Preise für Produkte von Plattformen wie Shein und Temu zahlen müssen. Gleichzeitig könnten diese Maßnahmen die Position europäischer Händler stärken und zu einer Verbesserung der Produktqualität und -sicherheit führen.

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