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Studien & Forschung > Gender Gap bei Startup-Finanzierungen

Gründerinnen-Flaute: Warum Frauen im Startup-Boom leer ausgehen

Studie: Trotz Startup-Booms sinkt der Frauenanteil in Gründungsteams auf 10,6%. Experten warnen vor Innovationsbremse und fordern Umdenken.

(Foto: shutterstock)

Die Startup-Szene boomt, doch Gründerinnen bleiben auf der Strecke. Neue Zahlen zeigen: Der Gender Investment Gap wächst dramatisch. Wir beleuchten die Gründe und zeigen, was sich ändern muss, damit Frauen endlich vom Startup-Goldrausch profitieren können.

Gründerinnen erhalten nur 1 Prozent des Risikokapitals

Es klingt wie ein schlechter Scherz: Während deutsche Startups 2024 insgesamt mehr Wagniskapital einsammelten als im Vorjahr, ging der Anteil an Frauen gegründeter Unternehmen drastisch zurück. Gerade einmal ein Prozent des gesamten Risikokapitals floss in rein weibliche Gründungsteams - ein Rückgang um 58 Prozent gegenüber 2023. Was steckt hinter diesem alarmierenden Trend?

Die Zahlen der aktuellen Studie der Prüfungsgesellschaft EY zeichnen ein ernüchterndes Bild der deutschen Gründerlandschaft. Während sich die Startup-Szene insgesamt von den Herausforderungen der letzten Jahre erholt, scheinen Gründerinnen von diesem Aufschwung abgehängt zu werden. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart ein komplexes Geflecht aus strukturellen Hürden, Branchendynamiken und hartnäckigen Vorurteilen.

Der Gender Investment Gap klafft weiter auseinander

Während Startups mit rein männlichen Gründungsteams 2024 satte 6,2 Milliarden Euro an Wagniskapital einsammelten - ein Plus von 1,3 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr - mussten sich Gründerinnen mit mageren 43 Millionen Euro begnügen. Ein Rückgang um mehr als die Hälfte im Vergleich zu 2023. Besonders alarmierend: Der Anteil von Frauen in Gründungsteams, die überhaupt eine Finanzierung erhielten, sank von 12,2 Prozent auf 10,6 Prozent.

"Diese Entwicklung bedeutet für das Startup-Ökosystem einen Rückschritt statt Fortschritt", konstatiert Thomas Prüver, Partner bei EY. "Ausgerechnet in dem Jahr, in dem sich Deutschlands Jungunternehmen nach einer Talsohle stabilisiert haben, konnten rein weibliche Gründungsteams nicht vom Aufwind profitieren."

Branchenspezifische Barrieren: Wo Gründerinnen (nicht) zu finden sind

Ein Blick auf die Branchenverteilung offenbart ein weiteres Dilemma: In den kapitalintensiven und wachstumsstarken Sektoren wie Software & Analytics (7,4 Prozent Frauenanteil), Finanzen/Versicherungen (4,5 Prozent) oder Hardware (2,9 Prozent) sind Gründerinnen deutlich unterrepräsentiert. Stattdessen finden sich höhere Frauenanteile in Bereichen wie Agrar-Tech (25 Prozent), E-Commerce (23 Prozent) und Bildung (21,6 Prozent) - Sektoren, die tendenziell weniger Risikokapital anziehen.

"Bei Technologie-Startups, die aktuell sehr viel Kapital einsammeln und der wichtigste Wachstumsmotor der Szene sind, sind Frauen nur sehr selten in den Gründungsteams vertreten", erklärt Prüver. Diese Branchenkonzentration verstärkt den Gender Investment Gap zusätzlich.

Frauenanteil in ausgewählten Startup-Sektoren:

 

  • Agrar-Tech: 25%
  • E-Commerce: 23%
  • Bildung: 21,6%
  • Software & Analytics: 7,4%
  • Finanzen/Versicherungen: 4,5%
  • Energie: 3,2%
  • Hardware: 2,9%

 

Strukturelle Hürden: Mehr als nur eine Frage des Geldes

Doch die Gründe für die wachsende Geschlechterlücke gehen über reine Finanzierungsfragen hinaus. Franziska Teubert, Geschäftsführerin beim Startup-Verband, identifiziert ein Bündel struktureller Barrieren: "Gründerinnen stehen vor Hürden bei der Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie, beim Zugang zu Netzwerken und bei der Kapitalbeschaffung."

Diese Faktoren verstärken sich gegenseitig und schaffen ein Umfeld, in dem es für Frauen schwieriger ist, überhaupt den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Der ohnehin geringe Anteil von Frauen bei Gründungen hat sich im vergangenen Jahr nochmals halbiert - ein alarmierendes Signal für die Diversität der deutschen Startup-Landschaft.

Die Folgen dieser Entwicklung sind weitreichend. "Wir schöpfen das Potenzial in Deutschland nicht voll aus", warnt Teubert. "Eine diverse Gründerlandschaft ist entscheidend, um die besten Lösungen und Produkte zu entwickeln." Mit anderen Worten: Der Mangel an Gründerinnen schadet nicht nur den Frauen selbst, sondern bremst die Innovationskraft der gesamten Wirtschaft.

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