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Geld & Vorsorge > Yachtindustrie im Wandel

HanseYachts AG: Eigentümerwechsel und Stellenabbau in stürmischen Zeiten

Deutschlands größter Yachthersteller plant Verkauf an Familienunternehmer und Vorstandschef. 200 von 800 Arbeitsplätzen in Greifswald gefährdet.

Die HanseYachts AG, Deutschlands führender Hersteller von Segel- und Motorbooten, steht vor einschneidenden Veränderungen. Der bisherige Mehrheitseigentümer, der Finanzinvestor Aurelius, plant seinen Rückzug. An seine Stelle sollen der Familienunternehmer Andreas Müller und der aktuelle Vorstandsvorsitzende Hanjo Runde treten. Gleichzeitig sieht sich das Unternehmen gezwungen, etwa ein Viertel seiner Belegschaft am Stammsitz in Greifswald abzubauen.

HanseYachts vor Verkauf und Umstrukturierung

Am Wochenende wurde ein Eckpunktepapier für die Übernahme der Mehrheitsanteile von Aurelius durch Andreas Müller und Hanjo Runde vereinbart. Müller ist Inhaber der bayerischen Alois Müller GmbH, eines Unternehmens für Gebäude-, Klima- und Heiztechnologie. Runde, seit Ende 2021 Vorstandsvorsitzender von HanseYachts, würde durch seinen Einstieg als Anteilseigner sein Engagement für das Unternehmen unterstreichen.

Die Finalisierung der Transaktion steht unter dem Vorbehalt weiterer Vereinbarungen, insbesondere mit der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, den finanzierenden Banken und dem Betriebsrat. Ein zentraler Punkt dabei ist die Restrukturierung bestehender Verbindlichkeiten.

Geplanter Stellenabbau sorgt für Unruhe

Parallel zum Eigentümerwechsel plant HanseYachts einen signifikanten Stellenabbau. Nach Angaben der IG Metall sollen am Standort Greifswald 200 der 800 Arbeitsplätze gestrichen werden. Dies hat zu Spannungen zwischen Unternehmensführung und Arbeitnehmervertretung geführt.

Die Gewerkschaft kritisiert das Vorgehen des Vorstands scharf. Dem Betriebsrat sei mit sofortiger Insolvenz gedroht worden, falls er nicht unverzüglich einem Interessenausgleich und Sozialplan zustimme. Dabei habe man dem Gremium nicht ausreichend Informationen über die wirtschaftliche Situation und mögliche Zukunftsoptionen zur Verfügung gestellt.

Herausforderungen in der Yachtbranche

HanseYachts begründet die geplanten Maßnahmen mit erheblichen Belastungen, denen die Branche ausgesetzt sei. Als Hauptursachen nennt das Unternehmen die globale wirtschaftliche Unsicherheit, eine schwache Konjunktur in Kernmärkten wie den USA und Deutschland sowie anhaltende geopolitische Konflikte. Diese Faktoren führten zu einer spürbaren Zurückhaltung bei Investitionen in Yachten.

Trotz operativer Erfolge – im Geschäftsjahr 2023/24 erzielte HanseYachts einen Umsatz von rund 185 Millionen Euro und einen Nettogewinn von etwa 1,8 Millionen Euro – sieht sich das Unternehmen gezwungen, die Produktion ab Juli 2025 der sinkenden Nachfrage anzupassen.

Historische Einordnung

Die Yachtindustrie hat ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert, als wohlhabende Enthusiasten begannen, Segelboote für Freizeitzwecke zu nutzen. Mit der Industrialisierung und dem wachsenden Wohlstand entwickelte sich daraus eine spezialisierte Branche.

Einen bedeutenden Aufschwung erlebte die Branche in den 1960er und 1970er Jahren, als Freizeitaktivitäten auf dem Wasser zunehmend an Beliebtheit gewannen. Unternehmen wie HanseYachts – gegründet 1990 – konnten in der Folge von diesem Trend profitieren und sich als führende Hersteller etablieren.

Historisch betrachtet war die Yachtindustrie jedoch immer wieder von wirtschaftlichen Schwankungen betroffen:

  • Ölkrise 1973: Führte zu einem temporären Einbruch der Nachfrage
  • Finanzkrise 2008: Verursachte eine längere Durststrecke für Luxusgüterhersteller
  • COVID-19-Pandemie: Zunächst ein Einbruch, gefolgt von einem kurzfristigen Boom

Zwischen Krisenmanagement und Zukunftsvision

Der Fall HanseYachts verdeutlicht exemplarisch die strukturellen Herausforderungen der Yachtbranche. Globale Unsicherheiten und konjunkturelle Schwankungen zwingen selbst etablierte Marktführer zu tiefgreifenden Einschnitten. Die geplante Übernahme durch einen familiengeführten Investor birgt Chancen auf eine strategische Neuausrichtung. Entscheidend für den Erfolg wird jedoch sein, ob es gelingt, den Balanceakt zwischen notwendiger Restrukturierung und dem Erhalt zentraler Unternehmenskompetenzen zu bewältigen.

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