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Studien & Forschung > Industrieller Strukturwandel

Ifo: Deutsche Industrie im Umbruch - warum weniger produziert, aber mehr verdient wird

13 Prozent weniger Produktion, aber steigende Umsätze – Das neue Gesicht der deutschen Industrie. Hybride Geschäftsmodelle erobern Deutschland.

Trotz eines Rückgangs der industriellen Produktion um 13 % seit 2018 steigen die Umsätze weiter – dank hybrider Geschäftsmodelle, bei denen Produkte zunehmend mit Dienstleistungen kombiniert werden. Ein neues Kapitel der industriellen Wertschöpfung beginnt. (Foto: KI-generiert, MuM)

Die deutsche Industrie durchläuft einen tiefgreifenden Strukturwandel. Während der Produktionsindex im Verarbeitenden Gewerbe 2024 gut 13 Prozent unter dem Niveau von 2018 lag, konnte der preisbereinigte Produktionswert der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) bis 2023 noch zulegen. Diese wachsende Diskrepanz zwischen den Kennziffern offenbart fundamentale Veränderungen in den Geschäftsmodellen deutscher Industrieunternehmen.

Wandel der industriellen Güterproduktion

Der Produktionsindex misst vorwiegend die Entwicklung des Realwertes der Warenproduktion, während der Produktionswert der VGR zusätzlich die zunehmenden nichtindustriellen Tätigkeiten der Industrieunternehmen erfasst. Diese Diskrepanz deutet auf einen Wandel hin zu hybriden Geschäftsmodellen, bei denen Waren verstärkt mit produktbegleitenden Dienstleistungen gebündelt werden.

Eine Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft ergab, dass knapp 25 Prozent der befragten Unternehmen mit Industriebezug hybride Produkte anboten. Zu den häufigsten produktbegleitenden Dienstleistungen zählten Konzeption, Schulungen, Engineering und Beratung in der Vorphase sowie Wartung, Instandhaltung und Reparaturen in der Nutzungsphase.

Hybride Geschäftsmodelle in der Industrie

Die Entwicklung zu hybriden Geschäftsmodellen zeigt sich besonders deutlich in der Automobilindustrie. Hier hat sich zwischen 2013 und 2022 eine Diskrepanz von 50 Prozentpunkten zwischen der Veränderungsrate des Produktionswertes und der des Produktionsindex aufgebaut. Dies deutet darauf hin, dass Automobilhersteller zunehmend Umsätze aus nichtindustriellen Tätigkeiten generieren, etwa durch digitale Dienste oder Mobilitätskonzepte.

Auch der Maschinenbau verzeichnet eine wachsende Bedeutung hybrider Geschäftsmodelle. Hier nehmen die Umsätze aus sonstigen nichtindustriellen Tätigkeiten im Einklang mit den Beschäftigten und den Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu. Dies könnte auf eine verstärkte Fokussierung auf kundenspezifische Lösungen und begleitende Serviceangebote hindeuten.

Veränderungen in Beschäftigung und Investitionen

Der Strukturwandel spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Beschäftigtenstruktur und der Unternehmensinvestitionen wider. Im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt stieg der Anteil der Beschäftigten im Bereich Forschung und Entwicklung von 5,5 Prozent im Jahr 2013 auf 6,2 Prozent im Jahr 2022.

Gleichzeitig nahm der Anteil der Sonstigen Anlageinvestitionen, zu denen Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie für Software und Datenbanken zählen, an den gesamten Bruttoanlageinvestitionen von 46,0 Prozent auf 54,2 Prozent zu. Diese Verschiebungen deuten auf eine zunehmende Wissensintensivierung und Digitalisierung der industriellen Produktion hin.

Sinkende Vorleistungsquoten und ihre Ursachen

Ein weiterer Aspekt des Strukturwandels zeigt sich in der Entwicklung der Vorleistungsquoten. Die reale Vorleistungsquote, berechnet als Anteil der preisbereinigten Vorleistungen am preisbereinigten Produktionswert, ist seit den 2010er-Jahren rückläufig. Dies könnte auf eine Verkürzung globaler Wertschöpfungsketten und ein mögliches Reshoring vorgelagerter Produktionsstufen hindeuten.

Allerdings könnte auch die zunehmende Bedeutung hybrider Geschäftsmodelle zu diesem Trend beitragen. Da Dienstleistungen tendenziell arbeitsintensiv erstellt werden, geht die wachsende Rolle produktbegleitender Services für sich genommen mit sinkenden Vorleistungsquoten einher. Dies zeigt sich besonders deutlich in Industriezweigen, in denen hybride Geschäftsmodelle an Bedeutung gewinnen.

Strukturwandel im Verarbeitenden Gewerbe

Hybride Produkte und Produktions prozesse verändern industrielle Geschäftsmodelle

Laut ifo Institut setzt die deutsche Industrie verstärkt auf hybride Produkte und verlagert Teile der Fertigung ins Ausland. Die Wertschöpfung sinkt weniger stark als die Produktion.

Zum Einzelheft: „Strukturwandel im Verarbeitenden Gewerbe: Hybride Produkte und Produktionsprozesse verändern industrielle Geschäftsmodelle“, von Robert Lehmann, Stefan Linz und Timo Wollmershäuser, in: ifo Schnelldienst digital 5/2025

 

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