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Studien & Forschung > Ökonomen zum Koalitionsvertrag

ifo-Umfrage: Ökonomen uneins über Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD

Wirtschaftsexperten bewerten den schwarz-roten Koalitionsvertrag gespalten - sehen Steuerreformen positiv, Rentenpaket und Subventionen allerdings kritisch.

Investitionen, Entlastungen, weniger Bürokratie – Ökonomen zeigen sich optimistisch, äußern aber auch Kritik. (Foto: shutterstock)

Eine aktuelle Umfrage des ifo Instituts unter Volkswirtschaftsprofessoren offenbart ein erstaunlich geteiltes Meinungsbild zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Jeweils rund ein Drittel der befragten Experten bewertet das Papier positiv, neutral oder negativ – eine bemerkenswerte Ausgewogenheit, die aufhorchen lässt.

Die ambivalente Einschätzung unterstreicht die unterschiedliche Bewertung einzelner Reformprojekte und wirft grundlegende Fragen auf: Reichen die geplanten Maßnahmen tatsächlich aus, um die wirtschaftliche Stärke Deutschlands langfristig zu sichern? Die Spaltung der Meinungen zeigt, wie kontrovers die Vereinbarungen innerhalb der ökonomischen Fachwelt diskutiert werden.

Positive Signale: Was Ökonomen am Koalitionsvertrag überzeugt

Besonders positiv bewerten die Wirtschaftsexperten 

  • die Reform der Schuldenbremse und die damit verbundenen Investitionsmöglichkeiten. Das Bekenntnis zu verstärkten Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung wird als wichtiger Schritt zur Modernisierung des Wirtschaftsstandorts Deutschland gesehen.
  • 84 % – Auch die geplanten steuerlichen Entlastungen für Unternehmen stoßen auf breite Zustimmung. Besonders die Abschreibungen von 30 Prozent auf Ausrüstungsinvestitionen finden mit 84 Prozent Zustimmung großen Anklang bei den befragten Ökonomen. Die perspektivische Senkung der Körperschaftsteuer ab 2028 bewerten 56 Prozent als gut oder sehr gut.
  • 66 % – Die angekündigte Entbürokratisierung und der geplante Stellenabbau in der Bundesverwaltung werden ebenfalls mehrheitlich begrüßt. 66 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler bewerten den Abbau von Stellen in der Bundesverwaltung positiv.

Kritik an fehlenden Strukturreformen und Subventionen

Trotz dieser positiven Aspekte sehen die Ökonomen Defizite im Koalitionsvertrag. Besonders die fehlende Adressierung demografisch bedingter Strukturprobleme wird bemängelt. Zentrale Herausforderungen wie notwendige Reformen bei Rente und Sozialsystem bleiben nach Ansicht vieler Experten unzureichend berücksichtigt.

  • 89 % – Die Wiedereinführung der Subvention von Agrardiesel stößt mit 89 Prozent Ablehnung auf besonders starken Widerstand unter den Wirtschaftswissenschaftlern. 
  • 84 % – Ebenso kritisch wird die Ausweitung der "Mütterrente" gesehen, die 84 Prozent der Befragten ablehnen. 
  • 79 % – Auch die Senkung der Umsatzsteuer in der Gastronomie (79 Prozent Ablehnung) und die Anhebung der Pendlerpauschale (66 Prozent Ablehnung) werden mehrheitlich kritisiert.

ifo-Forscher Niklas Potrafke fasst die Stimmung zusammen: "Die Regierung muss Strukturreformen vorantreiben, um für künftige Herausforderungen gut aufgestellt zu sein." Besonders deutlich wird die Kritik bei der Rentenpolitik: "Dringend notwendig wäre eine umfassende Rentenreform gewesen – allem voran eine unverzügliche Erhöhung des Renteneintrittsalters."

Standortwettbewerb und Zukunftsfähigkeit

Ein weiterer Kritikpunkt der Ökonomen betrifft die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Viele der befragten Wirtschaftswissenschaftler sehen noch keine überzeugenden Lösungen, um Deutschland im internationalen Standortwettbewerb wieder attraktiver zu machen.

Auch im Bereich der Klimapolitik bemängeln die Experten, dass zu wenig unternommen werde. Insgesamt fehle der Mut, dringende Strukturreformen prioritär anzugehen. Viele der geplanten Ausgaben, beispielsweise durch Änderungen bei der Mütterrente, dienten eher dem kurzfristigen Verbrauch und seien daher wenig zukunftsweisend.

Die Reform des Bürgergelds zu einer "Grundsicherung für Arbeitssuchende" wird hingegen von 61 Prozent der befragten Ökonomen positiv bewertet. Dies zeigt, dass einzelne Sozialreformen durchaus auf Zustimmung stoßen.

Wirtschaftsprofessoren bewerten den CDU/SPD-Koalitionsvertrag

An der Umfrage des Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (ifo Institut) im Zeitraum vom 6. Mai bis zum 13. Mai 2025 nahmen 179 VWL-Professorinnen und VWL-Professoren teil.

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