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Markenprodukte im Aufwind: Verbraucher kehren Handelsmarken den Rücken

Studie zeigt: Nur noch 56 Prozent der Konsumenten sehen Handelsmarken als gleichwertige Alternative. Discounter punkten bei Nachhaltigkeit.

Die Beliebtheit von Handelsmarken ist deutlich gesunken. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Smartcon halten nur noch 56 Prozent der Verbraucher Eigenmarken für eine gleichwertige Alternative zu Markenprodukten. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 77 Prozent – ein bemerkenswerter Rückgang von 21 Prozentpunkten innerhalb eines Jahres.

Die Ergebnisse deuten auf eine signifikante Verschiebung im Konsumverhalten hin. Markenprodukte haben in der Wahrnehmung der Verbraucher wieder deutlich an Ansehen gewonnen und punkten in allen wichtigen Kategorien: 53 Prozent der Befragten attestieren ihnen eine hohe Qualität, während nur 46 Prozent dies bei Eigenmarken sehen. Als innovativ bewerten 52 Prozent die Markenprodukte, aber nur 41 Prozent die Handelsmarken.

Auch bei der Optik liegen die Markenprodukte vorn: 55 Prozent der Verbraucher halten sie für hochwertig aussehend; bei den Eigenmarken sind es lediglich 40 Prozent.

Veränderte Verbraucherwahrnehmung

Studienautor Oliver Kaul liefert eine interessante Interpretation der Ergebnisse: "Es sieht so aus, als hätten die Verbraucher in der Preis-Krise aus einer Art Selbstschutz Handels- und Eigenmarken Attraktivität auf allen wichtigen Ebenen zugebilligt." Die Konsumenten hätten sich damit vor einem "defizitären Erleben des eigenen veränderten Kaufverhaltens" schützen wollen.

Dies deutet darauf hin, dass die während der Inflationsphase gestiegene Akzeptanz von Handelsmarken möglicherweise ein temporäres Phänomen war. Mit nachlassendem Preisdruck kehren Verbraucher offenbar zu ihren ursprünglichen Präferenzen zurück und bewerten Markenprodukte wieder positiver.

Für Hersteller von Markenprodukten eröffnet diese Entwicklung neue Chancen, ihre Marktposition zu stärken und Preisaufschläge gegenüber Handelsmarken zu rechtfertigen.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsfaktor

Bemerkenswert ist, dass die Handelsmarken von Discountern wie Aldi und Lidl in einem wichtigen Bereich besser abschneiden als die klassischen Markenprodukte: beim gesellschaftlichen Handeln und der Nachhaltigkeit. Dies gilt auch im Vergleich zu den Eigenmarken von Supermarktketten wie Ja! und Gut & Günstig.

Besonders kritisch sehen junge Verbraucher die gesellschaftliche Verantwortung der Markenhersteller. In der Altersgruppe der 19- bis 29-Jährigen bescheinigen nur 31 Prozent den Marken ein verantwortungsbewusstes Handeln – etwa zehn Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Die Smartcon-Studie kommt zu dem Schluss: "Die Marken haben es nicht geschafft, die junge Zielgruppe über die klassischen Medien oder am Point of Sale mit ihren Nachhaltigkeits-Botschaften zu erreichen."

Differenzierte Konsumentengruppen im Bio-Markt

Ähnliche Differenzierungsmuster zeigen sich auch im Bio-Segment, wie eine KI-gestützte Marktanalyse des Bundesverbands Naturkost Naturwaren (BNN) belegt. Die Studie identifiziert drei Hauptgruppen von Bio-Konsumenten:

  • Bio-Fachhandelskäufer: Bewusste Konsumenten, die Wert auf Nachhaltigkeit, Qualität und soziale Verantwortung legen.
  • Supermarkt-Bio-Käufer: Preisbewusste Kundschaft, die Bio als persönlichen Zusatznutzen wahrnehmen.
  • Bio-Potentials: Verbraucher, die offen für Bio-Kauf sind, aber klare Kommunikation und einfachen Zugang suchen.

Für den Bio-Fachhandel empfiehlt die Studie, den Genussaspekt stärker zu betonen, die Markenbindung zu nutzen und digitale Kanäle effektiver einzusetzen.

Faktenbox: Verbraucherverhalten bei Handels- und Markenartikeln

  • Nur noch 56 Prozent der Verbraucher sehen Handelsmarken als gleichwertige Alternative zu Markenprodukten – ein Rückgang von 21 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.
  • Markenprodukte punkten in allen Kernkategorien: 53 Prozent der Befragten attestieren ihnen hohe Qualität (Eigenmarken: 46 Prozent), 52 Prozent bewerten sie als innovativ (Eigenmarken: 41 Prozent) und 55 Prozent halten sie für hochwertig aussehend (Eigenmarken: 40 Prozent).
  • Bei Nachhaltigkeit und gesellschaftlichem Handeln schneiden Discounter-Marken besser ab als klassische Markenprodukte. Besonders kritisch sehen junge Verbraucher (19-29 Jahre) die gesellschaftliche Verantwortung der Markenhersteller.
  • Für die Studie wurden im November 2024 insgesamt 2.000 Verbraucher im Alter zwischen 18 und 65 Jahren befragt.

Historische Einordnung

Die Entwicklung von Handelsmarken in Deutschland reicht bis in die 1960er Jahre zurück, als Discounter begannen, eigene Produktlinien als preisgünstige Alternative zu etablierten Marken anzubieten. In den 1990er Jahren erlebten Handelsmarken einen ersten Boom, als die Qualitätsunterschiede zu Markenprodukten zunehmend geringer wurden.

Während der Finanzkrise 2008/2009 und erneut während der jüngsten Inflationsphase gewannen Handelsmarken signifikant an Marktanteilen. Die aktuelle Trendwende zugunsten von Markenprodukten zeigt jedoch, dass Verbraucher bei nachlassendem wirtschaftlichem Druck wieder verstärkt auf etablierte Marken setzen.

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