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Studien & Forschung > Gastbeitrag

Studie: Milliardenpakete allein reichen nicht –Deutschland braucht eine Investitionsagenda

| Dr. Claudia Conen

Nur mit marktwirtschaftlichen Anreizen, mehr Tempo und smarter Finanzierung gelingt der Umbau von Infrastruktur und Wirtschaft.

(Foto: shutterstock)

von Dr. Claudia Conen 

Die Bundesregierung will das Land modernisieren, digitalisieren, klimaneutral aufstellen und sicherer machen. Für das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität wurden Schulden in einem historischen Ausmaß aufgenommen. Doch ohne klare Strategie, ohne schnellere Verfahren und ohne Mut zu strukturellen Reformen drohen die Milliarden zu verpuffen. 

Eine vom BDL in Auftrag gegebene jüngste Studie „Investitionsagenda 2030“ des Think Tanks Centrum für Europäische Politik (cep) zeigt, worauf es jetzt ankommt: Es reicht nicht, Investitionssummen zu erhöhen. Entscheidend ist, dass öffentliche Mittel gezielt eingesetzt, Verfahren beschleunigt und private Investitionen wirkungsvoll angestoßen werden.  

Deutschland leidet unter einem doppelten Investitionsdefizit. In den vergangenen Jahren wurde zu wenig investiert und oft an den falschen Stellen. Die Folgen sind nicht mehr zu übersehen: marode Schulen, Straßen und Brücken, überlastete Netze, lahmende Digitalisierung etc. Gleichzeitig steigen die Anforderungen in zentralen Zukunftsfeldern wie Energieversorgung, künstliche Intelligenz und Cybersicherheit sowie Verteidigung. 

Wenn Investitionsanreize am Ziel vorbeigehen

Die Probleme sind bekannt, doch viele Lösungen scheitern am System. Fördermittel bleiben ungenutzt, weil Beantragungsverfahren kompliziert und aufwendig sind. Zusätzlich setzen diese nicht an marktbewährte Finanzierungsinstrumente der Wirtschaft an. Transformationsprojekte stocken, weil Genehmigungsverfahren zu lange dauern und neue, innovative Projekte scheitern wegen fehlender öffentlicher Unterstützung und bestehenden Regularien. Eine seit Jahren währende, überbordende Regulatorik, die speziell beim Leasing die im Geschäftsmodell liegenden Risiken nicht adäquat widerspiegelt. Zusätzlich dramatisieren sich für Unternehmen aller Branchen Fragen zu Nachfolge und Mitarbeitergewinnung. 

Ein aktuelles Beispiel ist der sogenannte Investitionsbooster der Bundesregierung. Das Programm soll Unternehmensinvestitionen durch steuerliche Anreize wie die degressive AfA in Höhe von 30 Prozent anstoßen. Ein Fokus liegt auf der Anschaffung von Elektroautos für Unternehmensflotten. Diese soll durch eine Sonderabschreibung von 75 Prozent im ersten Jahr gefördert werden. Doch die Maßnahme geht an der Realität vorbei. Mehr als 60 Prozent aller neuzugelassenen E-Autos werden mittels Leasing angeschafft, bei Unternehmensflotten liegt der Anteil sogar bei 80 Prozent. Der „Booster“ fördert jedoch nur den Kauf. Die Politik hat das vom Markt akzeptierte und dominierende Finanzierungsinstrument Leasing bei Flottenfahrzeugen trotz zahlreicher und frühzeitiger Hinweise aus den Fachverbänden wider besseren Wissens ignoriert.  

Dieser Ausschluss ist mehr als ein Versäumnis. Das Denken in Käufen und Abschreibungen statt in Nutzung und Innovation ist veraltet, ja überholt – vor allem bei Fahrzeugen. Leasing ist für viele Mittelständler der einfachste und schnellste Weg, um Elektro-Fahrzeuge, aber auch moderne Maschinen oder IT-Infrastruktur zu finanzieren. Ergänzend im Leasing rund um die Nutzung angebotene Services wie Wartung oder Schadensmanagement entlasten mittelständische Unternehmen, nicht zuletzt in Zeiten des Fachkräftemangels.  

Ohne Beachtung von Marktmechanismen ist „Booster“ nur laues Lüftchen

Insbesondere bei innovativen Technologien nutzen Unternehmen verstärkt Leasing, da es Investitionsrisiken reduziert. Nach einer aktuellen repräsentativen Unternehmensbefragung des Marktforschungsinstitutes GIM ist Leasing die beliebteste Finanzierungsform nach dem Cashflow für Investitionen in Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wer Leasing bei Investitionsanreizen nicht mitdenkt, bremst genau die Mittelständler aus, die den Wandel vorantreiben wollen und könnten. Wirtschaftlicher Erfolg hängt gerade nicht davon ab, ob Unternehmer modernste Techniken sein Eigen nennt, sondern ob er mit modernster Technik seine Produkte auf Weltmarktniveau herstellen kann. Der Investitionsbooster braucht daher dringend ein Update, d. h. die Akzeptanz marktwirtschaftlicher Unternehmensprozesse, bevor die nächste Transformationschance vertan ist. 

Drei Hebel für eine Investitionsagenda mit Wirkung

Für eine erfolgreiche Investitionspolitik, die bis 2030 trägt, benennt die cep-Studie drei zentrale Voraussetzungen.  

  • Erstens braucht es ein klares Bekenntnis und die Priorisierung zukunftsrelevanter Investitionen, etwa in Glasfaser, Stromnetze, Wasserstoffpipelines und Energiespeicher, Ladeinfrastruktur für klimafreundliche Mobilität und in digitale Ausstattung für Schulen und Verwaltung. 

  • Zweitens muss es Staatsziel werden, bürokratische Hürden abzubauen, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, marktwirtschaftliche Prinzipien zu stärken sowie zwischen Bund, Ländern und Kommunen effizient zu koordinieren.  

  • Drittens geht es darum, öffentliche Gelder und privates Kapital bestmöglich zu kombinieren hierdurch Investitionsanreize zu schaffen. Ob steuerliche Anreize oder Förderprogramme, private Finanzierungsmodelle müssen mitgedacht werden und damit die Wirkung auf den Kapitalstock signifikant und schnell verbessert werden. Denn bei begrenzter Finanzausstattung müssen die „Assets der Zukunft“ maximal gehebelt werden. 

Leasing als Investitionsmotor

Leasing kann – neben weiteren privaten und öffentlichen Finanzierungsformen – dabei eine Schlüsselrolle übernehmen. Es ermöglicht Unternehmen, in neue Technologien zu investieren, ohne ihre Liquidität und damit ihre Bankenlinien zu belasten. Die Nutzungszeiträume bleiben flexibel, die Technologie top modern. Gerade in Bereichen wie Elektromobilität, Medizintechnik, erneuerbarer Energie oder digitaler Infrastruktur macht Leasing Tempo, ohne große Risiken für den nutzenden Unternehmer. Der Strukturwandel im Bereich neue Technologien trifft gerade im Leasing auf Finanzierungs- und Objektkompetenz.  

Die cep-Studie sieht Leasing deshalb als strategisches Instrument, um den Kapitalstock der deutschen Wirtschaft schnell zu erneuern. Besonders bei dynamischen Märkten und kurzen Innovationszyklen bietet Leasing einen klaren Vorteil. Dennoch wurde es bei der Konzeption vieler Förderprogrammen nicht mitgedacht oder gar ausgeschlossen. Dies muss sich ändern. Dementsprechend müssen auch etwaige finanz- und haushaltsrechtlich regulatorische Hürden für Leasing-Investitionen abgebaut werden. Öffentliche Ausschreibungen sollten Leasing neben anderen Finanzierungsinstrumenten für die ganzheitliche Lösung von Herausforderungen ausdrücklich einbeziehen. Das schafft gleiche Wettbewerbsbedingungen und bringt Innovation schneller in die Fläche. 

Ausblick: Perspektivwechsel und schnelles Handeln dringend erforderlich

Von den politisch verantwortlichen Akteuren wünscht sich die Finanzdienstleistungsbranche eine aktive Förderung des Unternehmertums mit den unternehmerischen Instrumenten. Dies erfordert neben einem klaren Bekenntnis zur Wirtschaftsordnung auch den Mut, neue politische Wege zu gehen. Die cep-Studie ist eine Handlungsempfehlung für eine zukunftsfähige, mittelstandsfreundliche Wirtschaftspolitik. Die Vorschläge der Autoren liegen auf dem Tisch. Leasing muss in eine nationale Investitionsstrategie integriert werden. Das erfordert keine zusätzlichen Milliarden, sondern einen Perspektivwechsel hin zu nutzerorientierten Lösungen. 

Zur cep-Studie

Die Autorin

Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) 

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