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Studien & Forschung > Wirtschaftstrends und Konjunktur

Reformstau trifft Mittelstand hart: DATEV-Index zeigt Umsatzrückgänge in allen Branchen

| Markt und Mittelstand / red. | Lesezeit: 4 Min.

Der DATEV-Mittelstandsindex zeigt einen flächendeckenden Wirtschaftsrückgang. Erstmals geraten auch mittlere Unternehmen unter Druck – die strukturellen Ursachen verschärfen sich.

Der Mittelstand im Minus: Laut DATEV sinken Umsätze in allen Branchen – vor allem Industrie, Handel und Gastgewerbe leiden. (Foto: MuM/ki)

Oktober 2025: Markt und Mittelstand

Was sich über den Sommer nur als leichte Eintrübung angedeutet hatte, ist im Herbst zu einem klaren Trend geworden: Der deutsche Mittelstand verzeichnet im Oktober 2025 einen deutlichen Rückgang in allen zentralen Wirtschaftsbereichen. Laut dem aktuellen Mittelstandsindex der DATEV ist der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent gesunken, der Indexwert fiel auf 90 Punkte. Besonders bemerkenswert: Die Negativentwicklung betrifft inzwischen nicht nur Kleinst- und Kleinunternehmen, sondern greift erstmals auch auf mittlere Betriebe über – jene Unternehmensgruppe, die bisher als stabilisierender Faktor galt.

DATEV-Vorstandsvorsitzender Prof. Robert Mayr bringt die Entwicklung mit ungewöhnlicher Klarheit auf den Punkt: „Der Reformstau geht der Wirtschaft an die Substanz.“ Die Aussage verweist auf strukturelle Ursachen wie Bürokratie, steuerliche Belastung und Standortkosten, die neben konjunkturellen Einflüssen zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit kosten.

Umsatzrückgänge in allen Branchen

Der Umsatzrückgang zieht sich durch sämtliche Branchen:

  • Im verarbeitenden Gewerbe beträgt das Minus 2,8 Prozent,

  • im Handel 3,1 Prozent,

  • im Gastgewerbe sogar 4,5 Prozent.

Das Besondere an diesem Index: Er basiert nicht auf Umfragen oder Einschätzungen, sondern auf realen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von über einer Million Unternehmen. Diese Daten zeigen ein belastbares, unmittelbares Bild der wirtschaftlichen Lage – und sie sind eindeutig negativ.

Auch regional gibt es keinen Ausgleich: Sämtliche Bundesländer verzeichnen Umsatzrückgänge. Besonders stark betroffen sind strukturschwächere Regionen, aber selbst wirtschaftsstarke Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg melden ein rückläufiges Geschäft.

 

Mittelstandsindex Umsatz - nach Branchen

Beschäftigung stagniert – Löhne steigen weiter

Der Beschäftigungsindex fällt im Vergleich zum Vorjahr um 0,1 Prozent auf 101,6 Punkte. Deutlich sichtbar ist der Rückgang im Gastgewerbe mit minus 3,6 Prozent und im Bauhauptgewerbe mit minus 1,9 Prozent. Gleichzeitig steigen die durchschnittlichen Löhne um 4,1 Prozent – nominal und damit oberhalb der Inflationsrate. Für viele Unternehmen bedeutet das eine doppelte Belastung: sinkende Einnahmen bei gleichzeitig steigenden Personalkosten.

Zwar verzeichnen mittlere Unternehmen noch einen Beschäftigungszuwachs von 3,3 Prozent im Jahresvergleich, doch auch hier zeigt sich im Monatsvergleich erstmals ein Rückgang von 0,5 Prozent. Das könnte ein Wendepunkt sein, an dem die Beschäftigungssituation kippt.

Ein Konjunktursignal, das politisch brisant ist

Der Mittelstandsindex gilt als verlässlicher Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Seine Aussagekraft liegt in der Datenbasis: Auswertungen aus Lohn- und Gehaltsabrechnungen von über acht Millionen Beschäftigten und aus Umsatzsteuermeldungen lassen direkte Rückschlüsse auf die reale Wirtschaftstätigkeit zu. Die Entwicklung geht daher über kurzfristige Stimmungsbilder hinaus – sie offenbart strukturelle Risse.

Die derzeitigen Rückgänge sind nicht mehr auf einzelne Faktoren wie Energiepreise oder Lieferkettenprobleme zurückzuführen. Vielmehr deutet sich ein breites, im Inland verankertes Wettbewerbsproblem an. Unternehmen kämpfen gleichzeitig mit hohen Finanzierungskosten, Fachkräftemangel, steuerlichen Belastungen und regulativen Vorgaben. Der vielzitierte „Reformstau“ ist damit kein abstraktes politisches Schlagwort mehr, sondern ein messbares ökonomisches Hemmnis.

 

Mittelstandsindex: Steigende Löhne und Gehälter

Was jetzt auf dem Spiel steht

Der Mittelstand ist mit rund 99 Prozent aller Unternehmen und über der Hälfte aller Beschäftigten das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Wenn die Umsatzentwicklung dauerhaft negativ bleibt, könnte dies unmittelbare Auswirkungen auf Investitionen, Innovationstätigkeit und Standortentscheidungen haben.

Zugleich zeigt der Index: Die Lohnentwicklung bleibt robust, während Produktivität und Auslastung sinken. Dieses Missverhältnis könnte zu einer Margenerosion führen – und damit zu einer Abwärtsspirale, in der Unternehmen Personal abbauen oder Investitionen verschieben müssen.

Die Politik steht nun vor der Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Dazu gehören ein spürbarer Abbau bürokratischer Lasten, steuerliche Entlastungen und Strukturreformen, die Planungssicherheit schaffen. Andernfalls droht der Mittelstand, seine Rolle als wirtschaftlicher Stabilitätsanker dauerhaft einzubüßen.

Der Mittelstandsindex für Oktober zeigt klar: Der wirtschaftliche Abschwung ist keine Momentaufnahme, sondern Teil eines sich verfestigenden Trends. Umsatzrückgänge in allen Branchen, stagnierende Beschäftigung und steigende Kosten weisen auf eine strukturelle Krise hin. Der Mittelstand sendet damit ein deutliches Signal in Richtung Politik und Gesellschaft – ein Signal, das nicht ignoriert werden kann.

Infobox: Lage des deutschen Mittelstands – DATEV Mittelstandsindex Oktober 2025

  • Umsatzindex: sinkt um 2,7 % gegenüber Vorjahr auf 90 Punkte (Basisjahr 2022 = 100)

  • Alle Branchen betroffen: Rückgänge im Verarbeitenden Gewerbe (-2,8 %), Handel (-3,1 %), Gastgewerbe (-4,5 %)

  • Unternehmensgrößen: erstmals auch mittelgroße Unternehmen mit rückläufigen Umsätzen

  • Beschäftigung: leichter Rückgang um 0,1 %, besonders stark im Gastgewerbe (-3,6 %) und Bauhauptgewerbe (-1,9 %)

  • Lohnindex: steigt nominal um 4,1 % – Kostenbelastung nimmt zu

  • Inflationseffekt: realer Kaufkraftverlust trotz steigender Löhne

  • Regionale Breite: Rückgänge in allen Bundesländern, keine Ausnahmen

  • Mittelstandsrisiko: Verbindung aus Umsatzschwäche, Kostenanstieg und Beschäftigungsabbau signalisiert akute Rezessionsgefahr

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