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Urteile & Verordnungen > Urteil der Woche

OLG: Streit um Ende des Büromietvertrags – darf Vermieter einfach das Wasser abstellen?

In einem laufenden Räumungsprozess darf der Vermieter dem Büromieter nicht einfach die Wasserversorgung abstellen. Zahlt der Mieter weiter Miete und Betriebskostenvorschuss, kann er sich dagegen wehren, entschied das OLG Hamburg.

Nahaufnahme von einem Richterhammer als Symbolbild für ein Gerichtsurteil
(Foto: picture alliance)

Kommt es zwischen Vermieter und Mieter zum Streit über die Wirksamkeit einer Kündigung, wird das Abstellen der Versorgung mit Wasser oder Strom immer wieder zum Thema. Dass Vermieter, um den Auszug des Mieters zu beschleunigen, nicht zur Selbsthilfe greifen dürfen, indem sie einfach den Hahn zusperren, zeigt ein Urteil aus Hamburg.

Der Fall

Die Mieterin hatte von der Vermieterin Büroräume angemietet. Der Mietvertrag war ursprünglich bis zum 30.4.2020 befristet, sah aber eine Verlängerungsoption um vier Jahre vor. Diese übte die Mieterin wirksam aus. Ob Gleiches auch für eine weitere Verlängerungsoption um fünf Jahre galt, war zwischen den Parteien streitig.

Die Vermieterin kündigte den Mietvertrag ordentlich und außerordentlich. Die Mieterin berief sich auf die Verlängerungsoption, zahlte weiterhin pünktlich die volle Miete und die Betriebskostenvorauszahlungen und zog nicht aus.

Die Vermieterin klagte auf Räumung und stellte während des laufenden Räumungsprozesses eines Tages die Wasserversorgung ab. Dagegen erwirkte die Mieterin beim Landgericht erfolgreich eine einstweilige Verfügung, woraufhin die Vermieterin das Wasser wieder anstellen musste.

Den Räumungsprozess an sich verlor die Mieterin. Um eine Zwangsvollstreckung zu vermeiden, räumte sie sodann die Mietflächen. Sie wollte allerdings weiterhin feststellen lassen, dass ihr Verfügungsantrag bis zur Räumung zulässig und begründet gewesen sei. Das Oberlandesgericht Hamburg gab ihr in diesem Punkt Recht.

Die Entscheidung

Das OLG entschied: Stellt der Vermieter von Büroräumlichkeiten in einem laufenden Räumungsprozess die Wasserversorgung ab, kann der Mieter dagegen in der Regel im Wege der einstweiligen Verfügung auf Grundlage von Pflichten aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) vorgehen. Voraussetzung ist, dass der Mieter weiterhin sowohl die Miete als auch die Betriebskostenvorauszahlungen leistet.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass sich für Gewerbemietverhältnisse nachvertragliche Pflichten aus den besonderen Belangen des Mieters ergeben können, etwa einem durch eine Versorgungssperre drohenden besonders hohen Schaden. Dies gelte gerade dann, wenn der Mieter im Streit um die Wirksamkeit einer Kündigung nachvollziehbar davon ausgehen durfte, weiter zum Besitz der Räume berechtigt zu sein. Es könne dem Vermieter nicht freistehen, seinem Interesse an einer schnellen Räumung durch ein Abstellen der Versorgungsleistung zum Erfolg zu verhelfen. Maßgeblich sei nur, ob der Vermieter Gefahr läuft, auf den Kosten der Versorgungsleistung „sitzen zu bleiben“.

Ohne Wasserversorgung habe die Mieterin die Geschäftsräume nicht nutzen können, wodurch ihr erhebliche Umsatzausfälle drohten. Dem Vermieter sei auf der anderen Seite kein Schaden durch die Weiterversorgung entstanden, weil sowohl Miete als auch Betriebskostenvorauszahlungen pünktlich und in voller Höhe gezahlt wurden.

 

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 5. Februar 2025, Az. 4 U 95/24

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