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Peter Harf: Der Rainman der Reimanns geht

Viele Jahre führte Peter Harf die Geschäfte einer der reichsten Familien Deutschlands. Nun verkündete er seinen Rücktritt und legt das Geflecht einer der reichsten Dynastien des Landes in andere Hände. Was dahinter steckt.

Peter Harf mit Katharina Harf und Sue Nabi bei der DKMS Gala in New York (Foto: picture alliance)

Peter Harf, langjähriger Vermögensverwalter und Geschäftsführer der Familie Reimann, gibt nach Jahrzehnten die Führung des milliardenschweren JAB-Imperiums ab. Der 78-jährige Manager, der das Familiengeflecht zu einem globalen Konsumgüterriesen geformt hat, zieht sich zurück – in einer Zeit, in der der Mischkonzern mit erheblichen Wertverlusten zu kämpfen hat.

Nachfolger werden der Belgier Joachim Creus als Vorsitzender und der frühere Unternehmensberater Frank Engelen als sein Stellvertreter. Beide gehören bereits dem Managementteam an und wollen laut JAB die bisherige Strategie fortsetzen und das Portfolio weiter diversifizieren.

Das JAB-Imperium – benannt nach Johanna, Albert und Bettina Reimann – umfasst eine Vielzahl internationaler Beteiligungen in den Bereichen Kaffee, Fast Food, Kosmetik und Tiernahrung.

Das Reimann-Imperium: Ein globales Markenkonglomerat

Das von Harf aufgebaute Portfolio ist in seiner Vielfalt einzigartig: Es umfasst den weltgrößten Kaffee- und Teekonzern JDE, den Parfümhersteller Coty und den amerikanischen Softdrinkkonzern Keurig Dr Pepper.

Hinzu kommen die Café-Kette Krispy Kreme mit über 17.000 Filialen in 40 Ländern und die Backhauskette Panera mit weiteren 4.000 Standorten. Eine Tierklinikkette samt Tierversicherungen rundet das diverse Portfolio ab.

Die Markenpalette reicht von Senseo und Jacobs über Sunkist, Schweppes und Evian bis hin zu Max Factor und Parfüms von Calvin Klein, Chloé, Gucci, Hugo Boss und Tiffany.

Harfs Weg zum Milliardenmacher

Die Erfolgsgeschichte begann 1980, als der Unternehmensberater Harf beim damals noch überschaubaren Chemieunternehmen Benckiser in Ludwigshafen anheuerte. Nach dem Tod des Eigentümers Albert Reimann jr. im Jahr 1984 entschlossen sich vier seiner neun Kinder, ihre Anteile zu behalten und als Unternehmer weiterzumachen.

Seitdem sind Harf und die Geschwister Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann sowie die Halbbrüder Matthias und Stefan Reimann-Andersen eng verbunden. Der gebürtige Kölner entwickelte sich vom Manager zum Architekten des Reimann-Vermögens und wurde selbst am Erfolg beteiligt. Als Gesellschafter von JAB soll auch er zum Milliardär aufgestiegen sein.

Nach dem Tod seiner ersten Frau an Leukämie gründete Harf die Deutsche Knochenmarkspenderdatei DKMS in Heidelberg, die bis heute mit Stammzellenspenden zahlreiche Leben rettet – ein philanthropisches Engagement neben seiner Geschäftstätigkeit.

Wertverfall und strategische Herausforderungen

In den letzten Jahren hat das Glück Harf und JAB jedoch verlassen. Zunächst geriet der amerikanische Parfümkonzern Coty in Schwierigkeiten, später auch die von Harf zum größten Kaffeekonzern der Welt zusammengebaute und an die Börse gebrachte JDE Peet's.

Im vergangenen Jahr sank der Wert der Beteiligungen um mehr als zehn Milliarden Euro. JAB beziffert den Gesamtwert zum Jahresende auf 42,7 Milliarden Euro. Die Unternehmensleitung betont, dass es sich hauptsächlich um Buchverluste handele und die Beteiligungen weiterhin profitabel seien.

Dennoch dürfte der drastische Wertverlust Mitinvestoren und Ratingagenturen beunruhigen, zumal sich Harf immer wieder selbst in die Führung der Tochterunternehmen einschaltete. Im Frühjahr 2020 wollte er sogar wieder an die Vorstandsspitze des Parfümriesen Coty, da für solch eine Aufgabe "ein echter Unternehmer" nötig sei. Wenige Wochen später präsentierte er jedoch eine Nachfolgerin – die fünfte Führungskraft in fünf Jahren.

Faktenbox: Das JAB-Imperium

  • Die Luxemburger Finanzgesellschaft JAB Holding steuert mit nur 50 Spezialisten von Luxemburg, London und New York aus ein globales Unternehmensgeflecht mit mehr als 150.000 Beschäftigten.
  • JAB gehört der verschwiegenen deutschen Unternehmerfamilie Reimann, die zu den reichsten Familien Deutschlands zählt.
  • Das Portfolio umfasst den weltgrößten Kaffee- und Teekonzern (JDE), den größten Parfümhersteller (Coty), einen der größten Softdrinkkonzerne Amerikas (Keurig Dr Pepper) sowie die Café-Kette Krispy Kreme und die Backhauskette Panera.
  • Der Gesamtwert des Portfolios wird mit 42,7 Milliarden Euro beziffert, nach einem Wertverlust von über 10 Milliarden Euro im Vorjahr.

Die Geschichte des JAB-Imperiums - von den Anfängen bis zur Gegenwart

Die Wurzeln des heutigen JAB-Imperiums reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. 1823 begann Johann Adam Benckiser mit der Produktion von Chemikalien in Pforzheim. Das Unternehmen entwickelte sich unter der Familie Reimann zu einem bedeutenden Chemiekonzern, der später unter Albert Reimann jr. weiter expandierte.

Der entscheidende Wendepunkt kam 1984 mit dem Tod von Albert Reimann jr. Vier seiner Kinder entschieden sich, das Unternehmen weiterzuführen, während die anderen Familienmitglieder ausgezahlt wurden. Mit Peter Harf begann eine neue Ära der Expansion und Diversifizierung.

Die Transformation von einem mittelständischen Chemieunternehmen zu einem globalen Konsumgüterkonglomerat zeigt Parallelen zu anderen Familienunternehmen wie Haniel oder Oetker, die ebenfalls durch strategische Diversifizierung ihr Portfolio erweiterten. Anders als diese Unternehmen blieb die Familie Reimann jedoch stets im Hintergrund und mied die Öffentlichkeit.

Die Strategie des kontinuierlichen Zukaufs von Marken und Unternehmen erinnert an die Vorgehensweise von Warren Buffetts Berkshire Hathaway – allerdings mit einem stärkeren Fokus auf Konsumgüter und einer aktiveren Rolle im operativen Management der Beteiligungen.

Die jüngste Entwicklung – der Wertverlust von 10 Milliarden Euro und die Führungsübergabe – markiert möglicherweise den Beginn einer Konsolidierungsphase, wie sie viele Familienkonglomerate nach Phasen rascher Expansion durchlaufen haben.

Fazit

Der Rückzug Peter Harfs markiert das Ende einer Ära für das JAB-Imperium und die Reimann-Familie. Nach Jahrzehnten rasanter Expansion steht das Konglomerat vor der Herausforderung, seine Struktur zu konsolidieren und den jüngsten Wertverlust zu kompensieren. Die neue Führung unter Joachim Creus und Frank Engelen muss beweisen, dass sie das komplexe Firmengeflecht stabilisieren und weiterentwickeln kann. Die geplanten Börsengänge von Panera und der Tierklinikkette NVA könnten für mehr Transparenz sorgen, während der Einstieg in den Versicherungssektor das Portfolio diversifizieren soll. Für die verschwiegene Reimann-Familie bleibt die zentrale Frage, ob ihr Vermögen auch ohne den Architekten ihres Erfolgs weiter wachsen wird.

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