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Urteile & Verordnungen > Wirtschaftskriminalität

René Benko verurteilt: 24 Monate Haft für den Signa-Gründer

| Markt und Mittelstand / red. | Lesezeit: 2,5 Min.

Zwei Jahre Haft für René Benko: Das Urteil gegen den Signa-Gründer wird zum Prüfstein für Justiz, Politik und Wirtschaft.

René Benko im Gerichtssaal
Wenn Macht fällt: René Benko zwischen Blitzlicht und Bruchlinie – Symbolfigur eines Wirtschaftssystems, das seine Grenzen spürt.(Foto: picture alliance)

Das Landesgericht Innsbruck schickt René Benko für 24 Monate ins Gefängnis. Doch der erste Prozess gegen den Signa-Gründer zeigt vor allem: Das Justizsystem steht unter Erfolgsdruck – und die Wirtschaft schaut genau hin.

Markt und Mittelstand

Als René Benko am Dienstagmorgen den Gerichtssaal betritt, sind Kameras und Mikrofone gezückt. das Urteil über den einstigen Selfmade-Milliardär, der mit der Signa-Gruppe Kaufhäuser und Wolkenkratzer baute, fiel schnell. Der Vorwurf: betrügerischer Bankrott, im österreichischen Strafrecht „Krida“ genannt. Zwei Jahre unbedingte Haft, weil Benko 300.000 Euro an seine Mutter überwiesen haben soll – zu einem Zeitpunkt, als seine Finanzen bereits kollabierten. Die Richterin sprach von einem „Geschenk mit Mascherl“, einem Versuch, Geld außerhalb der Insolvenzmasse zu sichern. In einem zweiten Tatkomplex – einer Mietvorauszahlung über 360.000 Euro für eine Villa am Innsbrucker Hang – wurde Benko freigesprochen. Beweisnot, nicht Entlastung.

Für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war das Verfahren ein Testlauf. Der erste von mehr als einem Dutzend Fälle, in denen es um mutmaßlich zweistellige Millionenschäden geht. Doch der Auftritt offenbarte auch Schwächen: Zeugen widersprachen der Anklage, die Beweislage war lückenhaft.

 

Der Preis des Erfolgs: Wenn Imperien kollabieren

 

Das Signa-Desaster ist mehr als ein Firmenkollaps. Es ist ein Fallbeispiel dafür, wie komplexe Stiftungsstrukturen, interne Geldflüsse und Selbstbedienungsmechanismen in großen Familienkonglomeraten funktionieren – und wie schwer sie juristisch zu fassen sind.

Benkos Verteidiger Norbert Wess sprach von „absurden“ Vorwürfen. Die Zahlungen an die Mutter seien ein Nullsummenspiel gewesen, die Mietvorauszahlung branchenüblich. Doch das Gericht sah in der Geldverschiebung eine klare Absicht: Gläubiger zu benachteiligen.

Ökonomisch ist der Schaden gering – 300.000 Euro sind angesichts einer Insolvenz im Milliardenbereich kaum relevant. Symbolisch jedoch steht der Fall für eine neue Justizgeneration, die nach Jahren des Zögerns auch mächtige Unternehmer zur Verantwortung zieht.

Für Österreichs Wirtschaftselite bedeutet das: Das Zeitalter der Unantastbarkeit ist vorbei. Ermittler und Richter wollen Erfolge sehen – auch um Vertrauen in Institutionen zurückzugewinnen, die nach den Signa-Pleiten unter Druck stehen.

Was nun folgt, ist der Auftakt zu einer juristischen Langstrecke. Über ein Dutzend Verfahren warten – teils mit Millionenschäden, teils mit politischen Sprengsätzen. Die WKStA steht unter Druck, präziser zu arbeiten, die Verteidiger wittern Schwächen. Benko bleibt kämpferisch, spricht von „Zynismus“ und gibt sich als Opfer der Verhältnisse. Doch das Urteil zeigt: Der Mythos des unfehlbaren Signa-Lenkers ist gefallen – und die Aufarbeitung eines Wirtschaftsdramas, das halb Europa beschäftigt, beginnt erst.

Auswikungen des Falls Benko

  • Signalwirkung: Der Fall Benko stärkt das Vertrauen in Rechtsstaat und Gläubigerschutz – sofern weitere Verfahren konsequent geführt werden.

  • Risiko für Stiftungsmodelle: Interne Darlehen geraten unter verschärfte Aufsicht. Internationale Kreditgeber prüfen zunehmend die Corporate Governance österreichischer Beteiligungen.

  • Chancen für Mittelstand: Das Urteil zeigt, dass Insolvenzdelikte kein Kavaliersdelikt sind – auch nicht in prominenten Familiennetzwerken. Mittelständische Firmen können durch Transparenz und Compliance Reputation aufbauen.

  • Gefahr für den Standort: Zu harte oder symbolpolitische Verfahren könnten das Investitionsklima schwächen, wenn sie als politisch motiviert gelten.

FAQ

Was war der konkrete Vorwurf?

Benko soll 300.000 Euro an seine Mutter geschenkt haben, um das Geld dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen – ein klassischer Fall von „betrügerischer Krida“.

Warum wurde er im zweiten Punkt freigesprochen?
Weil das Gericht die Bewohnbarkeit der gemieteten Villa nicht zweifelsfrei widerlegen konnte. Mehrere Zeugen erklärten, das Haus sei bewohnbar gewesen.

Wie geht es nun weiter?
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Benko und sein Anwalt prüfen Berufung. Parallel laufen mindestens 14 weitere Ermittlungsverfahren.

Welche wirtschaftliche Bedeutung hat der Fall?
Er markiert den Beginn einer juristischen Aufarbeitung der größten Firmenpleite Österreichs seit Jahrzehnten – mit Folgen für Banken, Baukonzerne und Immobilienfonds in halb Europa.

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