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Urteile & Verordnungen > EU-Recht & Kreislaufwirtschaft

Right-to-Repair: Neue EU-Richtlinie zwingt Hersteller zum Umdenken

| Markt und Mittelstand Redaktion

Reparatur statt Neukauf: Die EU verpflichtet Hersteller zu Reparaturrechten. Was das für Unternehmen und Produkte ab 2026 bedeutet.

Wenn Technik kaputtgeht, beginnt die Verantwortung: Die EU macht Reparaturfähigkeit zum Standard – mit klaren Pflichten für Hersteller. (Foto: shutterstock)

7.8.2025 - Markt und Mittelstand

Die EU macht Ernst mit der Reparierbarkeit. Im Sommer 2024 verabschiedete die Kommission die lang diskutierte "Recht-auf-Reparatur"-Richtlinie. Zwei Jahre haben die Mitgliedstaaten Zeit, um die Vorgaben in nationales Recht zu überführen. Die Uhr tickt: Bis Juli 2026 müssen Hersteller neue Standards bei Ersatzteilen, Produktdesign und Reparaturinformationen erfüllen. Kilian Kaminski, Co-Founder des Online-Marktplatzes refurbed betont, dass die entscheidende Neuerung darin besteht, Verbraucher erhielten erstmals ein rechtlich verankertes Reparaturrecht – und zwar über die eigentliche Produktlebensdauer hinaus. Das Unternehmen für professionell überholte Geräte engagierte sich früh im politischen Prozess und zieht nun eine erste Zwischenbilanz.

Die Richtlinie setzt ein starkes Signal: Weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zu einer zirkulären Wirtschaft. Die Herausforderung liegt nun bei den Herstellern.

Neue Pflichten für Produkthersteller

Die Richtlinie verpflichtet Hersteller zu konkreten Maßnahmen. Sie müssen Ersatzteile und Reparaturinformationen bereitstellen und den Zugang zu diesen Informationen für Verbraucher, unabhängige Reparaturbetriebe und Händler unterstützen. Zudem sind sie verpflichtet, Reparaturen zu angemessenen Preisen anzubieten. Für bestimmte Produkte gilt künftig eine gesetzliche Pflicht zur Erleichterung der Reparatur. Die Richtlinie verpflichtet Produkthersteller in mehreren Punkten:

  • Ersatzteile müssen über Jahre verfügbar sein.

  • Reparaturinformationen sind unabhängigen Werkstätten zugänglich zu machen.

  • Reparaturen sollen zu angemessenen Preisen angeboten werden.

Für bestimmte Geräte wie Smartphones, Tablets, Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke und Fernseher gelten künftig explizite Reparaturerleichterungen. Weitere Produktgruppen sollen folgen.

Reparatur-Score als neues Wettbewerbsmerkmal

Ab Juni 2025 müssen Smartphone- und Tablet-Hersteller ein Energielabel mit einem Reparatur-Score einführen. Die Skala reicht von

  • A (sehr gut reparierbar) bis
  • E (kaum oder nicht reparierbar).

Für Verbraucher wird damit sofort sichtbar, wie einfach ein Gerät im Reparaturfall zu handhaben ist. Für Unternehmen entsteht ein neuer Wettbewerbsfaktor. Designentscheidungen wirken sich unmittelbar auf den Score aus – und damit auf das Marktverhalten.

Chancen für neue Geschäftsmodelle

"Wenn Produkte einfacher repariert werden können, wird auch das Refurbishment leichter, schneller und günstiger", so Kaminski. Das stärkt Anbieter wie refurbed und zahlt auf das Ziel einer zirkulären Konsumkultur ein. Für Hersteller und Händler ergeben sich neue Möglichkeiten:

  • eigene Reparaturservices,

  • Kooperationen mit unabhängigen Werkstätten,

  • Verlängerung der Produktlebensdauer,

  • Einnahmen aus Ersatzteilgeschäft.

Umsetzungsstand in den EU-Ländern

Aktuell befinden sich viele Mitgliedstaaten noch in der Vorbereitungsphase. Es gilt, nationale Gesetzesentwürfe ausarbeiten, Akteure aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbinden, klare Regeln für Hersteller formulieren, Sanktionsmöglichkeiten definieren.

Österreich hat erste Konsultationen gestartet. Auch in Deutschland formieren sich Stakeholder-Netzwerke.

Häufig gestellte Fragen

Frage 1: Welche konkreten Produkte fallen unter die Right-to-Repair-Richtlinie?

  • Die Richtlinie betrifft zunächst Produkte, die bereits unter die Ökodesign-Verordnung fallen: Smartphones, Tablets, Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke und Fernseher. Weitere Produktgruppen werden schrittweise einbezogen. Prüfen Sie, ob Ihre Produktpalette betroffen ist.

Frage 2: Wie hoch sind die Investitionskosten für die Umstellung auf reparierbare Produkte?

  • Rechnen Sie mit Mehrkosten von 5-15% in der Produktentwicklung, abhängig vom Komplexitätsgrad Ihrer Produkte. Diese Investition amortisiert sich durch reduzierte Garantiefälle, Kundenbindung und neue Geschäftsfelder im Reparaturbereich. 

Frage 3: Welche Sanktionen drohen bei Nichteinhaltung der Richtlinie?

  • Bußgelder, Vertriebsverbote, Reputationsschäden. Details legt jedes Land selbst fest.

Frage 4: Wie können wir den Reparatur-Score unserer Produkte verbessern?

  • Fokussieren Sie auf modulares Design, standardisierte Verbindungselemente statt Verklebungen, einfachen Zugang zu kritischen Komponenten und Vermeidung von Spezialwerkzeugen. Investieren Sie in ein Redesign Ihrer Top-5-Produkte. Der Unterschied zwischen Score C und A kann 20% Marktanteil bedeuten.

Frage 5: Lohnt sich der Aufbau eines eigenen Reparaturservice oder sollten wir mit Partnern kooperieren?

  • Für KMU bis 50 Mio. Umsatz empfiehlt sich Kooperation mit Werkstätten. Ab dieser Schwelle kann ein interner Service wirtschaftlich sein.

Frage 6:  Wann tritt die Regelung in Kraft?

  • Die Richtlinie ist seit Sommer 2024 in Kraft. Nationale Umsetzung bis Juli 2026.

Frage 7: Was bedeutet der Reparatur-Score?

  • Eine Bewertung von A bis E, die die Reparierbarkeit eines Produkts auf dem Energielabel sichtbar macht.

 

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