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Ratgeber > Flexirente gegen Fachkräftemangel

Silberne Rettung: Wie Rentner den Mittelstand vor dem Fachkräfte-Kollaps bewahren

Die Flexirente eröffnet neue Möglichkeiten für Unternehmen und Arbeitnehmer. Ein Blick auf Chancen und Herausforderungen.

Erfahrene Fachkräfte im Rentenalter unterstützen den Mittelstand bei der Bewältigung des Fachkräftemangels. (Foto: Shutterstock)

In den Werkshallen und Büros deutscher Mittelständler vollzieht sich eine stille Revolution: Immer öfter sieht man dort ergraute Köpfe, die eigentlich schon im wohlverdienten Ruhestand sein sollten. Doch statt Kreuzfahrten und Enkelbetreuung wählen viele Rentner den Weg zurück ins Berufsleben. Ein Trend, der nicht nur die demografische Entwicklung auf den Kopf stellt, sondern auch eine potenzielle Lösung für den grassierenden Fachkräftemangel bietet.

Die Flexirente: Maßgeschneiderte Lösungen für den Un-Ruhestand

Seit 2017 ermöglicht die sogenannte "Flexirente" einen fließenden Übergang zwischen Erwerbsleben und Ruhestand. Dieses Modell erlaubt es Arbeitnehmern, ihren Renteneintritt nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ob teilweise in Rente gehen und nebenbei arbeiten oder den Renteneintritt komplett aufschieben - die Möglichkeiten sind vielfältig.

Für mittelständische Unternehmen eröffnet dies neue Perspektiven im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Statt wertvolles Know-how in den Ruhestand zu entlassen, können sie erfahrene Mitarbeiter flexibel weiterbeschäftigen. Ein Paradebeispiel ist der Automechaniker Axel Bauer, der nach seinem offiziellen Renteneintritt in Teilzeit weiterarbeitet. Nicht nur bessert er damit seine Haushaltskasse auf, sondern hält auch sein Fachwissen im Betrieb.

Finanzielle Anreize: Wenn sich Arbeit im Alter doppelt lohnt

Die Entscheidung, im Rentenalter weiterzuarbeiten, wird durch attraktive finanzielle Anreize unterstützt. Ein Durchschnittsverdiener in den alten Bundesländern, der seinen Renteneintritt um zwei Jahre aufschiebt, kann seine monatliche Bruttorente um beachtliche 17 Prozent erhöhen. Das entspricht einer Steigerung von 1.692 Euro auf 1.979 Euro.

Doch selbst wer bereits Rente bezieht, kann von einer Weiterbeschäftigung profitieren. Für jeden Monat des Rentenaufschubs winkt ein Zuschlag von 0,5 Prozent. Zusätzlich erhöhen die weitergezahlten Beiträge die Rente. Ein Beispiel: Clemens D. verdient neben seiner Rente monatlich 1.500 Euro und zahlt darauf Rentenbeiträge. Nach einem Jahr erhöht sich seine monatliche Rente um rund 17 Euro - dauerhaft.

Europäischer Vergleich: Deutschland im Mittelfeld der "Silver Worker"

Im europäischen Vergleich zeigt sich ein differenziertes Bild der arbeitenden Rentner. Während in den baltischen Staaten wie Estland (54,9%), Lettland (44,2%) und Litauen (43,7%) ein hoher Anteil der Rentner weiterarbeitet und Deutschland (12,8%) lediglich im Mittelfeld rangiert, bilden Länder wie Spanien (4,9%), Griechenland (4,2%) und Rumänien (1,7%) das Schlusslicht.

Die Gründe für die Weiterarbeit variieren stark: In Dänemark (61,0%), den Niederlanden (59,6%) und Italien (51,7%) überwiegt die Freude an der Arbeit, während in Zypern (68,6%), Rumänien (54,3%) und Bulgarien (53,6%) finanzielle Notwendigkeit der Hauptgrund ist.

Deutschland positioniert sich in diesem Spektrum im Mittelfeld. Hier spielen sowohl finanzielle Aspekte als auch der Wunsch nach Selbstverwirklichung eine Rolle.

Herausforderungen und Chancen für den Mittelstand

Für mittelständische Unternehmen bietet der Trend zur Weiterarbeit im Rentenalter sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Einerseits können sie von der Erfahrung und Expertise langjähriger Mitarbeiter profitieren, andererseits müssen sie flexible Arbeitsmodelle und altersgerechte Arbeitsbedingungen schaffen.

Die Integration von "Silver Workern" erfordert oft eine Anpassung der Unternehmenskultur. Generationenübergreifende Teams können zu Innovationen führen, bergen aber auch Konfliktpotenzial. Hier sind Führungskräfte gefordert, eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen, die die Stärken aller Altersgruppen nutzt.

 

Regeln für das Arbeiten als Rentner

  • Nach Erreichen des Regelrentenalters: Unbegrenzter Hinzuverdienst möglich
  • Vor Erreichen des Regelrentenalters: Hinzuverdienstgrenze beachten (2022: 61.960 Euro pro Jahr)
  • Möglichkeit der freiwilligen Beitragszahlung zur weiteren Rentenerhöhung
  • Bei Teilrente: Anpassung des Rentenanspruchs je nach Hinzuverdienst
  • Arbeitgeber muss Rentenbeiträge zahlen, auch wenn Arbeitnehmer befreit ist

Fazit

Die "Silver Worker" könnten sich als Schlüssel zur Bewältigung des Fachkräftemangels erweisen. Doch der Trend zur Weiterarbeit im Rentenalter wirft auch Fragen auf: Wie lässt sich die Work-Life-Balance im Alter gestalten? Besteht die Gefahr eines Generationenkonflikts? Und nicht zuletzt: Arbeiten Rentner aus finanzieller Not oder aus Freude an der Tätigkeit?

Die Antworten auf diese Fragen werden die Arbeitswelt der Zukunft maßgeblich prägen. Eines scheint jedoch sicher: Der klassische Ruhestand hat ausgedient. An seine Stelle tritt ein flexibles Modell, das individuelle Bedürfnisse und wirtschaftliche Notwendigkeiten in Einklang bringt. Für den Mittelstand bietet sich hier die Chance, das Beste aus zwei Welten zu vereinen: die Erfahrung der Älteren mit der Dynamik der Jüngeren. In dieser Symbiose könnte der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen liegen.

 

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