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Studien & Forschung > Automobilbranche

Stude: Zwei Drittel der deutschen Autozulieferer erwarten Marktbereinigung

67 Prozent der deutschen Zulieferer rechnen mit weniger Wettbewerbern in zwei Jahren. 51 Prozent sehen asiatische Konkurrenz technologisch im Vorteil.

(Foto: Ki-generiert, chatgpt)

Die deutsche Automobilzulieferindustrie steht an einem Scheideweg – und der Weg, der vor ihr liegt, ist steinig, kurvenreich und von tiefgreifenden Veränderungen gesäumt. Eine aktuelle Studie der Beratungsgesellschaft Baker Tilly bringt die düsteren Erwartungen vieler Brancheninsider schwarz auf weiß: Zwei von drei befragten Führungskräften gehen davon aus, dass in den kommenden zwei Jahren zahlreiche Wettbewerber das Feld räumen müssen – unfreiwillig.

Was nach nüchterner Marktbereinigung klingt, ist in Wahrheit ein dramatischer Befund über eine Industrie, die jahrelang im Schatten der großen Hersteller präzise, zuverlässig und kaum hinterfragt funktionierte. Doch jetzt wankt das Fundament. Der Druck – technologisch, geopolitisch, regulatorisch – ist enorm. Elektrifizierung, Digitalisierung, Lieferkettenstress und nicht zuletzt der Umbau ganzer Wertschöpfungsketten setzen die Zulieferer unter einen Veränderungszwang, der für viele existenziell wird.

Die Zeiten des stillen Mitlaufens sind vorbei. Wer nicht innoviert, der verliert – nicht an Marktanteil, sondern an Lebensfähigkeit. Und während einige sich neu erfinden, droht anderen das Aus. Der Ton in der Branche wird rauer, der Wettbewerb gnadenloser, und der Ausblick? Kein Blick in die Rückspiegel, sondern ein harter Blick nach vorn – in eine Zukunft, in der nur noch die Anpassungsfähigsten überleben werden.

Marktbereinigung und wachsende Konkurrenz

Die Gründe für die erwartete Marktbereinigung sind vielschichtig. 65 Prozent der Befragten rechnen mit neuen Wettbewerbern aus China, 55 Prozent aus Europa. Auch US-amerikanische Konkurrenz wird von 35 Prozent der Unternehmen erwartet. Besonders besorgniserregend: Mehr als die Hälfte der deutschen Zulieferer (51 Prozent) attestiert der asiatischen Konkurrenz einen "uneinholbaren Vorsprung bei Schlüsseltechnologien".

Diese Einschätzung spiegelt sich auch in der Selbstwahrnehmung wider. Nur sechs Prozent der befragten Unternehmen sehen sich als "Vorreiter" in der globalen Zulieferindustrie. Im Gegensatz dazu stufen sich 28 Prozent im internationalen Vergleich als "im Rückstand" ein.

Diskrepanz zwischen Selbst- und Branchenwahrnehmung

Auffällig ist die starke Diskrepanz zwischen der Einschätzung der eigenen Lage und der Gesamtsituation der Branche. Während 79 Prozent die Lage der deutschen Automobilzulieferer insgesamt als "eher schlecht" oder "sehr schlecht" bewerten, beurteilen 78 Prozent die Situation des eigenen Unternehmens als "eher gut" oder sogar "sehr gut".

Jannik Bayat, Automotive-Experte bei Baker Tilly, sieht darin ein Warnsignal: "Die Wahrnehmung klafft drastisch auseinander. Die Industrie scheint die Risiken zwar zu erkennen, aber diesen im eigenen Unternehmen nicht entschieden genug zu begegnen."

Herausforderungen und Transformationsdruck

Die Studie identifiziert mehrere zentrale Herausforderungen für die Branche:

  • Hoher Investitions- und Kostendruck (56 Prozent der Befragten)
  • Geopolitische Unsicherheiten und mögliche Handelskonflikte (60 Prozent)
  • Sich schneller als erwartet schließendes Zeitfenster für die Transformation (55 Prozent)

Trotz dieser Herausforderungen zeigen sich viele Unternehmen zuversichtlich. 75 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Geschäftsmodell weitgehend unabhängig vom Wechsel der Antriebstechnologie sei, da ihre Produkte sowohl in Elektrofahrzeugen als auch in Verbrennern zum Einsatz kommen.

Strategien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit

Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, setzen die deutschen Zulieferer auf verschiedene Strategien:

  • Neue Geschäftsmodelle und Produkte (89 Prozent)
  • Fachkräftesicherung und Recruiting (81 Prozent)
  • Investitionen in neue Technologien und Innovationen (81 Prozent)
  • Kooperationen und Partnerschaften (76 Prozent)
  • Effizienzsteigerung bei Produktion und Prozessen (71 Prozent)

Bemerkenswert ist, dass nur 17 Prozent der Befragten Standortverlagerungen ins Ausland als notwendig erachten. Stattdessen konzentrieren sich viele Unternehmen auf ihre bewährten Stammkunden: 49 Prozent sind primär auf europäische Fahrzeughersteller ausgerichtet, während nur 18 Prozent chinesische und 17 Prozent US-amerikanische Autobauer beliefern.

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