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Studien & Forschung > Zulieferer-Profitabilität

Studie: Automobilzulieferer unter Druck – Margen sinken weltweit auf 4,7 Prozent

Chinesische Zulieferer führen mit 5,7 Prozent Rendite, während europäische Unternehmen mit nur 3,6 Prozent kämpfen.

Die unterschiedliche Performance chinesischer und europäischer Zulieferer verdeutlicht die Bedeutung institutioneller Rahmenbedingungen. Während chinesische Unternehmen von staatlicher Unterstützung und einem wachsenden Heimatmarkt profitieren, kämpfen europäische Zulieferer mit Überregulierung und Marktfragmentierung. (Foto: shutterstock)

Die weltweite Automobilzulieferindustrie befindet sich in einer prekären Lage. Die durchschnittliche EBIT-Marge der Branche wird für 2024 auf nur noch 4,7 Prozent prognostiziert – ein Rückgang gegenüber 2023, als sich die Umsatzrendite vorübergehend bei 5,3 Prozent stabilisierte. Das sind immer noch zwei Prozentpunkte oder ein Viertel weniger als vor der COVID-Pandemie, wie die aktuelle Global Automotive Supplier-Studie von Roland Berger und Lazard zeigt, für die 600 Automobilzulieferer weltweit analysiert wurden.

Regionale Unterschiede bei der Profitabilität

Chinesische Zulieferer schneiden mit einer EBIT-Marge von 5,7 Prozent noch vergleichsweise gut ab. Sie profitieren von wachsender Nachfrage heimischer OEMs, staatlichen Anreizen und privaten Investitionen.

Europäische Zulieferer hingegen leiden mit einer Marge von nur 3,6 Prozent besonders stark unter niedrigen Produktionsniveaus, Überkapazitäten und steigenden Arbeitskosten.

Südkoreanische Unternehmen bilden mit 3,4 Prozent das Schlusslicht. Nordamerikanische Zulieferer konnten durch Operational-Excellence-Initiativen gegensteuern, werden aber durch steigende Arbeitskosten und stagnierende Produktionsvolumina belastet.

Unterschiede nach Produktsegmenten

Reifenhersteller behaupten sich 2024 mit einer EBIT-Marge von 7,4 Prozent als führende Gruppe unter den Zulieferern. Dies wird durch stabilisierte Rohstoffpreise, eine Verlagerung zu höherwertigen Produkten wie EV- und SUV-Reifen sowie strukturell höhere Margen im Aftermarket-Geschäft getrieben.

Antriebsstrang-Zulieferer kompensieren rückläufige BEV-Verkäufe durch das erneute Wachstum bei profitablen Verbrennungs- und Hybridkomponenten.

Lieferanten von Elektronik- und Infotainment-Komponenten verzeichnen trotz der höchsten Umsatz-CAGRs sinkende Margen. Die wachsende Nachfrage der OEMs wird durch erhebliche F&E-Ausgaben, steigende Kosten für elektronische Teile und hohe Produkteinführungskosten aufgezehrt.

Fünf Haupttrends beeinflussen die Branche

Die Studienautoren haben fünf zentrale Trends identifiziert, die maßgeblich für die aktuelle Entwicklung bei den Automobilzulieferern verantwortlich sind:

  • Erstens stagniert das weltweite Produktionsvolumen, was zu Überkapazitäten führt. Europa steht dabei am stärksten unter Druck, während China und Südasien als Haupttreiber eines bescheidenen globalen Automobilwachstums fungieren.
  • Zweitens verläuft die Umstellung auf Elektrofahrzeuge in Europa und Nordamerika langsamer als geplant. Dadurch kommen Skaleneffekte nicht wie erwartet zum Tragen.
  • Drittens bietet der Trend zum software-definierten Fahrzeug mit immer mehr Assistenz- und Konnektivitätsfunktionen große Chancen, allerdings nicht für alle Zulieferer gleichermaßen, und führt zu steigenden Softwarekosten.
  • Viertens verschärft sich der Wettbewerb unter den OEMs weltweit, insbesondere bei Elektroautos drängen neue Akteure auf den Markt. Dies erhöht den Kostendruck auf die Zulieferer.
  • Fünftens sorgen geopolitische Entwicklungen für große Unsicherheit und verändern den Welthandel und die Lieferketten durch neue Zölle und Subventionen.

Finanzielle Auswirkungen für die Zulieferer

Die herausfordernde Rentabilitätssituation hat Auswirkungen über die reine Ertragslage hinaus. Mehr als 40 Prozent der 25 größten Automobilzulieferer sind inzwischen als "Non-Investment Grade" eingestuft – ein deutlich höherer Anteil als in anderen Branchen wie der Medizintechnik oder dem Industriesektor, wo weniger als fünf Prozent ein derart niedriges Rating aufweisen.

"Damit steigen die Finanzierungskosten in einer Zeit, in der die Branche erheblichen Kapitalbedarf hat, um die notwendigen Innovationen voranzutreiben und die Transformation hin zu Elektromobilität, software-definierten Fahrzeugen und mittelfristig zum autonomen Fahren zu bewältigen", sagt Dr. Christian Kames, Co-Head Investment Banking für die DACH-Region bei Lazard.

Das anhaltend hohe Zinsniveau hat die Lücke zwischen EBIT und EBT vergrößert und setzt die Rentabilität vor Steuern weiter unter Druck. In den Jahren 2023 und 2024 reduzieren die Zinszahlungen das EBIT um mehr als 20 Prozent, um einen Gewinn vor Steuern zu erwirtschaften.

Die Geschichte der Automobilzulieferindustrie

Die Automobilzulieferindustrie hat seit ihren Anfängen mehrere tiefgreifende Transformationsphasen durchlaufen. In den 1980er und 1990er Jahren erlebte die Branche einen ersten großen Umbruch durch Globalisierung und Just-in-Time-Produktion. Damals führte der Kostendruck zu einer ersten Konsolidierungswelle, in deren Verlauf viele kleinere Anbieter von größeren übernommen wurden oder vom Markt verschwanden.

Einen weiteren Einschnitt markierte die Finanzkrise 2008/09. Der weltweite Produktionseinbruch um 14 Prozent führte zu massiven Überkapazitäten und einer zweiten Konsolidierungswelle. Ähnlich wie heute sanken die Margen drastisch und viele Zulieferer mussten ihre Geschäftsmodelle grundlegend überdenken.

Die aktuelle "Stag-Formation" – eine Kombination aus Stagnation und Transformation – weist Parallelen zur Situation nach der Finanzkrise auf, ist aber komplexer. Zum Volumendruck kommt heute der technologische Wandel hinzu, der erhebliche Investitionen erfordert. Historisch betrachtet haben diejenigen Zulieferer Krisen am besten gemeistert, die rechtzeitig ihr Portfolio bereinigt, strategische Partnerschaften geschlossen und konsequent auf Effizienzsteigerung gesetzt haben.

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